Rund um die Ponyfarm
Schlafengehen vorgenommen, Hamish und Carol mit all ihrer Arbeit nicht schon wieder alleinzulassen. Auch wenn die Ponys heute ihren Ruhetag hatten. „Wir können uns hier doch bestimmt ein bisschen nützlich machen. Sattelzeug putzen oder so etwas.“
„Nun zerbrecht ihr beide euch mal nicht den Kopf über solche Männerarbeit!“, warf Andy ein. So viel Großzügigkeit, ausgerechnet von unserem Stiefvetter, hatten Pete und ich wahrhaftig nicht erwartet. Verblüfft schauten wir ihn an. „Ich werde Carol und Hamish helfen“, fuhr er fort. „Wenn ihr schon solche Glückspilze seid, dann solltet ihr ruhig auf Pa hören und Lord Glencairn besuchen. Schließlich hat man nicht oft die Chance, solche erstklassigen Ponys zu reiten wie Forrester und Beau.“
Das ließen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Wir schlangen die Pfannkuchen mit Ahornsirup hinunter, die Carol nach einem amerikanischen Rezept zum Frühstück gebacken hatte, und dann liefen wir auch schon den Hügel zum See hinunter.
Als wir uns dem Reitstall näherten, sahen wir, dass der Pferdetransporter immer noch auf dem Hof stand. Das Stroh auf der offenen Laderampe war zerdrückt und flach getreten. Offenbar war der Insasse des Wagens inzwischen fortgebracht worden. In diesem Augenblick streckte ein Pferd seinen schmalen, zierlichen Kopf über eine der Boxentüren. Das musste der Neuankömmling sein, ein Hengst mit hellbraunem Fell und einer langen weißen Blesse auf der Nase.
„Der sieht ja wie Ballantrae aus!“ Ich wollte meinen Augen kaum trauen. Aufgeregt lief ich zur Box hinüber und hielt dem Pferd ein Stück Zucker hin, das ich für Beau mitgebracht hatte. Die Ohren des Hengstes zuckten aufmerksam. Dann beugte er seinen seidig glänzenden hellbraunen Hals, senkte seinen edlen Kopf mit den sanften dunklen Augen über meine Hand und nahm vorsichtig den Zucker zwischen die Zähne. Dabei entdeckte ich auf seinem Widerrist einen eigenartigen runden Fleck, einen Kreis weißer Haare, wie er nach einer Verletzung zurückbleibt. Diese Zeichnung war unverkennbar. Und ich war sicher, dass ich sie in der Farbbeilage einer Zeitung schon einmal gesehen und etwas darüber gelesen hatte. Es war der silberne Kreis, den die Rennjockeys „Ballantraes Glückscent“ nannten. Und kein Reiter startete mit Ballantrae zu einem Rennen, bevor er nicht diese Stelle geküsst hatte.
„Tatsächlich, Pete, es ist Ballantrae!“
Mein Zwillingsbruder kniff skeptisch die Augen zusammen. „Das ist doch unmöglich. Woher willst du das denn wissen?“
„Schließlich habe ich Silver Knight und Barney’s Pride auch erkannt, oder? Und bei Ballantrae gibt es ein unverwechselbares Merkmal. Man muss es nur wissen. Hier, sieh dir seinen Glückscent an!“
„Psst!“, warnte Pete. „Da kommt Jock.“
„Was? Ihr seid ja schon wieder da!“ Der Stalljunge machte alles andere als ein freundliches Gesicht. „Seine Lordschaft ist nach Inverness gefahren.“
„Also, dann können wir heute eben nicht reiten.“ Pete ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken.
„Das habe ich nicht gesagt“, räumte Jock brummend ein. „Der Lord hat mir aufgetragen, euch die Ponys zu geben, falls ihr herkommt. Aber ich soll in eurer Nähe bleiben, damit euch nichts passiert.“ Er spuckte den Grashalm aus, auf dem er gekaut hatte. „Ich kann mir wahrhaftig was Besseres vorstellen, als bei euch das Kindermädchen zu spielen. Aber was Seine Lordschaft sagt, wird gemacht. Also, ich gehe nur schnell zur Koppel und hole Forrester und Beau.“
„Können wir nicht gleich mitkommen?“, fragte ich.
„Ja“, nickte Pete. „Es ist doch viel besser, wenn wir die Ponys selbst fertig machen.“
„Wenn ihr unbedingt wollt.“ Jock zuckte mürrisch die Schultern. „Dann kommt mit in die Sattelkammer. Wir müssen erst das Zaumzeug holen.“
„Hey, was ist denn los?“, rief eine Stimme mit hässlichem, breitem Akzent von dem Heuboden herunter. Verblüfft fuhren Pete und ich herum. „Kann man denn hier nicht einmal in Ruhe ’ne Runde pennen?“ Ein schmutziges Gesicht unter schulterlangen blonden Haaren tauchte über den Strohballen auf. Und dann erschien auf der obersten Treppenstufe ein grobschlächtiger Junge in Jeans und einem verknitterten Hemd.
„Bleib, wo du bist, Alfie!“, rief Jock hastig. „Kein Grund zur Aufregung. Das sind nur die beiden Grünschnäbel, von denen ich dir erzählt habe.“
„Die Gören etwa, an denen der Lord einen Narren gefressen hat?“ Der Junge mit dem
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