Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
wir keine besseren Nachrichten
hatten«, sagte Sean, als sie wieder allein waren. »Ihr wart
lange fort.«
Lancelot lachte sehr leise und sehr bitter. »Wären die
Nachrichten denn besser, wenn wir hier geblieben wären?«
»Wahrscheinlich nicht«, gestand Sean. Er beugte sich
vor, um ein Stück Brot abzubrechen. Keiner von ihnen
hatte das fürstliche Mahl, das Iven und die Diener aufgetragen hatten, bisher auch nur angerührt und Lancelot
machte auch jetzt keine Anstalten zu essen, obwohl er
wirklich sehr hungrig war. »Du willst mir also nicht sagen,
wo ihr gewesen seid?«
»Das kann ich nicht, Sean«, meinte Lancelot leise. Er
schüttelte heftig den Kopf, als er das Aufblitzen in den
Augen des Iren sah. »Und selbst wenn ich es könnte, es
würde nichts ändern. Weder an dem, was geschehen ist,
noch an unserer jetzigen Lage.« Er drehte sich auf dem
Stuhl um und sah zur Treppe hinauf, als ob er sich davon
überzeugen wollte, dass Gwinneth auch tatsächlich nicht
mehr in Hörweite war, bevor er sich wieder an sein Gegenüber wandte. »Sei ehrlich zu mir, Sean: Wie stehen
unsere Chancen.«
Einen Moment lang dachte der Ire angestrengt nach,
dann zuckte er mit den Schultern und brach ein weiteres
Stück Brot ab. Kauend und ein wenig undeutlich antwortete er: »Ich weiß es nicht, Lancelot. Wir haben an die hundert Männer hier – zweihundert, wenn wir auch alle Diener, Handwerker und Knechte bewaffnen und auf die
Mauern schicken – und Tintagel ist wahrlich die stärkste
Festung, die ich jemals gesehen habe. Unsere Vorratskammern sind trotz des zurückliegenden harten Winters
noch recht ordentlich gefüllt und jeder einzelne Mann,
jede Frau und selbst jedes Kind hier wird nicht zögern sein
Leben für Lady Gwinneth einzusetzen. Wären es nicht
Artus und die Ritter der Tafelrunde, mit denen wir es zu
tun haben, dann wäre ich guten Mutes. Gegen einen normalen Gegner kann ich diese Burg eine halbe Ewigkeit
halten. Aber Artus …« Er hob seufzend die Schultern.
»Artus ist auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut«,
antwortete Lancelot.
»So wie du?« Sean sah ihn mit schräg gehaltenem Kopf
und sehr nachdenklich an.
»Bin ich das etwa nicht?«, fragte Lancelot scharf.
»Wenn ich mich schneide, blute ich dann nicht?«
»Sicher«, antwortete Sean. »Aber deine Wunden heilen
so schnell, wie ich es bei noch keinem anderen Menschen
gesehen habe, und wenn du deine Zauberrüstung trägst,
dann kämpfst du mit der Kraft von zehn Männern.«
»Vielleicht ist es genau diese Rüstung, die uns retten
wird«, sagte Lancelot. »Ich habe zwar Gwinneth versprochen sie nie wieder anzulegen – doch lieber breche ich
mein Wort ihr gegenüber als zuzulassen, dass sie in Artus’
Gewalt gerät.«
»Ich habe nichts anderes erwartet«, antwortete Sean.
»Aber, entschuldige die offene Frage, Lancelot: Was,
wenn du einem Mann gegenüberstehst, der über die gleiche Zauberkraft verfügt? Oder fünf? Oder zehn?«
Das könnte das Ende der Welt bedeuten, dachte Lancelot
schaudernd. Für einen winzigen Moment war er wieder in
Camelot, sprengte zusammen mit Gwinneth auf dem Rükken des Einhorns durchs Tor und sah sich plötzlich Artus
gegenüber, der Excalibur in der Hand hielt und versuchte
ihn aufzuhalten. Einmal, nur ein einziges Mal und für einen unendlich kurzen Moment, waren das Runenschwert
und Excalibur aufeinander geprallt, und schon diese winzige Berührung hatte eine Macht entfesselt, die die Welt in
ihren Grundfesten hatte erbeben lassen. Was, wenn er gezwungen wäre, erneut gegen Artus anzutreten?
Allein die Frage war so schrecklich, dass er sich weigerte über eine Antwort auch nur nachzudenken. Stattdessen
schüttelte er mit einer Überzeugung, die er ganz und gar
nicht hatte, den Kopf. »Das wird nicht geschehen, Sean.
Artus wird nicht gegen mich antreten.«
»Weil er Angst vor dir hat?«, fragte Sean spöttisch.
Weil Elben keine Elben töten, dachte Lancelot. Laut sagte er nur noch einmal und mit noch mehr Überzeugung in
der Stimme: »Es wird nicht geschehen, glaub mir. Artus
würde so wenig seine Waffe gegen mich erheben wie ich
gegen ihn. Und keiner seiner Ritter ist mir gewachsen.«
Sean sagte nichts mehr, runzelte aber die Stirn, was eine
Antwort im Grunde auch überflüssig machte, und stopfte
schweigend Unmengen von Brot in sich hinein.
»Also bereiten wir uns auf eine Belagerung vor?«, fragte
Lancelot schließlich.
»Das haben wir schon«, erwiderte Patrick. »Noch

Weitere Kostenlose Bücher