Runlandsaga - Feuer im Norden
der unter den dreien noch am wenigsten ungewöhnlich aussah, wurde angestarrt.
»Lasst uns hineingehen, bevor hier noch jemandem ein Augapfel herausfällt«, wisperte Arcad. »Die Versammlung wird sicher jeden Moment anfangen.«
Sie stiegen die Stufen zur Veranda hoch, als Suvare zurückprallte und ihre Gesichtszüge sich versteinerten. »Larcaan!«, murmelte sie.
Arcad sah sie fragend an. »Wer?«
Sie wies mit einem Kopfnicken auf einen Mann, der gerade vor ihnen zusammen mit einer jungen Frau das Gebäude betrat. »Einer der Kaufleute aus der Fellhandelsstation. Kein besonders angenehmer Kerl. Bei meinem Glück ist er ein Mitglied des Rates.«
Ihre Gesichtszüge blieben düster. Arcad sprach sie nicht weiter auf den Mann an. Enris fragte sich, weshalb sie mit Larcaan aneinandergeraten war. Offensichtlich hegte Suvare einen persönlichen Groll gegen ihn.
Die drei betraten den Vorraum des Gebäudes, der sich inzwischen stark gefüllt hatte. An beinahe allen Haken, die an den Seitenwänden angebracht waren, hingen Mäntel oder Umhänge der Besucher, die inzwischen die Halle bevölkerten. Arcad, Enris und Suvare drängten sich an mehreren Gruppen von Leuten vorbei, die damit beschäftigt waren, sich zu begrüßen, und traten in den Hauptraum.
Eine Welle von feuchter, warmer Luft schlug Enris entgegen, kaum dass er einige Schritte in die Ratshalle getan hatte. Offensichtlich rührte die Wärme von der großen Anzahl der Leute her, sowie von einem Feuer in einem enorm breiten Kamin, dessen wuchtige Steinplatten einen großen Teil der hinteren Längswand der Halle ausfüllten. Enris, der weder einen Mantel noch einen Überwurf besaß, und der längere Zeit in der kühlen Abendluft vor dem Gebäude verbracht hatte, bemerkte erst jetzt, wie durchgefroren er war. Mit der angenehmen Wärme auf seiner Haut löste sich auch ein klein wenig von seiner Anspannung, die er empfunden hatte, seit er zusammen mit den anderen von Ranár entführt worden war, und die auch nach seiner Rückkehr in die Stadt nicht abgenommen hatte. Sofort flammte erneut der bittere Schmerz über den Tod von Margon und Thaja in ihm auf, doch er zwang sich, ihn zu unterdrücken. Jetzt war keine Zeit dafür, sich in seine Trauer zu flüchten, so hart ihm das auch erscheinen mochte. Er musste einen klaren Kopf bewahren und die Augen offen halten.
Er sah sich um, während er dem Endar und der jungen Frau auf ihrem Weg durch den Mittelgang der Halle folgte. Rechts und links von ihnen waren Reihen von hölzernen Bänken aufgestellt, die nur in unmittelbarer Nähe des offenen Kamins unterbrochen waren. Zu beiden Seiten des Mittelgangs befanden sich in mehreren Fuß Abstand hölzerne Säulen, breiter als außerhalb des Gebäudes auf der Veranda, aber genauso wie diese bis unter die Decke mit Schnitzereien verziert. Die Darstellungen wiesen ebenfalls Zweige und Blätter auf. Jede der Säulen hatte in ihrem oberen Drittel einen sie umgebenden schmiedeeisernen Ring, in dessen Fassung zwei sich gegenüberliegende Öllampen eingesetzt waren. Die tanzenden Schatten, die von ihren Flammen geworfen wurden, erfüllten die geschnitzten Ornamente mit Leben. Sie vermittelten Enris den Eindruck, an einer Reihe windbewegter Bäume vorbei zu gehen, die von den Erbauern der Halle in die Mitte des Raumes gepflanzt worden waren.
Fast alle Bänke war bereits besetzt. Die Stadtbewohner unterhielten sich lautstark mit ihren unmittelbaren Nachbarn. Ein Stimmengewirr unterschiedlichster Gespräche erfüllte den Raum. Nur im hintersten Bereich der Halle, nahe des Durchgangs zum Vorraum, konnte Enris noch freie Plätze entdecken. Aber Arcad schien kein Interesse daran zu haben, sich so weit entfernt von dem Podest der Ratsmitglieder am entgegengesetzen Ende der Halle aufzuhalten. Ohne langsamer zu werden, steuerte er durch einen Pulk von Besuchern direkt auf die ersten Bankreihen zu. Eigenartigerweise wichen ihm die Leute trotz seiner geringen Körpergröße immer rechtzeitig aus, während Suvare und Enris Mühe hatten, ihm in seinem Kielwasser zu folgen.
Das Podest an der dem Eingang gegenüberliegenden Ende der Halle füllte die gesamte Breite des Raumes aus. Enris erinnerten die hölzernen Dielen an die Bühne des Theaters von Tyrzar, das dem Tempel des Sommerkönigs gegenüberlag. Als kleiner Junge hatte sein Vater ihn zu Stücken mitgenommen, die an den hohen Festtagen des Jahres, wie den Sonnwenden und Tagundnachtgleichen, dort aufgeführt wurden, und die beinahe mehr
Weitere Kostenlose Bücher