Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
sich allmählich in einen Hohlweg verwandelt, der etwa alle fünfzig Fuß eine scharfe Biegung nahm. »Es erinnert mich mehr an einen Irrgarten als an einen Ort voller Rosenbeete.«
»Ich lange nicht hierher gekommen«, sagte Tirianuk. »Ich junger Mann zuletzt. Niemand kommt gern hierher. Tal voller Geister. Aber ich kenne Geschichte. Ich weiß, wo Geschichte sagt, dass Eingang in Berg.«
»Aber du hast den Eingang niemals selbst gesehen, oder?«, fragte Pándaros. »Oder irgendein anderer aus deiner Sippe?«
Tirianuk schüttelte bedauernd den Kopf.
Schließlich öffnete sich der Hohlweg trichterförmig mehr und mehr zu einer weiten Fläche, die sich nach Osten und Westen etwa jeweils eine halbe Meile in jede Richtung erstreckte, bis sie von den Hängen des Hundsrosentals umfriedet wurde. Vor ihnen im Norden ragte die zerklüftete Wand des Schneebartes in die Höhe. Ein eisiger Wind hatte sich in dem Tal gefangen und zerrte an ihren Kleidern. Deneb schlang zähneklappernd die Arme um seinen Oberkörper.
»Wir da!«, verkündete Tirianuk. »Hier könnt ihr nach Eingang suchen. Wir kehren um, wenn Nacht kommt. Wenn ihr wollt, ihr kommt mit zurück zu Callab.«
Pándaros stieg von seinem Pferd ab und versank sofort bis zu den Knien im tiefen Pulverschnee. Mit geraffter Robe stapfte er mühsam die wenigen Meter, die ihn noch vom Fuß des Berges trennten, zu der Felswand empor. Seine bloßen Hände fuhren über den schneidend kalten Stein und tasteten den Granit ab. Etwas Schnee, der sich in den Spalten gefangen hatte, rieselte zwischen seinen klammen Fingern hindurch. Nirgends war auch nur die Spur eines Tores zu entdecken.
Ein verzweifeltes Lachen schwoll in Pándaros’ Kehle an. Wie hatte er nur so unglaublich naiv sein können, zu glauben, er würde binnen kurzem den Eingang in den Berg finden! Eigentlich hätte er es wissen müssen, aber wie so oft in den Tagen seit ihres überstürzten Verschwindens aus dem Orden hatte er alle Bedenken verdrängt und einfach gehandelt. Sie würden niemals bis Sonnenuntergang alles nach einer geheimen Tür absuchen können, und bei Einbruch der Nacht würden die Nomaden umkehren.
Den Männern stand die Angst vor dem grauen Riesen vor ihnen jetzt schon überdeutlich ins Gesicht geschrieben. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als wieder umzukehren.
Das bittere Lachen, das er sich eigentlich hatte verkneifen wollen, brach nun doch aus ihm heraus. Es hallte hohl und unheimlich durch das stille Tal. Ein paar Krähen flogen von einem nahen Strauch auf und kreisten schimpfend über den Reitern. Deneb sah seinen Freund fassungslos an. Auch die Nomaden beobachteten ihn unruhig und murmelten leise in ihrer Sprache miteinander. Pándaros war es egal. Er lachte noch weiter, selbst als er fühlte, dass er Seitenstechen bekam.
»Kannst du uns bitte einmal verraten, was eigentlich so komisch ist?«, wollte Deneb wissen.
»All... alles hier!«, brach es aus Pándaros heraus. Er bemerkte, dass ihm Tränen der Verzweiflung in die Augen schossen, aber er lachte weiter. »Das ist das Ende unserer Reise. Der lange Weg nach Norden ist umsonst gewesen. Diese verfluchte Felswand erstreckt sich Hunderte von Fuß in beide Richtungen. Hast du eine Idee, wie wir den Eingang zu der Zwergenfestung finden sollen, bevor wir erfroren sind – wenn es ihn überhaupt noch gibt?«
Deneb stieg ebenfalls von seinem Pferd. Er kämpfte sich durch die Schneewehen zu Pándaros vor und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wir haben doch von Anfang an gewusst, dass es schwierig werden würde, oder? Wir haben einfach nur beschlossen, nicht daran zu denken.«
Das unheimliche Lachen seines Freundes verstummte. »Was willst du damit sagen, hm? Dass du plötzlich beschlossen hast, dem Schicksal zu vertrauen? Alle Geister, weißt du nicht mehr, dass du derjenige warst, der an der Fährstation nicht mehr mit mir weiterreisen wollte?«
»Ich hätte im Leben nicht geglaubt, dass wir jemals soweit kommen würden«, erwiderte Deneb ruhig. »Und doch sind wir hier. Also glaube ich auch, dass wir diesen Eingang finden werden.«
Pándaros senkte seine Stimme, so dass nur der Archivar dicht vor ihm sie vernehmen konnte. »Warum willst du unbedingt sterben? Weil wir den Jungen nicht wirklich retten konnten? Weil wir seinen glücklichen Vater angelogen haben, damit er uns weiter helfen würde?«
Ein verletzter Ausdruck erschien auf Denebs Gesicht. Seine Hand löste sich von Pándaros’ Schulter. »Sag so etwas Hässliches
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