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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unangenehm auf
Händen und Gesicht spürte, fror er trotzdem entsetzlich.
Er wollte etwas sagen, irgendjemanden rufen, der ihm
einen Schluck Wasser oder wenigstens eine wärmende
Decke bringen konnte, aber seine Kehle war so ausgedörrt,
dass er nur ein gequältes Krächzen hervorbrachte, und
selbst das überstieg schon beinahe seine Kräfte.
    Dennoch schien jemand bemerkt zu haben, dass er wach
war, denn er hörte sich rasch nähernde Schritte und dann
beugte sich auch schon ein Schatten über ihn.
    Für einen ganz kurzen Moment sah ein bärtiges Gesicht
auf Dulac herab. Es verschwand zu schnell, als dass er es
erkennen konnte, aber nur einen Augenblick später erschien Gwinneth in seinem Blickfeld.
Sie wirkte übernächtigt und erschöpft. Unter ihren Augen lagen dunkle, fast schwarz wirkende Ringe, die einen
scharfen Kontrast zu ihrem ansonsten leichenblassen Gesicht bildeten. Ihre Wangen waren eingefallen und es kam
ihm vor, als hätte sie noch mehr an Gewicht verloren. Ein
neuer, bitterer Ausdruck von Schmerz und tiefer Sorge
hatte sich in ihre Mundwinkel gegraben. Als sie sich über
ihn beugte, da wirkte ihre Erleichterung durchaus echt,
aber hinter dieser Erleichterung verbarg sich ein Schmerz,
den er fast körperlich nachempfinden konnte. Sie hatte
sich umgezogen und trug nun ein einfaches braunes Kleid,
das er noch nie an ihr gesehen hatte, und ihr wunderschönes Haar versteckte sich unter einem schäbigen Tuch, das
sie zu einem engen Knoten unter dem Kinn zusammengebunden hatte.
    Ihr Gesicht war schmutzig, als hätte sie es seit Tagen
nicht gewaschen.
»Du bist endlich wach«, stellte sie fest.
Dulac konnte darauf nur nicken. In seiner Kehle wühlte
ein einziger rauer Schmerz und das Fieber hatte seine Lippen rissig und hart werden lassen. Irgendetwas an Gwinneths eigentümlicher Begrüßung alarmierte ihn jedoch.
Mühsam drehte er den Kopf auf der zusammengerollten
Decke, die ihm als Kopfkissen diente, und starrte in den
Himmel. Es hatte endlich aufgehört zu schneien und die
Nacht war jetzt so klar, dass man die Sterne fast mit den
Händen berühren zu können glaubte. Im Osten zeigte sich
bereits ein schmutziggrauer Streifen am Horizont. Dulac
schätzte, dass es nicht einmal mehr eine halbe Stunde dauern würde, bis die Sonne aufging. Er hatte die ganze Nacht
dagelegen und im Fieber fantasiert, sodass er Gwinneths
Erleichterung einerseits verstehen konnte. Auf der anderen
Seite aber waren es doch nur ein paar Stunden gewesen.
Wieder näherten sich Schritte, dann beugte sich ein wesentlich weniger hübsches Gesicht als das von Gwinneth
über ihn und betrachtete ihn einen Moment lang ernst,
aber auch sehr aufmerksam.
Schließlich nickte Sean, als wäre er mit dem, was er sah,
zufrieden, wirkte zugleich jedoch leicht irritiert. Ohne ein
Wort kniete er neben Dulac nieder, hob seinen Kopf und
seine Schultern an und setzte ihm einen Wasserschlauch
an die Lippen.
Das Wasser war so kalt, dass es im ersten Moment wie
Feuer auf seinen gerissenen Lippen brannte. Trotzdem
trank Dulac mit großen, gierigen Schlucken, bis Sean den
Schlauch zurückzog und ein Kopfschütteln andeutete.
»Du bekommst gleich mehr«, sagte er. »Aber du tust dir
keinen Gefallen, wenn du zu schnell trinkst.« Hätte Dulac
die Kraft gehabt, hätte er dem Iren den Schlauch einfach
aus der Hand gerissen, um ihn in einem einzigen Zug zu
leeren. Dennoch wusste er natürlich, dass Sean Recht hatte. Er hatte die ganze Nacht hohes Fieber gehabt und vermutlich so gut wie nichts getrunken, und wenn er jetzt
nicht vorsichtig war, dann würde er sich nur übergeben
und die kostbare Flüssigkeit wieder verlieren.
»Kannst du sprechen?«, fragte Sean.
»Nein«, murmelte Dulac.
Sean lächelte flüchtig, setzte den Wasserschlauch wieder
an seine Lippen und ließ ihn diesmal deutlich mehr trinken, ehe er ihn erneut zurückzog und demonstrativ
verknotete. Dulac folgte dem Beutel aus gegerbtem
Ziegenleder mit gierigen Blicken, bis Sean ihn hinter sich
legte, dann sah er wieder in das Gesicht des Iren hoch, und
schließlich in das Gwinneths. Sie wirkte noch immer so
erschrocken und besorgt wie zuvor, und auch der Ausdruck von Schmerz war nicht aus ihren Zügen gewichen
und Dulac begriff, dass sie Todesangst um ihn ausgestanden haben musste.
»Mir geht es gut«, flüsterte er mit unsicherer, krächzender Stimme, die seine Behauptung zu einem schlechten
Scherz werden ließ. Dennoch fuhr er fort: »Lasst mich

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