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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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dem Auto gesprungen und davongelaufen. Was immer wir finden würden, es konnte nichts Gutes sein. Vielleicht hatten sie sie an einen anderen Ort gebracht, zu irgendeiner anderen Party, hatten sie mit gespreizten Beinen ans Bett gekettet, als weißen Schlummertrunk mit rosigen Nippeln zum Ausklang des Karnevals. Ich erschauderte, als wir die Treppe hochgingen, dann sah ich hinüber zu Yeamon. Er sah aus wie ein Mann auf dem Weg zur Guillotine.
    Der Polizist klingelte an der Tür, und eine schüchtern aussehende, schwarze Frau öffnete und schwor nervös stotternd, daß sie nichts von einem weißen Mädchen gesehen hatte; und auch nichts von einer Party letzte Nacht wußte.
    »So ein Scheiß!« keifte Yeamon. »Letzte Nacht war hier eine höllenmäßige Party, ich habe sechs Dollar Eintritt bezahlt.«
    Die Frau stritt ab, irgend etwas von einer Party zu wissen. Sie sagte, daß zwar gerade Leute im Haus schliefen, aber kein weißes Mädchen.
    Der Polizist fragte, ob er reinkommen und sich umsehen dürfte. Sie zuckte die Schultern und ließ ihn herein, aber als Yeamon ihm folgen wollte, schlug sie ihm aufgebracht die Tür vor der Nase zu.
    Nach einigen Minuten kam der Polizist zurück. »Keine Spur von einem weißen Mädchen«, sagte er und sah Yeamon dabei direkt in die Augen.
    Ich wollte ihm nicht glauben, weil ich den anderen Möglichkeiten nicht ins Gesicht sehen wollte. Es hätte so
einfach sein können – sie finden, aufwecken und mitnehmen. Jetzt aber war gar nichts einfach. Sie könnte irgendwo sein, hinter irgendeiner Tür irgendwo auf dieser Insel. Ich schaute Yeamon in der Erwartung an, daß er jeden Moment Amok laufen und um sich schlagen würde. Aber er war auf das Geländer der Veranda gesunken und sah aus, als würde er gleich losheulen. »Oh Gott«, murmelte er und starrte auf seine Schuhe. Seine Verzweiflung war so echt, daß sogar der Polizist seine Hand auf Yeamons Schulter legte.
    »Tut mir leid, Mann«, sagte er leise. »Kommen Sie jetzt. Gehen wir.«
    Wir fuhren den Berg hinunter und zurück zur Polizeistation, und der Polizist versprach uns, nach einem Mädchen mit der Beschreibung Chenaults Ausschau zu halten. »Ich gebe es auch an die Kollegen weiter«, sagte er. »Sie wird sicher auftauchen.« Er lächelte Yeamon freundlich an. »Von einer Frau sollten Sie sich nicht wie ein Tanzbär an der Nase rumführen lassen.«
    »Stimmt«, erwiderte Yeamon. Dann legte er Chenaults Regenmantel und ihren kleinen Koffer auf den Tisch. »Geben Sie ihr das, wenn sie auftaucht«, sagte er. »Ich will es nicht mit mir rumschleppen.«
    Der Polizist nickte und legte die Sachen in ein Regal weiter hinten im Raum. Dann notierte er sich meine Adresse in San Juan, damit er eine Nachricht schicken konnte, wenn sie sie fanden. Wir verabschiedeten uns und gingen die Straße hinunter zum Grand Hotel, um zu frühstücken.
    Wir bestellten Rum mit Eis und Hamburger und aßen schweigend, während wir Zeitung lasen. Schließlich schaute Yeamon auf und sagte beiläufig: »Sie ist nur eine Hure. Ich weiß gar nicht, was mich das angeht.«
    »Mach dir keine Gedanken darüber«, sagte ich. »Sie ist einfach durchgedreht – total durchgedreht.«
    »Du hast recht«, sagte er. »Sie ist eine Hure. Ich wußte es sofort, als ich sie zum ersten Mal sah.« Er lehnte sich zurück. »Ich hab sie auf einer Party in Staten Island kennengelernt, ungefähr eine Woche, bevor ich hier runterkam; in dem Moment, als ich sie sah, sagte ich mir, was für eine unglaublich geile Hure – nicht der Typ, der’s für Geld macht, eher der Typ, der’s einfach gerne macht.« Er nickte. »Sie kam mit zu mir, und ich habe mich wie ein Stier auf sie gestürzt. Sie blieb die ganze Woche und ging nicht mal in die Arbeit. In dieser Zeit wohnte ich gerade bei einem Freund meines Bruders, der auf einem Klappbett in der Küche schlafen mußte – wir haben ihn praktisch aus seiner eigenen Wohnung vertrieben.« Er lächelte traurig. »Als ich dann nach San Juan abreiste, wollte sie unbedingt mitkommen – ich konnte sie nur mit Mühe dazu bringen, wenigstens ein paar Wochen zu warten.«
    Es gab jetzt mehrere Chenaults in meinem Kopf: eine schicke Lady in New York mit geheimen Begierden und einer Garderobe von Lord & Taylor; ein gebräuntes kleines Mädchen mit langen blonden Haaren, die im weißen Bikini am Strand entlang spazierte; eine kreischende betrunkene Göre in einer dröhnenden Bar auf St. Thomas; und dann die Frau von letzter Nacht – die in

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