Runen
zwei weiteren SS-Leuten bekannt und sagte, dass sie wahrscheinlich meine Gefährten während der Reise über den Atlantik werden würden, obwohl unser Ziel nicht dasselbe sei: Rudolf Freiherr von Trittenheim und Gruppenführer Gerhard von Ramstein. Kurz darauf kam Himmler
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zu uns herunter und sagte, wir drei hätten eine historische Rolle in schicksalhaften Zeiten zu übernehmen. Der Erfolg unserer Fahrt könnte für die Zukunft des Tausendjährigen Reiches entscheidend sein. Danach sprach er mit jedem von uns einzeln. Ich war der Letzte. Himmler empfing mich in einem kleinen Büro im Keller des Hauses. Er saß in einem Sessel, hatte das Pergament mit Gotatýrs Runenlied in der Hand und sagte, er sei sehr optimistisch, nachdem er sich die alten Runentexte von Doros, Sachsen und Jelling genau angesehen hatte. »Das ist die Stimme unserer Vorväter«, sagte er, »und sie weist uns den Weg zu ihrer mächtigsten Waffe, Þórs Hammer, der den Krieg entscheiden wird. Ich werde diese heiligen Texte an einem geheimen Ort in diesem sichersten aller Häuser des Reiches zusammen mit dem Auftrag an Rudolf von Trittenheim und Gerhard von Ramstein aufbewahren. Die beiden werden dich für eine Zeit begleiten. Du hast uns zwar die alten Wahrheiten zurückgebracht, aber die wichtigste Aufgabe deines Lebens steht dir noch bevor: den erhabenen Hammer zu finden, den die Götter auf der weißen Insel verbargen, auf der Siegfried der Drachentöter Brünhild aus dem ewigen Schlaf erweckte.«
Bevor wir mitten in der Nacht losfuhren, waren wir dabei, als Himmler drei verschlossene Umschläge in einem geheimen Fach verwahrte, das jenseits des Felsens Il Duce in Stein geformt wurde, wo Ritter Schätze bewachen. Ergriffen und erschüttert von dem Vertrauen, das der Reichsführer-SS mir erwies, war ich bereit, in den bevorstehenden gefährlichen Strapazen nicht einen Deut weniger Mut an den Tag zu legen, als es die Helden der Nibelungen getan haben, die ihm so sehr am Herzen liegen.
Auf den letzten Seiten des braunen Notizbuchs berichtete |131| Höskuldur von seiner riskanten Seereise nach Island im Jahre 1944. Zuvor aber brachte man die drei SS-Leute mit dem Flugzeug nach Nordnorwegen, wo sie das deutsche U-Boot erwartete:
Narvik liegt nach den Kämpfen von 1940 immer noch in Trümmern. Ich schaute am Friedhof vorbei, wo meine Eltern in aller Eile in Kisten aus unbearbeitetem Holz hatten beerdigt werden müssen, da in dem Ort nach den britischen Luftangriffen die Särge ausgegangen waren. Sie hatten in Norwegen gut gelebt. Dort hatten sie auch zur letzten Ruhe gebettet werden wollen.
Freiherr von Trittenheim und SS-Gruppenführer von Ramstein haben schweres Reisegepäck mit. Im Torpedoraum des U-Bootes wurden viele Kisten eingelagert. Als alles zur Abfahrt bereit war, baten sie mich, ein Foto von ihnen am Hafenkai zu machen. »Für die Geschichtsbücher des Reiches«, wie von Ramstein meinte.
Mein Gepäck passte in eine kleine Reisehandtasche und einen norwegischen Seesack. Ich packte nur die notwendigste Schutzkleidung und Proviant für zehn Tage ein. Das Geld versteckte ich in dem Funkgerät, das als Schreibmaschine getarnt ist. Im U-Boot ist es furchtbar eng, so dass man sich gerade mal so in seine Koje zwängen kann. Der Ausdruck »wie Sardinen in der Büchse« bekommt eine ganz neue Bedeutung in dieser Blechröhre. Der Freiherr und von Ramstein sind immer zusammen. Sie scheinen sich gut zu kennen.
Der Kapitän hat strengen Befehl, uns über den Atlantik zu bringen, koste es, was es wolle. Auf der bisher zurückgelegten Strecke ist das U-Boot zwei Mal in Schussnähe britischer Frachter gekommen, unterließ aber jeglichen Angriff. Beim
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zweiten Mal glitten wir lautlos wie die Fische unter einem langen Schiffskonvoi hindurch, der von zwei britischen Begleitschiffen bewacht war. Wegen Platzmangels sind nur zwei Torpedos an Bord, die auch nur in Notfällen verwendet werden dürfen, um das U-Boot zu verteidigen. Während einiger kalter und sternenflimmernder Nächte ist das U-Boot aufgetaucht, um die Fahrt zu beschleunigen, aber der Kapitän lässt stets abtauchen, bevor der Morgen dämmert.
Kapitän Brünner hat uns von der Geschichte des U-Boo
tes erzählt. Es ist drei Jahre alt und in Narvik stationiert. In den letzten zwei Jahren hat die U-703 viele Schiffe versenkt, die militärische Ausrüstung und Nachschub an die Bolschewiken in Murmansk liefern wollten. Im letzten Frühjahr geriet das U-Boot in einen heftigen
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