Run! - Es geht um dein Leben: Thriller (German Edition)
das Fenster und nahm den Stuhl, auf dem der Schläger gesessen hatte, während er ihn verhört hatte. Dann stellte er ihn auf den Tisch und hob ein Bein des kaputten Stuhls vom Boden auf. Es war die einzige Waffe, die er finden konnte. Er steckte sich das Stück Holz hinten in sein schmutziges Hemd hinein, kletterte auf den Tisch und von dort aus auf den Stuhl, sprang nach oben und packte den Rand des Fenster. Während er sich mit einer Hand festhielt, entriegelte er mit der anderen das Fenster und schob es hoch. Als er den Halt verlor und auf den Tisch stürzte, kletterte er wieder auf den Stuhl und sprang noch einmal hoch. Dann schwang er ein Bein auf den Sims, zwängte sich durch das Fenster und ließ sich fallen. Er war in einer kleinen Gasse. Die nächtliche Geräuschkulisse von Jakarta – das Rauschen des Verkehrs, Hupen, der Wind, der Musikfetzen herantrug – summte in seinen Ohren.
Er rannte zur Straße.
»Das verstehe ich nicht«, sagte Choate. Die Laken waren kratzig, und obwohl ihm vor Erschöpfung fast die Augen zufielen, wollte er sich nicht ausruhen.
»Sie gehen nach Hause«, sagte Raines, der Stationschef. Er war so mager wie ein Besenstiel, als hätten die Hitze und die Feuchtigkeit Indonesiens das meiste von ihm verdampfen lassen. Er rauchte Kreteks - Nelkenzigaretten -, und der süßliche Geruch ließ Choate übel werden.
»Aber Gumalar …«
»Wegen Gumalar brauchen Sie sich keine Gedanken mehr zu machen. Die Operation ist zu Ende.«
»Aber der Drache … sie haben ihn getötet. Sie haben ihm die Hände abgehackt. Jemand hat uns verraten.«
»Ja. Einer seiner Informanten.«
»Nein. Seine Informanten wussten nichts über mich. Sie haben ihn geschnappt, nachdem sie mich hatten. Dass der Drache und ich zusammenarbeiten, haben nur Leute bei der CIA gewusst.«
Raines runzelte die Stirn, als wäre er persönlich beleidigt worden. »Dann hat der Drache geredet, nachdem Sie in die Stadt gekommen sind. Er war unser Mann für verdeckte Operationen und hat gar nicht existiert, auch vor seinem Tod nicht. Er hat auf eigene Rechnung gearbeitet, er war kein Agent.«
»Wir haben eine undichte Stelle innerhalb der CIA. Gumalar wusste von meiner Familie, er wusste, wie ich heiße … ich habe mit dem Drachen nie über mein Privatleben gesprochen.«
»Dann stopfen wir die undichte Stelle eben. Aber Ihre Deckung ist aufgeflogen. Sie gehen nach Hause. Gumalars Familie weiß von den Ermittlungen. Wir sind vom indonesischen Geheimdienst gebeten worden, uns ab jetzt aus der Sache herauszuhalten. Ab jetzt kümmern sich die Kollegen darum.«
»Gumalar hat jemanden beim indonesischen Geheimdienst bestochen.« Choate legte die Hände vors Gesicht. »Er finanziert Terroristen. Er hat uns entführt, weil wir ihm auf die Schliche gekommen sind, und weil er die CIA abschrecken wollte.«
»Welchen Teil von Sie gehen nach Hause verstehen Sie nicht? Das ist jetzt alles nicht mehr Ihr Problem. Ihr Flug geht morgen früh. Seien Sie froh und dankbar, dass Sie noch am Leben sind.«
Die Krankenschwester brachte sein Essen, und Randall Choate dachte: Ich werde morgen früh nicht fliegen. Ich werde erst gehen, wenn die Leute, die meine Familie bedrohen, tot sind. Außerdem war er der Meinung, dem Drachen noch etwas schuldig zu sein. Er wollte Gerechtigkeit für ihn haben. Um ein Haar hätte er gelacht. Er hatte nie einen Partner haben wollen, und jetzt würde er den einzigen Partner rächen, den er je gehabt hatte.
24
Die Kugel durchschlug das Glas und bohrte sich in Delia Moons rechtes Auge.
Ben fing Delia auf, als sie tot umfiel. Ein zweiter Schuss traf das Schloss. Die Kugel verfehlte ihn nur knapp, als er sich hinkniete und die junge Frau auf den Boden legte. Er zuckte zusammen.
Eine dritte Kugel zerschmetterte das Schloss.
Delias Waffe; ihm fiel ein, dass sie die Pistole auf die Arbeitsplatte in der Küche gelegt hatte.
Ben lief in die Küche. Er schnappte sich die Waffe. Dann hörte er, wie die Haustür eingetreten wurde.
Die Hintertür in der Küche war eine in fröhlichem Gelb gestrichene Fenstertür und vom Wohnzimmer aus zu sehen. Wenn Ben auf die Tür zurannte, würde er für ein paar Sekunden in der Schusslinie sein. Doch er zögerte und sagte sich: Hör auf, darüber nachzudenken, tu es einfach. Hör auf, darüber nachzudenken, tu es einfach. Plötzlich hörte er durch sein angestrengtes Atmen hindurch Schritte auf den Fliesen.
Er hatte zu lange gewartet, hatte sich in die Enge
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