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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Jahre hatten viele seiner besten Gewissheiten nicht auf Fakten, sondern auf Intuition beruht.
    Lionor spürte, dass sie beobachtet wurde, und sah ihn ihrerseits an. Arekh lass Argwohn in ihrem Blick - und etwas anderes, etwas, das am Vortag noch nicht da gewesen war.
    »Was will er? Was weiß er?«

    Oder vielleicht bildete er sich das auch nur ein.
    Und selbst, wenn er recht hatte - was sollte er mit seinem Wissen anfangen? »Aber was soll ich mit einem solchen Geheimnis nur anfangen?«, fragte der junge Priester seinen Gott. »Es wiegt so schwer.«
    Das Geheimnis - wenn es denn eines war - wog nicht schwer. Es war nur lästig.
    »Könnt Ihr eine Botschaft an den Hof von Harabec schicken?«, fragte Marikani. »Ich muss Banh anweisen, Truppen zu schicken, um mich abzuholen. Die Soldaten müssen nur an der Südgrenze der Stadt Stellung beziehen - ohne es zum Eklat kommen zu lassen.«
    Der Herr der Verbannten nickte. »Natürlich. Aber sie sollten eigentlich schon wissen, dass Ihr hier seid. Die Geschichte über Euer Abenteuer muss die Runde durch die Königreiche gemacht haben, nicht wahr? Die Prinzessin von Harabec auf dem Joar, bei den Verbannten … Neuigkeiten reisen schneller als der Wind.«
    »Das stimmt. Aber Banh benötigt einen schriftlichen Befehl von mir, um eine Truppenabteilung herschicken zu können. Offiziell bräuchte er sogar mein Siegel. Er wird ohne es auskommen müssen«, seufzte Marikani. »Ich habe mein Reiseschreibzeug nicht mehr bei mir.«
    Der Herr der Verbannten beugte sich näher zu ihr. Seine Stimme veränderte sich, und sowohl Arekh als auch Lionor hoben den Blick. »Wie schnell können Eure Truppen südlich des Flusses eintreffen?«
    Marikani dachte nach. »Die Nachricht wird nur wenige Tage unterwegs sein. Aber sie werden etwas Zeit brauchen, um die Expedition vorzubereiten, besonders, wenn es … Widerstände gibt«, sagte sie, ohne ins Detail zu gehen. »Banh ist nicht der Schnellste, und in Harabec laufen die Dinge ohnehin langsam ab - zumindest, wenn ich nicht
da bin, um sie zu beschleunigen. Sagen wir … vielleicht in fünfzehn Tagen.«
    »Prinzessin Marikani, Ihr müsst eine andere Lösung finden. Wir werden nicht so lange durchhalten.«
    Der aufkommende Wind ließ den See plätschern. Marikani schwieg.
    »Der Bürgermeister kann nicht einfach … all das hier angreifen«, sagte Lionor, indem sie auf die Wasserfläche und die Boote wies.
    Der Herr der Verbannten seufzte. »Das täte er nur zu gern, meine Dame, glaubt mir! Warum suchen wir Eurer Meinung nach wohl sonst Verbündete? Ich glaube nicht, dass es zu einem direkten Angriff kommen wird … nicht sofort, nicht unter ihm. Aber Ihr könntet … verunglücken. ›Unbekannte‹ Banditen könnten uns heute Abend angreifen, das Boot, auf dem Ihr Euch befindet, könnte kentern, und alle Insassen würden ertrinken. Der Bürgermeister würde uns am nächsten Morgen mit Ausreden abspeisen: ›Flusspiraten sind in die Stadt eingedrungen, unsere Männer haben nichts gesehen - wünscht Ihr vielleicht eine finanzielle Entschädigung angesichts der Verluste an Menschenleben?‹ Der politische Druck ist enorm, Lionor. Jetzt, in diesem Augenblick, befinden sich sicher Gesandte des Emirs im Handelsturm und sind dabei, Verhandlungen zu führen, Drohungen auszusprechen … Glaubt Ihr, dass dieser Bürgermeister einem solchen Druck standhalten wird?«
    »Ich verstehe«, erwiderte Marikani. »Ich werde Banh sagen, dass er sich beeilen soll.«
    Aber Arekh sah dem Blick des Herrn der Verbannten an, dass das nicht ausreichen würde.

KAPITEL 8
    Zwei Tage vergingen. Der Herr der Verbannten sprach nicht mehr von den Geschichten oder der geistigen Gemeinschaft - auch nicht von der prekären Situation, in der sich seine Gäste befanden. Er erwies sich als diskret, ließ zu, dass seine drei Gäste sich ausruhten, auf den Booten oder auf dem großen Schiff träumten.
    Sie träumten - und warteten. Die Botschaft an Banh - Marikanis engsten Ratgeber - war einige Stunden nach dem Gespräch abgeschickt worden; der Brief würde auf einem Fischerboot den Joar hinabgebracht werden, und der Herr der Verbannten hatte versprochen, dass er direkt in Banhs Hände gelangen würde. Er war sich seiner Verbündeten sicher genug, um das zu beschwören. Wenn diese Verbündeten Händler waren, die die Söhne des Joar durch Geld an sich banden, wollte Arekh ihm gern glauben. Geldgier war ein probates Mittel, sich eines Menschen zu versichern.
    Leider blieben noch sehr viele

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