Rund um die Ponyfarm
hat niemand ein Zimmer frei. Wir möchten aber auch nicht auf diese Woche Urlaub verzichten und wieder nach Hause fahren. Deshalb dachten wir, dass Frau Macdonald uns vielleicht weiterhelfen kann.“
„Ganz bestimmt, Fräulein Edwards!“, beruhigte ich die alte Dame. Dieser plötzliche Mangel an Betten in Duncreggan kam mir ziemlich eigenartig vor. Pete und ich waren zwar erst ein paar Tage hier, aber wir hatten nicht den Eindruck, als ob es im Dorf von Besuchern nur so wimmelte.
„Sie bringen am besten gleich morgen ihr Gepäck zu uns. Wir werden Sie und Ihre Schwester schon irgendwie unterbringen.“
Zum Glück nahm Carol die Nachricht ziemlich gelassen auf. Sie hatte auch gleich eine Idee, wie wir für zwei zusätzliche Gäste im Haus Platz schaffen konnten.
„Andys Zimmer!“, sagte sie. „Er kann doch auch zu den Pfadfindern ziehen. Und wenn er das nicht möchte, können wir ihm immer noch auf dem Speicher über den Ställen ein Lager aufschlagen.“
Andy hatte gegen unseren Plan nichts einzuwenden. Noch am selben Abend baute er zusammen mit Hamish auf dem Speicher ein Campingbett auf. Carol fand noch eine Matte für den Fußboden, und ich half ihm, seine Bücher und Zeitschriften hinüberzutragen. Mit einem großen Poster von Kalifornien und ein paar Bildern von Popstars an der weiß getünchten Wand wurde aus dem Speicher sogar ein netter, gemütlicher Raum.
„Gar nicht so übel, meine neue Bude!“ Ich hatte Andy den letzten Rest seiner Sachen die Leiter hinaufgereicht, und nun sah er sich prüfend in seinem neuen Reich um. „Trotzdem, das alles kommt mir vor, als ob ich das Feld räumen sollte. Pa hat wieder geheiratet, und ich schätze, dass er und Carol den Platz im Haus für sich allein haben wollen.“
„So etwas darfst du nicht einmal denken, Andy!“ Der Gedanke, dass sie die gute Beziehung zwischen Vater und Sohn gestört und Andy aus dem Haus getrieben hatte, würde Carol bestimmt großen Kummer bereiten. „Du verstehst dich doch gut mit Carol.“
„Es geht, schätze ich.“ Unter dem spärlichen Flaum seines blonden Schnurrbarts verzog Andy skeptisch die Lippen. „Aber ich traue ihrem süßen Getue nicht. Wahrscheinlich will sie damit nur bei Pa Eindruck machen. Sie ist bestimmt heilfroh, wenn sie erst einmal mit ihm allein und ungestört ist. So sind frisch Verheiratete nun einmal. Ein Dritter fühlt sich da immer wie das fünfte Rad am Wagen. Außerdem wirft unser Betrieb für drei Leute auch nicht genug ab.“
„Das ist nicht wahr!“, widersprach ich. „Gerade jetzt gibt es genug Arbeit, um uns alle ganz schön in Atem zu halten. Besonders, nachdem Carol nun auch noch einen Teil der Gäste selbst versorgen muss. Sie wird nicht mehr viel Zeit haben, sich auch noch um die Pferde zu kümmern. Sie und Hamish sind auf deine Hilfe angewiesen.“
„Klar, dass sie Hilfe brauchen!“ Andy zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Und da kommen Pete und du ja wie gerufen. Aber mit mir könnt ihr nicht rechnen. Ich halte nichts von noch mehr Arbeit für wenig Geld. Ich habe andere Pläne. Und da könnten Pete und du mir einen Gefallen tun. Wie wäre es,wenn ihr bei eurem noblen Freund für mich ein gutes Wort einlegen würdet? Lord Glencairn hat jede Menge Beziehungen. Es muss für ihn doch eine Kleinigkeit sein, mich irgendwo in einem guten Rennstall unterzubringen. Das würde jedenfalls weit mehr einbringen, als auf einem miesen Reiterhof den Lückenbüßer zu spielen.“
Am anderen Morgen standen die beiden Schwestern Edwards mit ihren Koffern auf dem Hof. Und es waren kaum zehn Minuten vergangen, da tauchte eine Gruppe von vier anderen Gästen an der Einfahrt auf. Es waren zwei Jungen und zwei Mädchen, die ihre Rucksäcke auf dem Rücken trugen und uns bekümmert erzählten, dass die Leute auf Grants Bauernhof sie fortgeschickt hatten.
„Können wir nicht bei Ihnen wohnen, Frau Macdonald?“, bettelte ein Junge mit rotbraunen Haaren. Er war ungefähr siebzehn Jahre alt und schien der Anführer der Gruppe zu sein. „Seit Weihnachten haben wir für diese Reiterferien gespart. Da können Sie uns doch nicht einfach wieder nach Hause schicken.“
„Bitte, helfen Sie uns doch!“ Eines der Mädchen schaute Carol flehentlich an. Es hatte langes, blondes Haar und blaue Augen. „Wir schlafen in der Scheune oder irgendwo draußen in einem Zelt. Das ist uns ganz egal, wenn wir nur bleiben können. Reiterferien waren schon so lange unser Traum.“
Carol warf Hamish einen ratlosen
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