Runlandsaga - Feuer im Norden
getan. Was sieht der Maharanár nur in diesem kleinen Emporkömmling, dessen eigener Vater Schande über sein Haus gebracht hat und aus Vovinadhár fliehen musste?
So neidisch sie gewesen waren, als der Älteste ihn beauftragt hatte, den Aufenthaltsort der Maugrim zu finden, so sehr waren sie erleichtert. Der junge Restaran würde lange fort sein. Die Aufgabe, die er bekommen hatte, mochte sich als gefährlich herausstellen. Vielleicht kehrte er ja auch gar nicht mehr zurück.
Alcarasán musste lachen, als er daran dachte, was sie jetzt wohl zusammen tuscheln mochten, da er nach so langer Zeit wohlbehalten zurückgekehrt war und seine Aufgabe erfolgreich erfüllt hatte.
Doch er war damals, als er im Saal des Feuers vor Terovirin gestanden und dieser seine Dienste verlangt hatte, nicht nur von Stolz und Begeisterung erfüllt gewesen. Er hatte seiner Familie und allen Freunden den Rücken kehren müssen. Er hatte ihnen nicht einmal sagen dürfen, warum und wohin er so plötzlich aufbrach. Besonders für seine Mutter war dies schwer zu ertragen gewesen. Nachdem sein Vater in die Fremde geflohen war, um einer Bestrafung wegen Aufrührertums zu entgehen, hatte sie nun auch ihren Sohn für unbekannte Zeit verloren. Ihr Schmerz hatte sich mit dem seinen verbunden, als er Gotharnar verlassen hatte. Ein Schatten war über das helle Licht seiner Aufbruchsfreude gezogen. Die Sichtbarkeit Ascerridhons am Himmel jenseits der Stadt des Feuers hatte sich für ihn tatsächlich in ein Vorzeichen kommender Veränderungen verwandelt, und diese waren nicht nur mit Glücksgefühlen verbunden gewesen. Wieder einmal hatten sich Freude und Leid die Waage gehalten, wieder einmal war sein Leben von dem Bild des Gleichgewichts bestimmt worden, das ihm sein Vater ständig vor Augen gehalten hatte. Wie oft hatte er gewünscht, dass es auch einmal anders wäre, dass er ein Glück erleben könnte, das rein und ohne Makel sein würde. Doch bisher hatte immer die letztliche Ausgewogenheit in allen Dingen, die sein Vater so oft als höchsten Leitstern alles Geschaffenen gepriesen hatte, sein gesamtes Leben durchzogen. Kein Glück ohne Leid, wie sehr er dies auch verflucht hatte.
In den Abyss mit der Ausgewogenheit! In den Abyss mit den Lehren seines Vaters, der sich davongemacht hatte!
Mit einem plötzlichen Sprung nach vorne wechselte er mitten in der Bewegung von seiner menschlichen Gestalt in seinen Drachenkörper und stürzte sich aus dem Fenster in die Tiefe. Sein Kopf zeigte direkt nach unten. Kühler Wind strich an seinen Hautschuppen entlang und blies ihm hart in die Augen. Die weißen, rechteckigen Bodenplatten des Vorplatzes eilten mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zu. Im letzten Moment, bevor er auf den Steinen aufschlug, veränderte er weiter seine Gestalt und ließ die Schwingen aus seinem Rücken heraustreten. Sofort verringerte sich die Geschwindigkeit. Die Spannweite der ledernen Häute bremste seinen Fall. Während er heftig mit ihnen auf und ab schlug, riss er seinen Körper nach oben, sodass er einen ausladenden Bogen beschrieb und das Pflaster nur knapp verfehlte. Wie ein dunkelroter Pfeil schoss er geradeaus durch das Tor des Vorplatzes – hinaus auf die Straße vor dem Haus seiner Eltern. Ein paar Serephin, die ebenfalls in ihrer Drachengestalt am Tor vorbeischritten, sprangen überrascht zur Seite, um nicht mit ihm zusammenzustoßen. Alcarasán blickte nicht zurück. Schnell stieg er kreisend weiter und weiter aufwärts, bis er über dem Viertel Gotharnars schwebte, in dem er seine Kindheit verbracht hatte.
Er musste sich nicht besonderes anstrengen, um seine Höhe zu halten. Dieselbe magische Kraft, die dem riesigen Wirbel entströmte, über dem die Welt von Vovinadhár entstanden war, und von der die Felsen mit ihren Städten darauf in der Luft gehalten wurden, bewahrte auch die Serephin vor einem Absturz. Für Alcarasán bedurfte es keines ständigen ermüdenden Schwingenschlagens, um weiterhin zu fliegen. Es war vor allem die bewusste Absicht, sich der Magie des Vortex hinzugeben, die ihn weiter über der Stadt seine Kreise ziehen ließ. Sobald er seinen Geist auf ihn richtete, konnte er die Strömung magischer Kraft fühlen, die wie ein ständiger heißer Luftschwall aus dem Wirbel tief unter Gotharnar herausbrach. Er spürte sie, wie sie in einer langsamen aufwärts gerichteten Spiralbewegung auf die fliegenden Felsen traf und allem Leben und Wärme spendete, was sich über ihr befand, eine mächtige Flutwelle, aus
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