Runenschwert

hat sich in die Hände des Jarls begeben und den Schwur getan.«
    » Macht es dir nichts aus, wenn Kirchen ausgeraubt werden, Bruder Johannes?«, fragte ich, denn ich war überrascht, wie unbekümmert er darüber hinwegging.
    » Es würde mir etwas ausmachen, wenn es richtige Klöster wären, wie wir sie früher hatten«, erwiderte er, » aber dies sind nur leere Hüllen des Glaubens, vollgestopft mit dem sauren Brot der falschen Lehre. Lucri bonus est odor ex re qualibet, wie Jarl Brand sicher sagen würde, wenn er Juvenal kennen würde.«
    Ich hatte diesen Juvenal ebenfalls nie kennen gelernt, sein Spruch klang aber wie das Motto eines guten Wik-Jarls: » Gewinn riecht aus jeder Ware gleich gut«. Bruder Johannes half mir beim Aufstehen und ging mit mir zu unserem Zeltlager zurück, während mir der Kopf dröhnte und ich darüber nachdachte, wie wir einigermaßen sicher hier fortkommen konnten, ehe wir von allen Seiten von Feinden umstellt waren.
    Wir verbrannten Ivar Gautr nach dem ostnordischen Ritus, denn in der Hitze fing er bereits an zu stinken. Der Ziegenjunge stand neben mir, er war noch immer blass und bewegte sich nur vorsichtig. Er zitterte, als Brands und Skarpheddins Männer, die ebenfalls Ivars Witze zu schätzen gewusst hatten, Holz zusammensuchten und aufschichteten.
    Die griechischen Priester waren natürlich erbost darüber, dass jemand, der mit dem Kreuz der Christen gezeichnet worden war, wie ein Heide verbrannt werden sollte – und wir gaben ihnen recht, denn auch wir hätten ihn gern ordentlich begraben, in seiner Rüstung und mit Waffen. Aber in der Nacht würden die kameltreibenden Grabräuber kommen, denn die Waffen waren ein Vermögen wert, selbst wenn wir sie in drei Teile zerbrachen.
    Also standen wir an dem ölgetränkten Scheiterhaufen und schickten Ivar mit einem Funkenregen in Hels Reich.
    » Ich war auch schon fast dort«, flüsterte der Junge und ich drückte sanft seine Schulter, denn ich merkte, wie das Entsetzen ihn packte. Sein Herz schlug wie ein wild flatternder Vogel im Käfig.
    » Du bist aber nicht dort, den Göttern sei Dank.«
    Er sah zu mir hoch. » Woher nimmst du den Mut, dem Tod ins Auge zu sehen, Händler?«
    Was für eine Frage, und ich dachte im Stillen: Wenn es mir einmal gelungen sein wird, werde ich es dir sagen. Aber der Junge brauchte dringend einen schützenden Zauber, und den gab ich ihm. Ich nahm den Thorhammer, den ich um den Hals trug und den schon mein Vater getragen hatte, als ich an den Mauern von Sarkel seinen blutüberströmten Kopf aus dem Schlamm gehoben hatte. Ich hatte ihm den Hammer abgenommen, ehe die Plünderer seine Leiche fanden.
    » Das ist das Beste, was es gibt, um einem Mut zu machen«, sagte ich und streifte ihm die Lederschnur über den Kopf. Er befühlte das Amulett, das einem Christenkreuz zum Verwechseln ähnlich war, und runzelte die Stirn.
    » Das kann ich nicht annehmen. Brauchst du es nicht selbst?«
    Ich zog meine herrliche wasserhelle Klinge ein Stück aus der Scheide. » Das hier ist noch mächtiger, aber für dich noch zu schwer zum Tragen. Nimm du nur das Amulett.«
    Er umklammerte es mit seiner kleinen Hand und grinste, alle Furcht war verschwunden. Das war bereits der Zauber. Vielleicht war der Rotbart ja wirklich in dem Amulett.
    Finn und die anderen wollten einen Gedenkstein für Ivar aufstellen, aber es gab keinen, der geeignet war, außerdem gab es im Umkreis von tausend Meilen niemanden, der die Kunst des Runenschneidens beherrscht hätte – ich selbst bin im Leben nur einem solchen Meister begegnet und daher bezweifle ich, dass es auf der ganzen Welt auch nur hundert davon gibt. Und jetzt sind es wahrscheinlich noch weniger.
    Schließlich nahmen sie den kleinen Eldgrim, der bei Runen die wenigsten Fehler machte, mit nach Antiochien und ließen ihn dort Ivars Namen in den Türpfeiler einer Kirche ritzen, während die Priester missbilligend die Bärte schüttelten und drohten, die Wachen zu rufen.
    Finn sagte, es sei das Wenigste, was ein Christenmensch für Ivar tun konnte. Er sei zusammen mit uns allen ins Wasser getaucht worden und war einen sinnlosen Tod gestorben. Da durfte man doch seinen Namen in eines ihrer Gotteshäuser einritzen. Schließlich gab es ja genug davon.
    Ich erinnerte sie daran, dass, falls dieser Christus ihn nicht aufnehmen würde, Hel es bestimmt tun würde, und ihre Halle war wie sie selbst, teils schrecklich, teils schön. Diejenigen, die durch Krankheit oder an Altersschwäche starben,