Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
Alcarasán wollte ihm ausweichen, aber die Beine versagten ihm. Ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit hatte seinen Geist ergriffen und hielt ihn eisern fest. Seine Stärke wich ihm aus den Gliedern, während er mit ansah, wie der Maugrim im Vorbeirennen die Leichen seiner brennenden Gefährten zur Seite schleuderte, und sich ihm mit der Unerbittlichkeit einer Gerölllawine näherte. Er warf alle Willenskraft, die ihm noch verblieben war, gegen die Lähmung, die seinen Geist gepackt hatte, und schleppte sich gerade noch rechtzeitig einen Schritt zur Seite. Der Käfer rammte ihn im Vorbeirennen am Bein und warf ihn um. Ein dumpfer Schmerz schoss in Alcarasáns Geist empor, doch er spürte selbst dieses Gefühl nur wie durch einen dicken Panzer.
Er hatte kaum den Boden berührt, als der Maugrim bereits wieder bremste und herumschnellte. Alcarasán kam auf die Knie. Mit weit offenem Mund rang er nach Luft. Seine Hände ergriffen sein Schwert.
Der Maugrimkäfer stürmte auf ihn zu, das Maul weit geöffnet, die armlangen Fresswerkzeuge darin hin – und hersägend, seine Augen blauschwarz glänzende Kugeln. Mit dem letzten Rest von Entschlossenheit, die noch in Alcarasán verblieben war, mehr ein spontanes Aufbegehren seines Körpers gegen dessen drohende Vernichtung als eine bewusste Entscheidung, hob er sein Schwert und rammte es dem Maugrim in dessen offenes Maul, als dieser seinen Kopf senkte, um die beinahe reglose Beute zu töten.
Der Käfer stieß ein ohrenbetäubendes Summen aus. Eines der Fresswerkzeuge schnitt ein Stück Fleisch aus Alcarasáns Schwertarm, doch er ließ seine Waffe nicht los, sondern stieß sogar noch tiefer zu. Eine neue Welle lähmender Hoffnungslosigkeit rollte über ihn hinweg, während der Maugrim tot zusammenbrach. Doch diesmal behielt Alcarasán den Kopf über Wasser. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den brennenden Schmerz der klaffenden Wunde an seinem Arm und kam vollends auf die Beine.
Jetzt erinnerte er sich wieder. Die verfluchten Dron’marr hatten damals den Kampf um Mehanúr beinahe für die Maugrim entschieden – wie hatten sie jemals seiner Erinnerung entgehen können! Offenbar hatten die Geistbrecher selbst im Augenblick ihrer völligen Vernichtung noch ihr Gift in ihm hinterlassen.
Schnell sah er sich um. Einige Fuß von ihm entfernt stand Sah’arina reglos inmitten des Kampfgetümmels. Um sie herum lagen Serephin im Gras, die meisten von ihnen tot oder so schwer verletzt, dass sie sich kaum noch rührten. Die Leichen der riesigen Maugrimkäfer, gegen die sie gekämpft hatte, teilweise im Brand gesetzt und schmutzigen Rauch in die Luft entlassend, verdeckten die Kriegerin beinahe. In ihrer Nähe wehrten sich andere Serephin verzweifelt gegen den schier unerschöpflichen Ansturm der Angreifer.
Doch viele standen ebenso reglos da wie Sah’arina, die Augen weit aufgerissen, aber ihr Blick leer und nach innen gerichtet. Maugrimkäfer wie Clar’catt mähten sie nieder, ohne dass sie Anstalten machten, ihnen auszuweichen.
Einer nach dem anderen verlöschten ihre Leben in Alcarasáns Verstand, ohne Todesschreie auszustoßen oder sich zu wehren, wie Flammen, die von heftigen Windstößen ausgeweht wurden. Über die immer geringer werdende Zahl der aufgeregten Stimmen in seinen Gedanken hinweg vernahm er Felagarins Anfeuerung an den Rest des Heeres, sich gegen die Angriffe der Dron’marr zu stemmen und die Bewahrer in ihrer Mitte um jeden Preis zu schützen.
Gleichzeitig zerrte sowohl der Sog der sich allmählich aufbauenden Falle an ihm, wie auch die Gewalt der Geistbrecher und der heiße Wüstenwind, der nun ungehindert von jeder magischen Barriere über die Hügelkuppe fegte. Im war, als liefe er unter Wasser gegen eine starke Strömung an. Nur noch wenige Fuß trennten ihn von Sah’arina.
Da schoss eine der kleineren Clar’catt-Wolken auf sie herab und umhüllte ihren Kopf und Oberkörper. Mit zusammengebissenen Zähnen richtete Alcarasán all seine Aufmerksamkeit auf den Schmerz in seinem Schwertarm. Die Magie der Dron’marr zerrte an ihm wie ein wildgewordenes Tier, das seine Zähne in seinen Verstand vergraben hatte und nicht loslassen wollte, doch er gab ihr nicht nach. Der brennende Schmerz war alles, was er seinem Verstand wahrzunehmen erlaubte, der Schmerz und die Entschlossenheit, mit der er nun seinen verletzten Arm hob. Seine Klinge pfiff durch die Luft und streckte die Käfer nieder, die Sah’arina aufgeregt umschwirrten und ihre Stachel in den Körper
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