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Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Titel: Runlandsaga - Die Schicksalsfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Malin und unseren Enkelkindern so oft erzählt, dass ich manchmal nicht mehr sagen kann, ob sie wirklich uns geschehen sind, oder ob wir nur Erzählungen wiederholen, die wir irgendwann von anderen hörten. Es ist einfach zu lange her.«
    »Spielt das eine Rolle? Runland wurde gerettet. Die Elfen aus den Mondwäldern entschlossen sich, ihren Verwandten aus Eilond zu Hilfe zu eilen, und standen uns im entscheidenden Moment bei.«
    »Das stimmt«, pflichtet ihm Neria zögernd bei. »Aber warum habe ich seit kurzem immer öfter das Gefühl, dass eigentlich alles anders war?«
    Enris nimmt seine Hand von ihrer Schulter. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    Der Schein der blutroten Sonne weicht der Nacht, und die Schatten nehmen zu. Ein kühler Wind ist über dem Grasland aufgekommen, der so gar nicht zu dem lauen Sommerabend passen will. Verwirrt fährt sich Neria mit ihrer faltigen Hand über die Augen. »Ich weiß nicht ...«, murmelt sie. »Damals gab es etwas, das ich tun musste – Runlands Schicksal hing davon ab, aber ich habe vergessen, was es war.«
    »Nun, wir sind noch am Leben, also hast du getan, was immer es auch gewesen sein mag.« Enris hört sich so gutgelaunt an, so sicher, aber ...
    Aber etwas ist falsch daran, etwas ist gänzlich verkehrt. Auf einmal vernimmt Neria im Abendwind ein Rauschen, das schnell an Lautstärke zunimmt. Stimmen singen im Wind. Sie erinnert sich an jenes wilde Lied, denn sie hat es schon einmal gehört, und mit der Rückkehr ihrer Erinnerung weht alles um sie herum in die Finsternis davon, der Waldrand, das weite Grasland, der nach der See duftende Abendwind, und zuletzt der Mann neben ihr, der sein Leben mit ihr teilte und an ihrer Seite alt geworden war. Kopfüber taucht sie in die schwarze Leere, ihre einzigen Begleiter die zahllosen Stimmen, Fäden in einem gewaltigen Netz, die leuchtend weiß um sie herum aus der Dunkelheit herauswachsen, sie umfangen und in einen dichten Kokon einspinnen.
    Singe, webe, jage die Fäden.
    Die Traurigkeit, die sie gepackt hat, ist schier unerträglich. Während der Gesang der Schicksalsfäden in ihren Ohren gellt, schreit sie ihren Schmerz in die Verlassenheit hinaus. Jahre und Jahrzehnte sind vergangen, seitdem sie sich auf den Weg machte, die Festung der Schicksalsherrin zu finden. Sie verbrachte mit ihrem Geliebten ein Leben im Roten Wald, aber am Ende wurde dieses Glück von ihr gerissen. Cyrandith ist grausam. Am Ende jedes Traumes steht der Tod.
    Oder das Erwachen.
    Sie befindet sich noch immer auf dem Thron in Carn Wyryn. Ihrem Thron. Wie oft ist sie schon aus einem Leben wie dem Letzten erwacht? Wie lange spinnt sie schon die Fäden ihres Netzes, in der Hoffnung, es diesmal richtig zu machen, jene Entscheidung zu treffen, die Runland retten kann?
    Es spielt keine Rolle. An diesem Ort hat sie alle Zeit der Welt. Die Träumende hat sie ein Leben an Enris’ Seite führen lassen. Sie hat der Voronfrau ihren tiefsten Wunsch erfüllt. Grausam mag sie sein, doch vor allem ist sie das Leben, welche Form auch immer es wählen mag.
    Mit aller Kraft strengt sich Neria inmitten des Thronsaals der Schicksalsfestung an, ihre Freunde wahrzunehmen, denen sie helfen muss. Erneut wird sie zum Teil des Gesangs, und sie spinnt die Fäden, jagt ihnen hinterher, wie es die Natur der Wölfin in ihr ist. Vielleicht gelingt es ihr diesmal.
    Alcarasán sah vom Wehrgang über dem Eingangstor aus hinab in den Innenhof. Die Schlacht lief nicht gut für die Antara. Selbst mit der Verstärkung durch die Voron konnte es nicht mehr lange dauern, bis sie besiegt sein würden. Sein Blick fiel auf einen der Drachen, den seine Schwingen eben über die Mauern trugen. Auf seinem Rücken saß ein schwarzhaariger Mann, der in einen dunklen Umhang gehüllt war.
    »Da ist Manari«, zischte er Jahanila zu. »Ich muss mich ihr stellen. Auf diese Weise gewinnen wir vielleicht noch ein wenig Zeit.«
    Die Serephinfrau antwortete nicht. Mit großen Augen starrte sie aus dem Fenster über der Zugbrücke.
    »Sieh dir das an! Da kommen noch mehr Krieger – aber keine Serephin. Die ... die sehen ja aus wie die Geschöpfe der Inkirin!«
    Alcarasán drängte sie zur Seite und sah selbst auf die Hochebene hinaus. Tatsächlich – am Rand der Klippe hatte sich eine Gruppe von Zwergenkriegern in schweren Kettenrüstungen eingefunden. Eindringlich redeten sie aufeinander ein. Immer wieder deuteten sie gen Himmel, wo über den Mauern der Meeresburg die Drachen kreisten, um sich ins Innere

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