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Runlandsaga - Feuer im Norden

Runlandsaga - Feuer im Norden

Titel: Runlandsaga - Feuer im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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der jeder Serephin, der in Vovinadhár geboren wurde, seine magische Kraft bezog. Nur hier, an diesem Ort, kamen neue Serephin zur Welt, egal, in welche entfernte Gegend es sie sonst in ihrem langen Leben verschlagen mochte. Und nur hier konnten ihre Geister in den Häusern der Wiedergeburt einen neuen Körper erhalten, wenn ihre alten Körper dahingeschieden waren. Vovinadhár, die Heimat seines Volkes, das war vor allem der geheimnisvolle Vortex, dessen Tiefen noch niemand hatte erforschen können, und die Kraft, die ihm entströmte.
    Während Alcarasán die Augen geschlossen hielt, stieg er weiter und weiter empor. Ein Flug über der Weißen Stadt war wie ein reinigendes, warmes Bad nach einem langen Tag in Kälte und Dunkelheit. Und sein Tag hatte besonders lange gedauert, Jahr um Jahr in der Fremde, ständig an anderen Orten, fern von seiner Heimat, bis Gotharnar in seinem Geist mehr zu einer Idee, einem Gedanken, als einem lebendigen Bild geworden war. Doch nun war er wieder hier. Die Idee seines Zuhauses hatte sich erneut mit Leben erfüllt – wie eine blühende Wüstenpflanze nach langer Dürrezeit, der endlich Regen gefolgt war. Er flog über seinem Zuhause und kreiste im Aufwind der magischen Kraft, die aus dem Vortex unter ihm emporstieg.
    Mit all seinen Sinnen ließ er sich in den Strom der zahllosen Stimmen entführen, die in den Straßen und Gassen unter ihm ertönten, zu ihm aufbrandeten und die Musik bildeten, aus der Gotharnar bestand. Dies war der Klang seiner Heimat, die anderen Stimmen, die pulsierende Kraft der Leben aller Serephin an diesem Ort. Wie oft war er in der Vergangenheit so über seiner Stadt geschwebt und hatte sich in der Flut dieser Eindrücke verloren! Manchmal, an wenigen Tagen, war ihm gewesen, als könne er sehr schwach die Empfindungen der weit entfernten Serephin in den übrigen Weißen Städten Vovinadhárs fühlen, leise Melodien, kaum wahrnehmbar unter den pulsierenden Trommelschlägen der vielen Leben Gotharnars. Sie verliehen der Brandung an Klängen, in der er sich verlor, eine noch größere Tiefe, bereicherten die Fülle der Musik.
    Heute Abend war es ihm nicht möglich, andere Stimmen wahrzunehmen als die der Serephin aus Gotharnar direkt unter ihm. Das genügte Alcarasán. Er war nicht mehr allein in der Fremde. Die Leben seiner Brüder und Schwestern atmeten um ihn herum. Für eine Weile war er glücklich, eine viel zu kurze Weile, denn selbst jetzt war das Wissen darum, dass er bald wieder aufbrechen musste, nicht völlig zu vertreiben.
    Die Gesetze der Serephin verboten es, tiefer in den Strom der Gedanken und Stimmen der anderen einzutauchen, sodass es ihm möglich gewesen wäre, einzelne Töne aus der Melodie auszusondern und bestimmten Wesen zuzuordnen. Jene, die wie er besonders begabt waren, in den Geist eines anderen einzudringen, hatten sich zurückzuhalten, um kein unfreiwilliges Sellarat herbeizuführen. Doch der Musik als Ganzes zu lauschen, war nicht nur erlaubt, sondern sogar etwas, dem sich jeder Serephin Vovinadhárs täglich hingab.
    Die Feuerschlangen hatten immer eine enge Gemeinschaft gebildet. Auch wenn die Städte der Luft, des Feuers, des Wassers und der Erde räumlich voneinander getrennt waren und die Ältesten die Geschicke der vier Großen Städte unabhängig voneinander führten, hatte die Serephin dennoch im Umgang mit anderen Völkern immer ein einziger Wille geeint, hervorgerufen durch den Strom ihrer zahllosen Stimmen. Es stärkte sie, dass sie die Melodie und die Pulsschläge der zahllosen Wesen darin wahrnehmen konnten, als wäre all dies der Lebensatem eines einzelnen riesigen Drachen. Bisher hatte es sie jede noch so entsetzliche Bedrohung überstehen lassen. Nichts konnte so viel Sicherheit spenden, wie die Stimmen der anderen Serephin zu hören.
    Das Licht hinter Alcarasáns geschlossenen Lidern hatte abgenommen. Die Melodie in seinem Geist wurde merklich ruhiger. Er öffnete die Augen und blickte in den abendlichen Himmel, dessen tiefrote Farbe allmählich zu verblassen begonnen hatte, als versickerte sie gleich einer Flüssigkeit, um Platz für einen dunkelgrauen Hintergrund zu schaffen, der sich bald in ein finsteres Meer mit darin schwimmenden Sternen verwandeln würde. Unter dieser Vielzahl von Lichtern würde auch Majanir zu erkennen sein, in dessen Mitte sich das Portal zu den zahllosen Orten jenseits von Vovinadhár befand.
    Der dunkelrote Schein des Himmels über den schwebenden Städten entsprang wie die Magie der

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