Runenschwert
könnten einen Führer gebrauchen.«
Sie rümpfte die Nase. » Dazu braucht ihr Olvar nicht. Ich gehe mit euch.«
» Vielleicht wäre das deiner Mutter nicht recht«, wandte Radoslaw ein. » Wenn du gleich mit zwei hübschen Männern losziehst, noch dazu mit solchen Draufgängern wie wir, könnte man das für leichtsinnig halten.«
Svala sah ihn von oben bis unten an. » Leider ist sie tot. Aber wenn ich mit zwei Männern, wie du sie beschreibst, losgezogen wäre, dann hätte sie wohl Bedenken gehabt. Aber hier ist ja nur ein Junge und ein Schlappsschwanz mit einer Tätowierung über der Nase.«
Ich wollte gerade empört aufbrausen, aber Radoslaw warf den Kopf zurück und brüllte vor Lachen. Schließlich sah ich es ebenfalls von der komischen Seite, und lachend zogen wir zu dritt los, um uns mit Bruder Johannes und Finn zu treffen und in die Stadt zu gehen.
Und das war, selbst im milden Glanz der Erinnerung, der letzte wirklich schöne Tag, den ich erlebte.
KAPITEL 7
Der Junge lag zwischen sauberen Laken auf einer Pritsche in einem schattigen Raum, dessen Tür von Weinlaub umrankt war. Das Haus lag am Ende einer schönen Prachtstraße, die so still war, dass wir unwillkürlich ebenfalls schwiegen und das Geräusch einer auffliegenden Taube genügte, um uns zu erschrecken.
Ein Bediensteter in einer roten Tunika nahm uns in Empfang. Er erklärte, dass in diesem Haus, das durchdringend nach Gewürzen roch, heilkundige Araber – die er als saydalani bezeichnete – ihre Elixiere herstellten. Einige dieser Gerüche erkannten wir, andere waren uns neu. Bruder Johannes nannte ihre Namen – Moschus, Tamariske und Nelken, und ein ganz besonders scharfes Aroma nannte er aconitum.
Jetzt behandelten die Chirurgen hier die Verwundeten der Armee, und einer dieser Knochenbrecher sah uns von oben bis unten an, ehe er uns widerwillig einließ, um den Jungen zu besuchen, aber nur unter der Bedingung, dass wir weder ihn noch seine Wunde noch sonst etwas anrührten.
Bruder Johannes fragte, was er mit ihm gemacht habe, und der Mann, ein grauhaariger Alter mit einem Gesicht wie Leder, sagte, er habe eine Röhre aus einem Gänsekiel in die Wunde eingeführt, um die Flüssigkeit, die sich gesammelt hatte, abzuleiten. Die Lunge würde von allein heilen, meinte er, dazu brauche es nur Zeit und Ruhe.
» Aber der Eiter dient doch der Heilung«, sagte der Priester aufgebracht. » Ihr bringt den Jungen um, wenn ihr ihn abfließen lasst. Der Eiter muss drinbleiben.«
Der Chirurg sah Bruder Johannes an, die schäbige Hose, die schmutzige Tunika, das wirre Haar und den ungepflegten Bart.
» Ich habe Galens Tegni und die Aphorismen des Hippokrates gelesen«, sagte er. » Außerdem habe ich das Liber Febris des Isaak Judaeus studiert. Du auch?«
Bruder Johannes sah ihn trotzig an. » Ich habe ihm die Pfeilspitze herausgeschnitten.«
Der Chirurg nickte, dann lächelte er. » Das hast du gut gemacht, aber heidnische Gebete und Gesänge tragen nichts zur Heilung bei. Und das nächste Mal solltest du die Klinge vorher gut reinigen oder erhitzen. Wenn ihr wollt, dass der Junge am Leben bleibt, lasst mich tun, was ich am besten kann.«
Bruder Johannes murmelte etwas, doch dann legte sich sein Ärger, und wir gingen in den stillen, schattigen Raum, wo ein paar genesende Soldaten saßen und sich leise unterhielten. Bei unserem Eintreten sahen sie auf, und einige von ihnen riefen Svala einen Gruß zu, doch sie grinste nur.
Der Junge schlief, doch beim Atmen rasselte es nicht mehr, und obwohl seine geschlossenen Augenlider noch blau waren, schien er doch insgesamt etwas mehr Farbe zu haben als vorher.
Wir unterhielten uns eine Weile mit den Soldaten und hofften, er würde irgendwann aufwachen, aber er schlief weiter. Stattdessen schilderten uns die Soldaten, wie die Armee der Großen Stadt auf eine große Anzahl arabischer Reiter und Fußsoldaten gestoßen war, die entschlossen waren, Antiochien zu verteidigen. Es war ein kurzer, aber blutiger Kampf gewesen.
Ein armenischer Bogenschütze namens Zifus, dessen Bein in einer Schlinge hing, sagte, es sei schon das zweite Mal, dass er Antiochien eingenommen hätte, und dass dies schätzungsweise schon der zehnte Krieg sei, den die Große Stadt gegen die Araber führte. Doch immer wieder war es den Hamdaniden von Mosul und Aleppo gelungen, Antiochien zurückzuerobern.
» Aber diesmal geht Rotstiefel aufs Ganze«, bemerkte Zifus. » Er hat gehört, dass es mit der Gesundheit des alten Saif
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