Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
Nein, irgendwie musste sie es anders schaffen, mit diesem Monstrum fertig zu werden.
Sie sprang erneut auf den Maugrim zu, duckte sich unter dessen zuschnappenden Kiefer hindurch und verbiss sich in einem seiner Vorderbeine. Sie spürte einen dumpfen Schmerz, als sich die Fresswerkzeuge des Käfers über ihr in einen ihrer Hornzacken auf dem Rücken vergruben und ihn zermalmten. Ihre Zähne durchtrennten das Bein des Maugrim dicht unter dem Bauchansatz. Ein ohrenbetäubendes Kreischen erfolgte als Antwort. Der Maugrim knickte ein und lockerte dabei kurz seinen Kiefer. Jahanila riss sich los. Erneut wirbelte ihr Schwanz herum, diesmal um den bereits unsicher stehenden Käfer von den Beinen zu fegen. Er traf seinen Gegner wie ein Keulenschlag. Der Maugrim wankte am Rand des Steinwegs, dann aber schnappte er nach Jahanilas Schwanz und riss sie mit sich. Laut platschend landeten beide im Wasser der Zisterne.
Der leicht ranzige Geruch des Ölfilms, der sich sofort auf Jahanilas Haut legte, drang ihr in die Nüstern, wurde aber von dem stechenden Schmerz in ihrem Schwanz verdrängt, in den sich der Maugrimkäfer verbissen hatte. Das Gefühl, diesem Ungeheuer ausgeliefert zu sein, machte sie rasend. Ihre Krallen fegten wild über die Panzerplatten des Gegners, aber ohne ihm irgendeine Verletzung zufügen zu können. Dessen Fresswerkzeuge packten immer härter zu. Blut spritzte dem Käfer zu beiden Seiten aus dem Maul. Jahanila konnte regelrecht sehen, wie er sie verstümmelte, wie ihr Drachenschwanz durchtrennt und blutige Fäden durch das Wasser ziehend, auf den Boden der Zisterne sank. Sie nahm alle Kraft zusammen, die sie aufbringen konnte, öffnete ihr Maul und schleuderte ihrem Gegner einen Fluch entgegen, dessen Magie ihn für einen kurzen Moment lähmen sollte. Sie wusste nicht, ob der Zauber stark genug sein würde, da sie gleichzeitig noch ihre Drachengestalt aufrechterhalten musste – außerdem war der Käfer größer als jedes andere Wesen, an dem sie diesen Zauber bisher angewendet hatte. Aber sie hatte Glück. Seine Kiefer verharrten still, ohne sich weiter in ihr wie Feuer brennendes Fleisch zu senken. Der monströse lebendige Felsen stand völlig regungslos im Wasser.
Jahanila löste ihren blutenden Schwanz aus den Kiefern des Maugrim. Er war beinahe zur Hälfte durchtrennt. Sie war kaum frei, als sich der Käfer bereits wieder zu rühren begann. Jahanila wirbelte herum. Das ölige Wasser der Zisterne spritzte auf. Sie konnte spüren, dass die beiden Temari immer noch dort lauerten, wo sie in Deckung gegangen waren.
»Jetzt!«, brüllte sie. »Schieß ins Wasser! Schieß!«
Der Maugrim versperrte ihr den Weg zum Steinsteg. Sie schnappte mit ihren Reißzähnen und Klauen nach dessen Kopf, den er schnell zur Seite drehte. Eine gleißende Sternschnuppe schwirrte in einem hohen Bogen durch die dämmerige Halle. Jahanila hechtete an dem Maugrim vorbei, bevor er sich ihr wieder zuwenden konnte. Gleichzeitig tauchte der brennende Pfeil in das Wasser der Zisterne ein. Ein dumpfes, schmatzendes Geräusch wie das Herausziehen eines Korkens aus einer Weinflasche ertönte. Die Flammen der untergegangenen Sternschnuppe breiteten sich kreisförmig auf der Wasseroberfläche aus. In Windeseile rasten sie auf die beiden Kämpfenden zu.
Jahanila erreichte den Steg und wälzte sich auf den Steinboden. Nur undeutlich nahm sie wahr, wie es beinahe taghell in der Halle wurde. Hinter ihr brandete ein grässliches Kreischen auf. Mühsam drehte sie sich um. Der Maugrimkäfer stand mitten im Wasser der Zisterne und brannte lichterloh. Bläulich schimmernde Flammen schossen an seinen Beinen empor und leckten an der Oberfläche seines Panzers entlang. Er schwankte und knickte erneut dort ein, wo Jahanila ihm eines seiner Beine abgetrennt hatte.
Sein Kopf, der nun ebenfalls in Flammen stand, ruckte wie irrsinnig hin und her, und aus seinen kochenden Netzaugen quoll Dampf. Hinter ihm tanzte sein riesiger Schatten an der Wand der Halle, ein verzerrtes Abbild seiner Selbst, ebenso schreckenerregend wie das schrille Kreischen, mit dem er die Zisterne erfüllte. Inzwischen brannte die gesamte Wasseroberfläche der unterirdischen Halle. Eine Hitze wie im Inneren eines Backofens breitete sich aus.
Jahanila lag nach Atem ringend auf dem Steinweg inmitten der hochschlagenden Flammen. Sie rappelte sich mühsam auf, während der Maugrimkäfer endgültig zusammenbrach. Seine wilden Schreie verklangen zu einem hohlen Pfeifen, das dünner
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