Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Titel: Runlandsaga - Die Schicksalsfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
Vom Netzwerk:
schien als der des Lamazhabin von Ascerridhon. Auf den zweiten Blick offenbarte sich dieser Ort als eine kreisrunde Halle, deren wuchtige Säulen in dunkle Höhen empor ragten, ohne dass die Decke sichtbar wurde, die sie trugen. Als die Nevcerran sich umsah, regten sich in den Schatten um sie herum riesenhafte Gestalten, sechs an der Zahl. Sie war nicht in der Lage, ihre Gesichter zu erkennen, was nicht an der Düsternis der Halle lag, sondern daran, dass sich die Gesichtszüge der Wesen in ständigem Fluss befanden, sobald Manari sie direkt anblickte. Sie runzelte die Stirn und strengte sich an, ein klares Bild von ihnen in ihrem Geist zu bekommen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Am Rande ihrer Wahrnehmung ahnte sie links von ihr das Gesicht eines riesigen alten Mannes mit langem, weißen Bart auf sie herabblicken zu sehen, doch sobald sie ihre Aufmerksamkeit gänzlich auf das Wesen richtete, vibrierte sein Gesicht und verschwamm, als würden ihre Augen tränen. Für einen Moment glaubte sie, statt dem Gesicht eines Greises das eines jungen Mädchens zu sehen, das sie neugierig und überlegen musterte. Obwohl sie sich nicht bewegten, schienen sie ständig ihre Plätze zu wechseln.
    Ohne jemals sagen zu können, woher sie ihre Gewissheit nahm, durchdrang Manari die Erkenntnis, dass die sechs schattenhaften Gestalten, die sie umgaben, die Götter der Ordnung waren – Marvor, Lani, Irimar, Nella, Escyn und Sacar. Sie erstarrte. Um sie herum standen die ältesten Wesen der Schöpfung, sogar älter als der Lamazhabin mit den Augen eines Blinden, der ihr das Treffen mit Melar ermöglicht hatte. Der Gedanke, dass sie eigentlich immer noch in Belgadis’ Gemächern stand, war zu einem trockenen Wispern im hintersten Winkel ihres Verstandes geworden, dort flüsterte es gleich welken Blättern im Wind sein nutzloses Wissen.
    Da brach ein Strahl aus Licht von hoch über ihr in die Halle, so gleißend und unvermittelt, als hätte ein gewaltiger Donnerschlag die Finsternis zerrissen. Der senkrechte Schaft aus Licht erhellte einen kreisrunden Fleck direkt zu ihren Füßen. Ein nackter Serephin kauerte dort zitternd auf dem steinernen Boden – die Hände hinter seinem Rücken gefesselt. In der grellen Helligkeit war jede seiner Schuppen so deutlich wie mit Messern in seine Haut geschnitten.
    Erkennst du dein Fleisch und Blut wieder, junge Nevcerran?, fragte die Stimme, die Melar gehörte, dem Sprachrohr der sechs stummen Gestalten in den Schatten jenseits des blendenden Lichts – er, der aus ihnen heraus erschaffen worden war, der siebte Gott in ihrer Mitte. Gleichzeitig mit den Worten des Jägers hob der Serephin vor ihr seinen Kopf.
    Es war Veranarín.
    Sein Körper war mit Spuren von Schlägen übersät. Blut troff ihm von den Mundwinkeln. Eines seiner Augen fehlte. An dessen Stelle klaffte ein verkrustetes Loch, das die schönen Züge des Mannes, an den sie sich erinnerte, grässlich entstellte. Aber dennoch bestand kein Zweifel. Vor ihr auf dem Boden kniete ihr Vater und starrte sie so angsterfüllt an, dass ein Teil von ihr kurz hoffte, er würde sie nicht wiedererkennen. Doch dann sog Manari tief ihren Atem ein, und etwas in ihr wurde kalt. Gelassen sah sie ihren Vater an.
    Der Verräter aus deiner Familie ist uns so viele Male entkommen, erklang Melars Stimme in der riesigen Halle. Aber das ist nun vorbei. Er ging uns ins Netz, so wie uns auch sein Anführer Oláran in die Falle gehen wird. Dies ist mein Befehl an dich, Manari aus dem Hause Irinori in Gotharnar! Beweise uns deinen Wert. Töte dein verräterisches Fleisch und Blut, und du sollst den Kreis der Stürme in die Welt der Rebellen führen, um ihre Brut zu vernichten.
    Auf seine Worte hin ballte sich eine lauernde Stille in der Halle zusammen. Der Serephin vor ihr sagte nichts, sondern richtete sein Auge flehendlich auf seine Tochter. Er bebte in dem unbarmherzig hellen Licht, das die Prellungen und Aufschürfungen seiner Haut unnatürlich bleich und ausgeblutet erscheinen ließ, als hätte Veranaríns Leben diesen Körper trotz seiner zitternden Bewegungen bereits verlassen.
    Wird sein Geist nicht in die Samjerna zurückkehren, wenn er stirbt? , fragte sie schließlich Melar in Gedanken. Was für ein Sinn machte es, einen Serephin zu töten, der in der Lage war, sich an sein früheres Leben zu erinnern?
    Ihm sind die Häuser der Wiedergeburt versperrt , antwortete Melar. Wir werden seinen Geist in die Leere zwischen den Welten hinausjagen. Soll er dort

Weitere Kostenlose Bücher