Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
Taimarán machte Nörelja zu seiner Frau, ohne dass der eifersüchtige Zwergenherrscher es hätte verhindern können, und auch die Tarnkappe nahm er an sich. Mit ihrer Hilfe wurde er zum Herrn der nördlichen Steppe, denn niemand konnte ihn besiegen, wenn er unsichtbar wie der Wind auf seinem Pferd in die Schlacht ritt.
Der geschlagene Baldarian aber verfluchte die Rosen im Garten seiner Tochter, die ihn verraten hatten. Kein Auge sollte mehr ihre Schönheit sehen, weder bei Tag noch bei Nacht. Als Nörelja dies erfuhr, war sie tief betrübt, denn dieser Garten war der Ort, an dem sie ihren geliebten Taimarán kennengelernt hatte. Sie konnte den Fluch ihres Vaters nicht aufheben, aber die Kraft ihrer Liebe war dazu in der Lage, ihn abzumildern. Baldarian hatte nämlich die Dämmerung vergessen. Daher ist es bis auf den heutigen Tag so, dass am Fuß der Bergwand des Yulgunai manchmal zur Abendzeit der Schein der unsichtbaren Rosen erglüht. Dieses Leuchten an dem Ort, an dem sich einst Nöreljas Garten befand, weist den Weg zum alten Eingang in die Festung. Ich kann euch nicht sagen, ob er geöffnet werden kann, oder ob die Zwerge ihn längst von innen blockiert und aufgegeben haben. Aber wenn ihr die Langbärte finden wollt, damit sie euch einen Weg durch die Schwarzen Fänge weisen, dann könnt ihr hoffen, sie an diesem Ort zu finden. – Wollt ihr immer noch dorthin?«
Nach einigem Zögern hatten Pándaros und Deneb beinahe gleichzeitig genickt. Der Gedanke, die Steppen nicht zu Fuß, sondern auf Pferden zu durchqueren, war verlockend. Wenn sie tatsächlich in jenem Tal, von dem Watanja gesprochen hatte, auf Zwerge treffen mochten, standen ihre Spielsteine für ein Weiterkommen nach Felgar nicht schlecht. Aber diese Entscheidung hatten sie in einem warmen Callab getroffen, und hier draußen in der Wildnis fragte sich Pándaros immer häufiger, ob sie ihrem Glück nicht vielleicht ein wenig zu sehr vertraut hatten.
Das Licht des Nachmittags nahm später ab, als in den Tagen zuvor, da die Sonne kurzzeitig zwischen den Wolken erschienen war und den ständigen Schneefall für die Dauer ihres Aufenthalts ausgesetzt hatte. Sie tauchte die verschneite Welt in ein atemberaubendes Funkeln aus zahllosen glitzernden Schneekristallen. Nachdem die Hügel mit jedem weiteren Tag in Richtung Norden immer mehr angestiegen waren, gelangten die Reiter schließlich in ein Tal, das von steil emporwachsenden Hängen flankiert wurde. Direkt vor ihnen lag das Ende ihrer Reise durch die Steppen, eine hohe dunkelgraue Granitwand, durchzogen von weiß schimmernden Vorsprüngen, in denen sich Schnee gesammelt hatte. Inzwischen hatten sie sich ihr so weit genähert, dass sie den Horizont völlig ausfüllte. Jenseits der Hügel zu ihrer Rechten und Linken konnten sie weitere Berge ausmachen, doch jener, auf den sie direkt zuhielten, erschien ihnen größer als alle anderen. Ein schroffer Riese blickte da schweigend auf sie herab, während ihre Pferde geduldig durch den tiefen Schnee trabten und sich Huf um Huf der steilen Felswand näherten.
Deneb legte seinen Kopf in den Nacken und sah hinauf zum verschneiten Gipfel des Berges. Mit etwas Vorstellungskraft ließ sich tatsächlich ein Gesicht in den schroffen Felsen erkennen, der Schädel eines weißhaarigen alten Mannes mit einem langen Bart aus Eis und Schnee.
»Yulgunai«, erklang neben ihm Tirianuks Stimme. Ehrfurcht lag in ihr. Ein schneller, leiser Strom von Worten ergoss sich aus seinem Mund, während er seinen Kopf senkte.
»Was hast du eben gesagt?«, wollte Pándaros wissen.
Tirianuk antwortete erst, als er nach einem Moment des Schweigens wieder aufsah. »Ich Yulgunai gebeten, nicht böses Auge auf uns werfen. Wenn er zornig, er schüttelt Haupt. Menschen sterben.«
»Großartig«, brummte Deneb missmutig. »Das hat uns gerade noch gefehlt. Ein wütender Berg, der uns mit einer Lawine erschlägt.«
Ein scharfer Blick seines Freundes brachte ihn zum Schweigen. Tirianuk klang ungehalten, als er weitersprach: »Du ihn nicht machen zornig! Du ihn nicht kennen, aber wir gut kennen Yulgunai. Der Yasgürai uns gesagt, euch ins Hundsrosental bringen. Wir hier, aber wir nicht bleiben. Wenn Nacht kommt, wir reiten fort. Yulgunai wacht auf, wenn dunkel.«
»Das hier ist also das Hundsrosental.« Pándaros ließ seinen Blick über die verschneiten Büsche schweifen, die inzwischen zu beiden Seiten den letzten Teil ihres Weges zum Fuß des Berges säumten. Der Weg durch das Tal hatte
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