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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihn
Lancelot.
»Ja, bis vor einer kurzen Weile habe ich das auch geglaubt. Aber jetzt bin ich nicht mehr sicher.«
»Und da erwartest du eine Antwort von mir?« Lancelot
lachte. »Woher soll ich wissen, was deine Beweggründe
sind, Söldner?«
Er sah, wie sehr Sean seine Worte verletzten, und genau
das war ihr Sinn gewesen. Warum begriff dieser irische
Sturkopf nicht, dass er ganz einfach nur allein sein wollte?
»Sag mir den Grund, Lancelot«, fuhr Sean fort. »Nenn
mir auch nur einen einzigen Grund, aus dem meine Brüder
sterben mussten. Einen Grund, den ich verstehen kann.«
»Was erwartest du von mir?«, fragte Lancelot. »Dass ich
dir die Absolution erteile?« Er lachte hart. »Bestimmt
nicht.«
Sean sah ihn noch einen Moment lang traurig an, dann
nahm er die Arme herunter, aber nicht um sich umzudrehen und das Zimmer zu verlassen, wie Lancelot insgeheim
gehofft hatte, sondern um mit langsamen Schritten zum
Kamin zu gehen. Auf Armeslänge entfernt davon blieb er
stehen und ließ seinen Blick über die Klinge des Runenschwertes gleiten, das Lancelot auf den Sims gelegt hatte.
Seltsam – er konnte sich gar nicht erinnern, es aus der
Scheide genommen zu haben, sondern war im Gegenteil
fast sicher, es zusammen mit dem Waffengurt und seiner
Umhüllung dorthin gelegt zu haben, aber jetzt schimmerte
die blanke Klinge der Zauberwaffe wie ein Strahl aus erstarrtem Mondlicht auf dem Sims aus uraltem Eichenholz.
»Eine wirklich prachtvolle Waffe.« Seans Stimme war
leiser geworden und von ehrlicher Bewunderung erfüllt.
»Ein so wundervolles Stück Arbeit habe ich noch nie zuvor gesehen. So ähnlich muss Excalibur aussehen, Artus’
sagenhaftes Schwert.«
Lancelot war plötzlich froh, dass Sean das Runenschwert
ansah und nicht ihn, denn er fuhr heftig unter den Worten
des Iren zusammen. »So … ungefähr«, murmelte er.
Etwas am Klang seiner Stimme schien Sean zu alarmieren, denn er wandte den Kopf und sah ihn kurz und durchdringend an, bevor er sich wieder dem Kamin zuwandte.
Er schien noch etwas sagen zu wollen, beließ es dann aber
bei einem abermaligen Kopfschütteln – und streckte die
Hand nach dem Schwert aus.
»Rühr es nicht an!«, rief Lancelot erschrocken.
Sean erstarrte für die Dauer eines halben Atemzuges
mitten in der Bewegung, dann ließ er ganz langsam die
Hand sinken und drehte sich noch langsamer zu Lancelot
um. Er sagte nichts, aber ein sehr seltsamer, nachdenklicher Ausdruck begann sich auf seinen Zügen breit zu machen, während er immer wieder abwechselnd ihn und das
Runenschwert anstarrte. »Ist das dein Geheimnis?«, fragte
er schließlich. »Dieses Schwert? Ist es die Quelle deiner
Unbesiegbarkeit?«
»Vielleicht«, antwortete Lancelot. »Und gerade deswegen solltest du es nicht anrühren.«
Wieder sah Sean kurz zu dem Schwert hin, ehe er antwortete. »Ein Zauberschwert«, murmelte er. Dann lachte
er ganz leise und nur für einen ganz kurzen Moment. »Ich
meine: Natürlich glaube ich nicht an Zauberei, aber wenn
ich daran glauben würde …«
»… dann würdest du der Wahrheit ziemlich nahe kommen«, sagte Lancelot bitter.
Sean lachte erneut, aber seine Augen blieben ernst.
»Wenn hier wirklich Zauberei im Spiel wäre, wäre es dann
nicht ein bisschen leichtsinnig von dir, mir dein Geheimnis so einfach anzuvertrauen? Ich könnte dieses Schwert
nehmen und dich einfach damit erschlagen.«
»Und warum tust du es nicht?«, fragte Lancelot. »Vielleicht würdest du mir einen Gefallen damit erweisen.«
»Vielleicht«, sagte Sean. Dann wurde er ernst und seine
Stimme leiser. »Aber mir selbst nicht, vermute ich.«
»Vermutlich«, bestätigte Lancelot. »Doch du hast es ja
selbst gesagt: Du glaubst nicht an Zauberei. Wenn du einen Rat von mir haben willst, Ire: Bleib dabei. Es macht
das Leben einfacher, glaub mir.«
Sean sah ihn nachdenklich an. Wieder löste sich sein
Blick für einen kurzen Moment von Lancelots Gesicht und
tastete über den armlangen Strahl aus eingefangenem
Mondlicht auf dem Kaminsims, bevor er sich wieder an
ihn wandte: »Und was soll ich jetzt Gwinneth sagen?«
»Gwinneth?« Die Frage überraschte Lancelot trotz allem. Er zuckte mit den Schultern. »Was immer du willst.
Am besten nichts. Oder denk dir irgendetwas aus, wenn du
dich schon dazu berufen fühlst, den Liebesboten zu spielen.«
Er konnte hören, wie Sean hinter ihm scharf die Luft
einsog, und spannte sich ganz instinktiv. Dann wurde ihm
klar, wie bitter Unrecht er dem Iren

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