Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
aufsprang und
geduckt zu einem der großen Kessel lief, die hinter den
Zinnen aufgestellt worden waren. Das Feuer darunter
brannte schon, seit Lancelot zurückgekehrt war, aber Sean
fachte es nun zu höherer Glut an, sodass das Öl, das sich
in dem schweren Kessel befand und ohnehin schon heiß
war, binnen weniger Minuten den Siedepunkt erreichen
würde. An einem halben Dutzend Stellen der Mauer taten
es ihm andere Männer gleich, dann feuerten Artus’ Bogenschützen erneut und die Salve trieb die Krieger hastig
wieder in Deckung. Das Schicksal ihrer beiden Kameraden hatte sie Vorsicht gelehrt.
Diesmal traf nicht ein einziger Pfeil sein Ziel, aber die
Salve erreichte dennoch ihre beabsichtigte Wirkung: Die
Verteidiger blieben in Deckung und niemand wagte es,
auch nur einen Blick nach unten zu werfen.
Sean hatte jedoch ganz offensichtlich auch damit gerechnet. Er hatte einen glühenden Zweig aus dem Feuer
mitgebracht, den er nun in einem bestimmten Rhythmus
hin und her schwenkte, und es verging nur ein Augenblick, bevor ein blinzelnd rotes Auge auf einem der Türme
auf das Signal antwortete. Offensichtlich hatte der Ire einen Mann dort hinaufgeschickt, der den Bereich vor dem
Tor und den Felsenpfad aus sicherer Entfernung im Auge
behalten konnte.
Sie überstanden auch eine dritte Pfeilsalve, ohne dass es
weitere Verluste gab, doch Lancelot ließ sich davon nicht
täuschen. Artus musste so gut wie er wissen, dass dieser
Beschuss die Verteidiger nicht wirklich schwächen konnte, aber er war kein Dummkopf. Zweifellos ließ er seine
Bogenschützen nur Salve um Salve kostbarer Pfeile abfeuern, um die Verteidiger in Deckung zu zwingen, sodass
sich der Rest seiner Truppen ungefährdet der Burg nähern
konnte.
»Gleich wird es lustig!«, schrie ihm Sean zu. »Sie werden jeden Moment da sein!«
Lancelot blickte mit einer Mischung aus Verständnislosigkeit und Entsetzen zu dem Iren hin. So unglaublich es
war – Sean schien sich regelrecht auf den bevorstehenden
Kampf zu freuen ! Lancelot richtete sich behutsam hinter
seiner Deckung auf, machte einen Schritt auf Sean zu und
wurde mit einem harten Schlag gegen den Helm belohnt,
der ihn mit einer Mischung aus einem Schmerzenslaut und
einem Fluch auf die Knie fallen ließ; nur einen Augenblick, bevor der in zwei Teile zerbrochene Pfeil neben ihm
zu Boden fiel, der am unzerstörbaren Metall seiner Zauberrüstung abgeprallt war.
Lancelot klappte hastig das Visier herunter, bevor er seinen Weg auf Händen und Knien kriechend fortsetzte und
schwer atmend neben dem Iren ankam.
»Was wolltest du ausprobieren?«, fragte Sean spöttisch.
»Ob Artus’ Bogenschützen tatsächlich so gut sind, wie
man sagt, oder ob deine Rüstung auch hält, was sie verspricht?«
Lancelot ignorierte den beißenden Spott in Seans Stimme und duckte sich hastig tiefer in den toten Winkel unterhalb der Mauer, als ein weiterer Pfeilhagel auf sie herabstürzte. Auch diesmal schien keines der Geschosse sein
Ziel zu treffen – zumindest hörten sie keine Schreie mehr
– doch für Lancelot war das nur ein schwacher Trost. Mit
jeder Salve, die die Bogenschützen unten im Tal abfeuerten, kamen Artus’ Kämpfer näher und wurde die Frist, die
ihnen bis zum Beginn des eigentlichen Angriffes blieb,
kürzer. Zum allerersten Mal hatte Lancelot panische Angst
vor einer Schlacht.
Er fürchtete sich nicht davor, verwundet zu werden oder
zu sterben – das eine wie das andere war so gut wie unausweichlich, und er hatte sein Schicksal akzeptiert –, und
doch war dieser Kampf radikal anders als jeder andere,
den er zuvor ausgefochten hatte. Diesmal standen sie keinen Feinden Britanniens, Camelots oder auch nur Artus’
gegenüber. Diesmal würde es ein Bruderkampf werden
und er musste sein Schwert gegen Männer führen, die im
Grunde auf der gleichen Seite standen wie er; vielleicht
gegen Männer, mit denen er vor nicht allzu langer Zeit
Seite an Seite gefochten hatte. Warum war das Schicksal
so grausam zu ihm? Was hatte er getan, dass es ihm nicht
den allerkleinsten Ausweg ließ?
»Noch zwei oder drei Salven, schätze ich.« Sean blies
auf den Ast, den er immer noch in der Hand hielt, um die
Glut wieder neu zu entfachen und schwenkte ihn so wie
auch gerade schon einmal vor dem Gesicht. Der Späher
oben im Turm antwortete nach einem kurzen Moment,
und auch wenn Lancelot den Code nicht kannte, auf den
sich Sean und er geeinigt haben mussten, sah er doch, dass
das Blinzeln

Weitere Kostenlose Bücher