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Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Titel: Runlandsaga - Die Schicksalsfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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in sich hineinhörte, fühlte sie sich nicht geleitet – weder von Talháras noch von irgendeiner anderen Macht. Stattdessen hatte sie die Empfindung, dass sie völlig ziellos auf dieser endlosen grauen Weite des Meeres dahintrieb und dass die Suvare unter dem nicht enden wollenden Dämmerhimmel aus der Zeit herausgeworfen worden war.
    Dieses bedrückende Gefühl verstärkte sich noch in den folgenden Tagen, deren Verlauf die Mannschaft nur anhand des ständigen Umdrehens der Sanduhr in Suvares Kajüte messen konnte. Es ließ sich nicht mehr leugnen, dass die Tjalk auf dem Meer in eine Gegend vorgedrungen war, die nicht mehr den Gesetzen der Zeit unterlag. Der Wind verhielt sich ebenso unveränderlich wie die Dämmerung. Er wehte beständig aus derselben Richtung und bewegte das Schiff auf den ruhigen Wellen vorwärts – nach Norden, wie Suvare tief in ihrem Inneren überzeugt war.
    Mehr als ein Mitglied der Mannschaft fragte sich inzwischen, ob sie vielleicht von den Serephin oder einer anderen übelwollenden Macht dazu verflucht worden waren, weiter und weiter die endlose See zu durchqueren, ohne jemals ein rettendes Ufer zu erreichen.
    Irgendwann würden ihre Vorräte verbraucht sein, und die Tjalk würde bis ans Ende aller Zeit mit ihren verhungerten Leichen an Bord das Meer kreuzen. Suvare stieg immer wieder in den Bauch ihres Schiffes, um die Fässer mit dem Süßwasser und der Verpflegung selbst zu überprüfen. Noch war weniger als die Hälfte verbraucht, aber sie fragte sich, was sie tun sollten, wenn sie nur noch soviel Vorräte besitzen würden, um gerade noch nach Runland umzukehren – wenn es ihnen jemals gelingen sollte, dieses Gebiet der ewigen Dämmerung zu verlassen.
    Mit der Zeit wurden alle immer schweigsamer und zogen sich in ihre eigene Gedankenwelt zurück. Jeder redete nur noch das Nötigste mit den anderen. Die Einzigen, die sich noch an Deck aufhielten, waren der wechselnde Ausguck und Suvare oder Torbin, die sich gegenseitig am Steuer ablösten. Neria, die von der Mannschaft die Geschichten über Geisterschiffe gehört hatte, war es schließlich, als sei sie selbst in eine dieser Erzählungen geraten. In ihren Augen hatten sie alle sich in Gespenster verwandelt, die wortkarg und mit stumpfen Blick ihre täglichen Aufgaben an Bord erfüllten, während die Tjalk wie das Totenboot aus den Legenden über das sonnenlose Meer fuhr – aber ohne jemals das Sommerland zu erreichen.
    Für die Voronfrau kam der unerwartete Schrei von Daniro aus dem Krähennest daher wie ein erlösender Stoß, der sie alle ruckartig wieder in die Zeit und ins Leben warf.
    »An Deck! Alle an Deck!«
    Suvare und Neria hielten sich in der Khorskajüte auf, als sie den Schiffszimmermann hörten. Neria erhob sich überrascht aus ihrem Stuhl. »Was hat das zu bedeuten?«, wunderte sie sich.
    »Wenn er Land oder ein anderes Schiff sähe, würde er es ausrufen«, antwortete Suvare. Sie öffnete die Tür und trat an Deck.
    Neria, die ihr folgte, hörte Schritte und Stimmengewirr. Sie war so damit beschäftigt, auf die sich nähernde Mannschaft zu achten, dass ihr nicht auffiel, wie sehr das schwindende Licht abgenommen hatte. Erst auf den zweiten Blick bemerkte sie die Sterne am Himmel. »Seht nur«, rief sie und deutete nach oben.
    Suvare hob den Kopf. Einzelne weiße Punkte schimmerten kalt in der anbrechenden Dunkelheit. Selten zuvor hatte sie sich über die nächtlichen Lichter so gefreut wie in diesem Moment. Sie hingen über ihnen wie eine Versicherung, dass sie alle weiterhin am Leben waren, dass sich die Tjalk noch immer durch die Zeit bewegte, auch wenn deren Verlauf sich erschreckend verändert hatte.
    »Die Dämmerung ist vorbei!«, schrie Torbin erleichtert, der mit Teras und Calach aus dem Bauch der Tjalk geklettert war. »Wenn wir Sternbilder sehen können, finden wir auch wieder nach Runland.«
    »Ay, das ist ein gutes Zeichen!«, gab Suvare zurück. »Aber so schnell kehren wir nicht um. Wir haben ...«
    »Beidrehen«, ertönte es von oben. Daniro winkte hektisch vom Ausguck, um die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu lenken. Er beugte sich dabei so weit vor, dass er fast herunter fiel. »Sofort beidrehen!«, kreischte er mit sich vor Aufregung überschlagender Stimme.
    »Was ist denn los?«, schrie Teras.
    »Da – da vorne ist das Meer zu Ende! Nicht weiterfahren!«
    Sofort stieß Suvare Calach und Torbin, die ihr im Weg standen, zur Seite und rannte in Richtung Heck. Mit einem Hechtsprung erreichte sie

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