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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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… und fragt, wo sie ist, werde ich ihm sagen, daß ich sie dir anvertraut habe, um darauf achtzugeben.«
    Mir fehlten die Worte. Ich konnte nur hoffen, daß sie auf meinem Gesicht meine Gefühle ablesen konnte.
    »Auf Wiedersehen, Chris. Du weißt, daß du in unserem Haus immer willkommen bist.« Sie drehte sich um und ging zurück zu dem wartenden Auto, und ich stand im Türrahmen, bis sie am Ende der Straße verschwunden war.
    Valerie hatte mich erstarrt zurückgelassen, doch dies höhlte mich vollends aus. Ich hielt den Gitarrenkoffer nahe an mich, brachte ihn auf mein Zimmer und legte ihn sanft wie ein Neugeborenes auf mein Bett. Ich öffnete die Schnappverschlüsse, dann den Reißverschluß. Das lackierte Holz schimmerte sanft, und sechs Paar Saiten zerteilten die Gitarre in der Mitte. Ich berührte sie, und sie gaben einen sanften Ton von sich, der ewig nachhallte. Sehr vorsichtig nahm ich die Gitarre heraus und legte den geschwungenen Rand auf meinem Schenkel ab. Ich griff einige offene Akkorde, die Rick mir im Laufe der Jahre beigebracht hatte. Die Saiten bissen in die Fingerspitzen wie winzige Zähne, und dieses Gefühl erinnerte mich daran, wie Rick in der siebten Klasse stets mit wunden Fingern herumgelaufen war.
    Ich fand ein Plektron im Koffer und fing an, die Saiten zu streichen. Meine Finger stolperten durch einige Griffwechsel und erzeugten irgendwie Klänge, die sich nicht allzu schrecklich anhörten.
    Ich verspürte einen sonderbaren Frieden in mir, ein bittersüßes Glück; ein Gefühl, nach dem ich mich lange Zeit gesehnt hatte. Denn nun besaß ich ein Stück von Rick. Er war vielleicht fort, doch ein Teil seiner Seele gehörte mir. Ein Teil, der niemals altern, niemals sterben würde.

19.
     
    Die Pläne fürs College regelten sich irgendwie selbst, was mir wie ein kleines Wunder erschien. Am ersten August, einem Freitag, machte ich auf der Arbeit blau und fuhr mit Mom und Dad hoch nach Bloomington, um alles Offene in bezug auf Stundenplan und Unterbringung zu klären. Da ich so gut wie keine Vorstellung davon hatte, was ich später in der Welt tun wollte, schloß ich mich anderen Mitläufern an und schrieb mich für einen recht weitgesteckten Kunst- und Wissenschaftsstundenplan ein. Dorthinein stopften sie einen großzügigen Haufen von Typen, die sich später entscheiden konnten, was sie tun wollten.
    Als Unterbringung nahm ich mir ein Studentenzimmer an einem Ort namens Scott Hall. Wenn die Erinnerung mich nicht täuschte, war das auch der Ort, an dem Phil leben würde. Ich kannte den Namen meines Zimmergenossen nicht, der mir auch gleichgültig war. Ich hatte kein Verlangen, mir den Kopf wie Phil darüber zu zerbrechen, was für ein Typ Ashley Hopkins sein könnte.
    Es dauerte nicht lange, bis ich mich in der Atmosphäre des Campus behaglich fühlte. Die Gebäude waren eine Mischung aus alten und neuen Elementen und beherbergten ungefähr sechstausend Studenten – einige der Bauten standen schon seit Anfang des Jahrhunderts, während andere in den letzten zehn Jahren entstanden waren. Und Andrews war schattig, überall sah man Bäume, welche die Gebäude umringten, die geschwungenen Fußwege säumten und in ordentlichen Reihen am Straßenrand wuchsen. Dieser Ort war fast schon zu malerisch.
    Ein Refugium, dachte ich, als ich im Innenhof stand. Hier ist es sicher.
    Dann als gedankliches Nachwort: Wikinger müssen draußen bleiben, ha ha. Genau.
    Daheim vergingen die letzten beiden Wochen wie im Flug. Phil und ich kündigten eine Woche vor der Abfahrt unsere Jobs, um noch etwas Zeit zum Verplempern zu haben. Ich verbrachte auch noch zusätzliche Zeit mit Aaron. Wir gingen öfters ins Kino und ins Schwimmbad, und ich schlug ihn beim Minigolf.
    Dies war meines Wissens der erste Sommer, in dem Aaron sich darauf freute, wieder zur Schule zu gehen. Natürlich würde sich sein Status erhöhen, da er jetzt in die Unterstufe kam, doch hauptsächlich hatte es mit seinem Drang zu tun, so bald als möglich von Chuck Wagons Steak-Haus wegzukommen. Er hatte sich einen Kalender für seine Pinnwand gezeichnet, der ihn selbst bei verschiedenen Akten der Rebellion zeigte – wie er mit einem Bulldozer die Salatbar zusammenfuhr, den Grill mit einem Feuerlöscher besprühte oder Maurices Kopf ins Gefrierfach drückte. Jede Nacht, bevor er zu Bett ging, kicherte Aaron und rieb sich die Hände, bevor er einen weiteren Tag mit einem Kreuz markierte.
    Erbrachte mich in dieser Woche öfter zum Lachen, als ich es

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