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Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Titel: Runlandsaga - Die Schicksalsfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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das Steuerrad und wirbelte es herum. Die Tjalk drehte sich aus dem Wind, das Hauptsegel begann laut knatternd zu killen. Sofort verlor die Suvare Geschwindigkeit.
    Teras war bereits zum Mast gelaufen. Er brauchte keinen Befehl von seinem Khor, um zu wissen, was sie von ihrer Mannschaft erwartete. Nur einen Moment später standen auch die beiden anderen Seeleute neben ihm.
    »Was meinst du damit – das Meer ist zu Ende?«, rief Calach zu Daniro hinauf. »Zu Ende wie ... wie in den alten Legenden?«
    »Keine Zeit für Fragen«, wehrte Teras ab. »Holt das Segel ein.«
    Gemeinsam folgten sie der Anweisung ihres Bootsmanns. Daniro kam zu ihnen herabgeklettert. Hektische rote Flecken blühten auf den Wangen seines ansonsten aschfahlen Gesichts. »Alle Geister, das glaubt ihr nicht, wenn ihr’s nicht mit eigenen Augen gesehen habt. Es sieht aus wie ein riesiger Wasserfall, so weit wie der verdammte Horizont, und wir hielten genau darauf zu.«
    Teras packte ihn hart am Kragen. »Bist du dir sicher? Du bist nicht eingeschlafen oder so was? Wenn man ständig auf die offene See stiert, kann einem die Einbildung schnell Streiche spielen.«
    Daniro riss sich los. »Ich weiß, was ich gesehen hab, Bootsmann«, entgegnete er aufgeregt und beinahe entrüstet. »Kletter rauf und schau selbst, wenn du mir nicht glaubst.«
    Bevor Teras auch nur einen Fuß auf die Strickleiter setzen konnte, die zum Krähennest führte, war ein Schatten an ihm vorbeigehuscht und setzte einen Fuß nach dem anderen die Sprossen hinauf. Neria hatte bisher nie den Ausguck erklommen. Von dort oben war der Anblick des Meeres, das sich in alle Richtungen ausdehnte, schier atemberaubend. Nun aber hatte Neugier ihre Angst vor riesigen Flächen ohne Deckung besiegt. Ohne nach unten zu blicken setzte sie mit fest zusammengebissenen Zähnen einen Fuß vor den anderen, bis sie endlich das Krähennest erreicht hatte. Der Wind riss an ihren Haaren und wehte sie ihr ins Gesicht, so dass sie Mühe hatte, die Sprossen zu erkennen. Sie zog sich an dem Geländer empor, das den Mast umgab und gerade soviel Platz ließ, dass man aufrecht stehen konnte. Die eisige Kälte des Metalls biss schmerzhaft in ihre Finger. Mit beiden Händen warf sie ihre Haare zurück und hob den Kopf.
    Was sie sah, ließ sie beinahe das Bewusstsein verlieren. Ihr wurde schwindelig, und die Suvare schien sich zu drehen. Nur mit Mühe gelang es ihr, nicht den Kopf vor dem abzuwenden, was sie vor der Tjalk in der einbrechenden Nacht erkennen konnte. In einigen Meilen Entfernung war die nördliche See zu Ende. Die Wasserfläche sah aus, als wäre sie einfach mittendurch geschnitten. Dahinter gähnte die Schwärze des Weltraums. Die Wellen rollten auf den glatten Rand zu und stürzten über ihn hinweg in die Tiefe. Dicht darüber hing Dunst in der frostigen Luft. Die Grenze dehnte sich aus, so weit die Voronfrau sehen konnte. Fremdartige Sternbilder zogen jenseits davon ihre Bahnen durch die Nacht. Der Anblick dieses wahrhaftigen Randes der Welt hatte die Wirkung eines Bannspruchs. Er war so schier unfassbar, dass sich Nerias Geist selbst nach längerem Betrachten noch immer weigern wollte, zu glauben, was sich da in der Ferne erstreckte.
    »Wie ist es?«, hörte sie wie von weitem Teras zu ihr hinaufbrüllen. »Redet Daniro Unsinn oder nicht?«
    »Er hat recht«, murmelte sie, wie zu sich selbst, bevor ihr Verstand wieder einsetzte und sie laut schrie: »Er hat recht!«
    Mit weichen Knien machte sie sich an den Abstieg. Verflucht, war das knapp gewesen! Wenn Daniro nicht seine Warnung gerufen hätte, wäre die Tjalk schnurgerade über den Rand der Welt gefahren.
    Der Rand der Welt , höhnte eine Stimme in ihrem Inneren. Hörst du dir eigentlich selbst zu? Das ist doch nur eine Sinnestäuschung!
    Nein, das war es nicht. Es war so echt, dass es einem den Verstand zu rauben drohte. Diese Grenze war nicht für die Gegenwart von Menschen geschaffen.
    »Wir hätten niemals hierher kommen dürfen«, murmelte sie dumpf und mit gesenktem Kopf. Sie war wieder auf Deck angekommen. Die Männer scharten sich aufgeregt um sie. Suvare drängte sich von hinten an ihnen vorbei.
    »Ist es tatsächlich der Rand der Welt?«, wollte sie wissen. »Sieht er aus wie in den Geschichten?«
    Neria nickte. Alle Worte, die hätten beschreiben können, was sie dort oben gesehen hatte, zerrannen ihr nutzlos zwischen den Zähnen. »Schaut ihn euch selbst an. Daniro hat recht: Das glaubt ihr nicht, wenn ihr es nicht mit eigenen

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