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Runen

Runen

Titel: Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
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inakzeptabel.«
    Die Klingel im Flur schrillte, als würde jemand lange den Knopf gedrückt halten.
    »Wehe, das ist wieder so ein Heini, der uns Trockenfisch andrehen möchte oder uns den Mormonenglauben verkünden will«, murmelte Kári.
    Melkorka stand auf, sauste die Treppe hinunter und öffnete die Tür.
    |181| »Was soll denn dieser Aufruhr?«, fragte sie schroff.
    Der Besucher, ein Mann um die vierzig, nahm die unfreundliche Begrüßung gelassen hin. Er trug einen dunklen Anzug, ein helles Hemd und eine unauffällige Krawatte und glich auf diese Weise eher einem sorgfältig herausgeputzten Mormonen-Missionar als einem Fischverkäufer. Er war jedoch keins von beiden.
    »Guten Tag«, grüßte er höflich auf Englisch. »Ich heiße Alan Sexton. Darf ich reinkommen?«
    »Wozu?«
    »Ich mache Ihnen ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können.«
    »Tatsächlich?«, antwortete Melkorka spöttisch. »Wahrscheinlich ›Himmelreich leichtgemacht in fünf Schritten‹?«
    »John Dulles Forster jr. war mein Kollege.«
    »Und ein Betrüger.«
    »Er hat sich für jemand anderen ausgegeben, das ist richtig, aber ich mache das nicht.«
    »Ach tatsächlich«, entgegnete Melkorka heftig. »Sind Sie dann bereit, mir auf der Stelle zu verraten, wer diesen Forster hergeschickt hat, um mich reinzulegen?«
    »Forster war Angestellter eines Unternehmens, das Brownwater International Security heißt, für das auch ich arbeite.«
    »Da sagen Sie mir nichts Neues.«
    Alan Sexton hob die Brauen.
    »Wie das?«
    »Spielt keine Rolle«, erwiderte Melkorka kurz angebunden. »Sagen Sie mir lieber, wer ihn zu dieser Schweinerei angestiftet hat.«
    |182| »Im Augenblick arbeite ich für einen Mann, der Ihnen das Angebot macht, das ich schon erwähnte. Sollen wir diese Angelegenheit nicht drinnen näher besprechen?«
    Melkorka zögerte noch immer, Alan Sexton in die Wohnung zu lassen.
    »Ich versuche keineswegs, Sie zu hintergehen«, fuhr er unbeirrt fort. »Darauf können Sie sich verlassen.«
    »Wer ist dieser Mann?«, fragte Kári hinter Melkorka.
    »Er behauptet, ein Kollege von J. D. Forster zu sein.«
    »Was wollen Sie von uns?«, ging ihn Kári scharf an.
    »Ich überbringe Ihrer Frau ein Angebot meines Arbeitgebers.«
    »Also gut«, entschied Melkorka. »Kommen Sie herein.«
    Sexton war flink in seinen Bewegungen. Er blickte sich sorgfältig um, bevor er sich setzte.
    »Ich werde die Karten offen auf den Tisch legen«, sagte er und strich sich über das schwarze, kurzgeschnittene Haar. »Mein Arbeitgeber hat erfahren, dass ein isländischer SS-Angehöriger öffentlich Selbstmord begangen und ein Tagebuch hinterlassen hat mit einem Foto von zwei Männern vor einem deutschen U-Boot. Nachdem er das Bild genauestens untersucht hatte, befahl er uns, dieses Tagebuch oder eine Kopie davon zu beschaffen. Forster entschied sich dafür, als der Historiker Robert M. Houston aufzutreten, da uns eine E-Mail des Professors vorlag, in der er sich nach den Soldaten auf dem Foto erkundigte. Uns war leider nicht klar, dass diese Herangehensweise gefährlich sein könnte. Sie erschien uns im Gegenteil sogar relativ einfach. Deshalb erwischte auch uns der Mord an Forster völlig kalt.«
    »Wer ist Ihr Arbeitgeber?«
    |183| »Er heißt Melville und ist kanadischer Staatsbürger.«
    »Melville?«, rief Melkorka. »Sie meinen den zweitwichtigsten Eigentümer von Brownwater?«
    »Allerdings.«
    »Wieso interessiert er sich für dieses Foto?«, fragte Kári.
    »Ihre Frau kann ihn selbst danach fragen«, antwortete Sexton.
    »Ihn selbst?«, verwunderte sich Melkorka. »Ist er denn hier?«
    »Nein. Melville kann aus gesundheitlichen Gründen das Haus nicht verlassen. Er wünscht aber ausdrücklich, persönlich mit den Erben H. Steingrims zu sprechen, und bietet Ihnen deshalb einen Besuch in Kanada an.«
    »Wann?«
    »Unser Privatjet steht jederzeit startklar auf dem Flughafen Reykjavík, aber ich würde vorschlagen, dass wir besser morgen früh losfliegen.«
    »Kommt ja überhaupt nicht in Frage, dass du so ein Angebot annimmst«, sagte Kári. »Nach den Tricksereien, die diese Kerle sich uns gegenüber schon geleistet haben.«
    Melkorka hielt dem kühl beherrschten Blick des Amerikaners mit Gleichmut stand.
    »Sie haben früher für die CIA gearbeitet, wie Forster, oder nicht?«, fragte sie.
    »Es ist mir untersagt, eine solche Frage zu beantworten.«
    »Ihr seid berüchtigt dafür, Unschuldige in Privatflugzeugen in Länder zu schaffen, wo Menschen tagtäglich

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