Run! - Es geht um dein Leben: Thriller (German Edition)
sie. »Für unsere Arbeit ist es notwendig, dass wir unerkannt bleiben.«
Pilgrim schüttelte den Kopf. »Ich bin dieses Notwendige leid. Es stinkt zum Himmel. Ich will etwas Anständiges tun.«
Sie legte ihm die Hände auf die Schultern. »Aber das tust du doch. Jeden Tag. Du bist müde und verunsichert. Wenn wir wieder zu Hause sind, wird es dir besser gehen. Wir stellen eine neue Gruppe zusammen und planen unsere nächste Operation.«
»Die nächste Operation ist mir scheißegal. Was, wenn es in seinem Büro Hinweise auf den Keller gibt? Etwas, das ich übersehen habe? Was tun wir dann? Verstecken wir uns? Nehmen wir neue Namen und ein neues Leben an? Schon wieder?«
»Du hast gewusst, was wir tun, als du zu uns gekommen bist. Du hast gewusst, dass du Opfer bringen musst …«
»Erzähl mir nichts über Opfer. Ein Opfer setzt voraus, dass man eine Wahl hat.«
»Du hattest heute eine Wahl.« Teach verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hättest Nicky Lynch in dem Glauben lassen sollen, dass er dich getötet hat. Du hättest ihn beschatten und herausfinden sollen, wer zum Teufel ihn beauftragt hat. Stattdessen ziehst du eine Macho-Show ab. Wahrscheinlich hast du es genossen, als ihm klar geworden ist, dass er dich verfehlt hat.«
»Ja. Ich werde noch lange an den überraschten Ausdruck auf seinem Gesicht denken, bevor ich ihn erschossen habe.«
»Lass den Sarkasmus. Du hast die Situation nicht analysiert, und ich will wissen, warum.«
Er setzte sich auf den Bettrand. »Ich habe nicht nachgedacht, weil … Ich will diese Arbeit nicht mehr machen.« Es war ihm ganz plötzlich klar geworden, unerwartet, aber umso eindeutiger.
Sie kam zu ihm und legte eine Hand auf seinen Arm, was Pilgrim an die alten Zeiten denken ließ, damals, als sie ihn gefunden und ihm ein Angebot gemacht hatte, das besser war als lebenslänglich in einem heruntergekommenen, feuchten Gefängnis, das nach alten Steinen, Tränen und Blut roch. »Du bist nur ein bisschen durcheinander.«
Pilgrim schob ihre Hand weg. »Ich bin erledigt. Adam Reynolds hat mich gefunden, und das hat bis jetzt noch niemand geschafft. Er kannte die Decknamen, unter denen ich die Aufträge in Indien, Kanada und Syrien ausgeführt habe. Er hätte uns in jede Nachrichtensendung dieses Landes bringen können. Wir können uns nicht mehr verstecken.«
»Du irrst dich. Wir finden einfach heraus, wie er uns gefunden hat.«
»Ich will nicht mehr für den Keller arbeiten. Ich will ein normales Leben haben.«
Sie runzelte die Stirn. »Hör mit diesem Unsinn auf. Du wirst nicht gehen.« Teach war wie eine Mutter, die nicht hörte, was sie nicht hören wollte, dachte er. »Wir sind tot, wenn unsere Decknamen bekannt werden. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du uns nicht einfach im Stich lässt, wenn wir in Schwierigkeiten sind.« Sie griff nach dem Telefon und fing an, eine Nummer zu wählen.
Pilgrim hörte wieder seine eigenen Worte: Ich will ein normales Leben haben. Er legte die Hand auf seine Jackentasche: Das Skizzenbuch war da, wo es immer war. Am liebsten wäre er zum See hinuntergegangen, um einen Bleistift anzuspitzen und das Gesicht zu zeichnen, so, wie er sich daran erinnerte, so, wie er davon träumte. Aber das ging jetzt nicht.
Er schaltete den Fernseher ein und suchte einen Nachrichtensender. CNN zeigte die Luftaufnahme eines Gebäudes in der Innenstadt von Austin, vor dem die Polizei Absperrungen errichtet hatte. Die Reporterin sagte, dass ein Mann von einem Scharfschützen erschossen worden sei, und ein zweiter Toter in der Parkgarage etwas damit zu tun haben könne. Dass der Tote in der Parkgarage ein bekannter Auftragsmörder war, wurde noch nicht erwähnt. Auch Reynolds’ Name wurde nicht genannt, dafür war es noch zu früh. Die Fragen der Nachrichtensprecher wurden eingespielt, die Reporterin vor Ort spuckte wertlose Informationen aus und versuchte erfolglos, ihren Worten möglichst viel Gehalt und Relevanz zu geben.
Teach legte den Hörer auf. »Ich habe uns Plätze für den Abendflug nach La Guardia reserviert.«
Pilgrim winkte ihr wie zum Abschied zu. »Guten Flug.«
»Du kannst nicht einfach so gehen …«
Plötzlich kam Barker ins Schlafzimmer. Er rückte seine Brille zurecht. »Um Himmels willen, Sie wollen doch nicht etwa gehen?«
»Falscher Alarm. Es ist nur der Schock. Schließlich wurde er fast erschossen«, sagte Teach.
»Jetzt wäre das ausgesprochen schlecht.« Auf Barkers Gesicht erschien ein merkwürdiges
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