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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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auch mehr Spaß. »Hör mal, wenn du die Nacht als Verlust abschreiben und gehen willst, bevor sie ganz versaut ist, kann ich dich jetzt heimfahren.«
    Sie nickte. »In Ordnung. Also nach Hause. Aber wenn wir da sind, mußt du nicht gleich wieder fahren.«
    Wir werden sehen, dachte ich. In Wahrheit hielt ich mich nicht für fähig, den Abend noch zu retten. Das einwöchige Jubiläum von Ricks Verschwinden. Die Woche der eintausend Tage. Auf der Fahrt zu Val bemerkte ich, daß ich das Radio leiser als üblich gestellt hatte – fast, als würde ich halb erwarten, daß Rick die Lieder mit seiner Gitarre begleitet. Komm schon, Mann, spiel’ nur noch ein einziges Mal für mich. Bitte.
    Bitte? Ich hatte erwartet, den Wagen von Vals Eltern in der Einfahrt zu sehen, als ich anhielt. Doch die war so leer wie bei unserer Abfahrt nach dem Essen.
    »Weißt du, Chris«, sagte sie, »sie haben Karten für das Theater in St. Louis. Die Vorstellung begann um halb neun, also werden sie erst lange nach Mitternacht nach Hause kommen.« Sie zwinkerte mir zu.
    Darum also dreht sich alles, wie? Oh, was für ein großartiger Zeitpunkt. Ich sagte aber nichts. Saß einfach da und hielt das Lenkrad in beiden Händen und starrte nicht sie an, sondern durch sie hindurch. Auf Bäume.
    »Nun?« Sie hob die Augenbrauen. »Willst du mitkommen?«
    Ich schaltete den Motor ab. Was soll’s.
    Sie führte, ich folgte. Wir hielten an der Haustür, während sie öffnete, und dann waren wir wieder am Anfang. Kodiak kam gesprungen, um uns zu begrüßen, doch sie drückte ihn weg und nahm mich an der Hand. Und zog mich die Treppe hoch in ihr Zimmer. Mondlicht strömte durch die Fenster und tauchte das unbeleuchtete Haus in schwarzblaue Finsternis, und langsam gewöhnten meine Augen sich an das Fehlen von Licht. Vals Gesicht lag halb im Schatten und sah verzaubert aus, andersweltlich. Und meines?
    Ein Zoo von Stofftieren lebte auf ihrem Bett, und sie schleuderte ihn mit einer ausladenden Bewegung in eine Ecke. Sie legte die Decken zurück, wandte sich dann um zu mir, mit den Händen in den Taschen, die Beine weit und hart, als sie sich auf den Fersen wiegte. Siehe, die Verführerin.
    »Verstehst du?«
    Ich nickte, und mein Hals war plötzlich so trocken wie die Wüste. Außer in Geschichten in Umkleidekabinen erhalten nicht viele Jungs ein solches Angebot. Warum nur muß es jetzt sein?
    »Ähmm … ich glaube, wir beide haben lange Zeit über dasselbe nachgedacht. Weißt du?« Für einen Augenblick wurde sie von der kecken und frivolen Verführerin zu einem prüden Waisenkind. »Chris, ich wollte das erste Mal einfach nicht auf dem Rücksitz eines Autos stattfinden lassen.«
    Valerie nahm meine Hand und verwob ihre Finger mit meinen. Ich wollte nichts sagen, weder dafür noch dagegen, nichts schien angemessen. Und dann war ihr Gesicht plötzlich ganz nah an meinem, ihre Lippen teilten sich, und die Zunge spitzte hervor. Ich erwiderte den Kuß; wieder eine Verpflichtung. Sie bemühte sich, küßte fester. Und endlich begann ich aufzutauen, etwas wärmer zu werden. Schließlich ist die männliche Libido eines Achtzehnjährigen eine furchtbare Macht. Geh nie ohne aus dem Haus.
    Wir zogen uns aus, wobei Val die meiste Arbeit tat; wir hielten ab und zu inne, um uns zu küssen, und manchmal stießen wir uns dabei die Zähne an. Und dann schlüpften wir unter die Laken, die kühl nach einem Tag mit Klimaanlage waren. Wir umarmten uns und erfreuten uns an diesem ersten Ganzkörperkontakt, dem zum allerersten Mal keine Hindernisse im Weg standen. Ihre Hände erforschten mich, und dann drückte sie ihn hinein, während ihre Zähne an meinem Hals waren …
    Oh Scheiße, dachte ich müde, während ich versuchte, die Leidenschaft des Augenblicks zu bewahren, wen versuche ich zu täuschen? Und in jenem Augenblick fiel alles in sich zusammen, und es blieb nur Asche über.
    »Habe ich … habe ich was falsch gemacht?« fragte sie, als sie schließlich begriff.
    »Nein, nein … glaub’ das nicht.« Welch ein begabter Lügner ich doch war. »Es liegt an mir, Val, nur an mir.« Guter Anfang, Chris. Jetzt wäre jeder andere Kerl an deiner Stelle so nachdenklich wie ein Wildkeiler in der Brunftzeit.
    »Möchtest du nur reden?«
    »Vielleicht. Wenn überhaupt.« Was wollte ich überhaupt? Ich wollte denken, verstehen, Antworten finden. Ich wollte nach Tri-Lakes rennen und den ganzen verdammten Ort umgraben und umpflügen und auswringen, bis Rick irgendwo hervorkam. Und dann

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