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Runlandsaga - Feuer im Norden

Runlandsaga - Feuer im Norden

Titel: Runlandsaga - Feuer im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Abstand zu ihm gewonnen haben.
    Neria ging ein paar Schritte, als sie plötzlich innehielt. Wieso hatte sie gerade das Gefühl gehabt, es sei bereits Nachmittag? Erneut sah sie zum Himmel empor.
    Das war doch ... wie konnte das möglich sein? Es war eben noch Mittag gewesen! Als die Sonne von der aufkommenden Wolkenwand erreicht worden war, hatte sie hoch am Himmel gestanden. Aber nun befand sie sich deutlich tiefer, als wären seitdem einige Stunden vergangen!
    Ärgerlich über sich selbst verzog sie ihr Gesicht. Das hatte sie nun von ihrer ständigen Grübelei! Sie hatte so lange hier gestanden und über die Geschichten nachgedacht, die sie von diesem Ort gehört hatte, dass ihr völlig die Zeit entglitten war. Jetzt sollte sie sich aber wirklich auf den Weg machen, wenn sie heute noch ein Stück der Strecke zum Westrand des Roten Waldes schaffen wollte!
    Ihre verletzte Schulter schmerzte erneut. Etwas scheuerte durch den Rucksack, den sie auf ihrem Rücken trug. Wahrscheinlich war es die kleine hölzerne Schachtel mit den Gerätschaften zum Feuermachen. Sie legte ihn ab und öffnete ihn. Tatsächlich war das Zunderkästchen, um das sie etwas Kleidung gewickelt hatte, an den Rand gerutscht. Als sie es wieder mehr in die Mitte gepackt hatte, verschnürte sie den Rucksack und legte ihn sich erneut um. Nun aber los, ihr Magen knurrte bereits, als hätte sie seit Stunden nichts ...
    Eisiger Schrecken durchfuhr sie, als sie den Blick hob.
    Das konnte doch nicht wahr sein! Die Sonne war bereits hinter den Spitzen der Baumkronen verschwunden. Das Licht des Tages hatte stark abgenommen, und bald würde die Nacht hereinbrechen. Wie war es möglich, dass sie den ganzen Nachmittag an den Riesenfelsen herumgestanden hatte, ohne bemerkt zu haben, wie die Zeit verging? Die alten Leute im Dorf hatten Recht gehabt. Hier stimmte etwas nicht. An diesem Ort war etwas völlig verkehrt. Sie musste weg von hier, so schnell wie möglich!
    Hastig schritt Neria auf den westlichen Rand des Steinkreises zu. Ein Gefühl von Bedrohung hatte sie erfasst, das sie an die beklemmenden Bilder erinnerte, die Talháras ihr gezeigt hatte. Mit einem Mal glitten ihre Gedanken zu dem Inhalt ihres Rucksacks. Hatte sie wirklich alles wieder hineingelegt, nachdem sie ihn abgesetzt und seinen Inhalt anderes verteilt hatte? Oder hatte sie das Zunderkästchen vielleicht versehentlich im Gras abgestellt und vergessen?
    Sie hielt inne und sah zurück. Besser, noch einmal schnell umzukehren, als später mitten im Dunkeln keine Möglichkeit zu haben, ein Feuer zu entfachen.
    Aber, was dachte sie denn da? Sie wusste doch genau, dass sie das Kästchen nicht aus dem Rucksack herausgenommen hatte, genauso wenig wie irgendetwas anderes. Es war immer noch alles da, und sie musste jetzt endlich fort von hier!
    Merkst du es immer noch nicht, du dummes Ding? Etwas versucht, dich an diesem Ort festzuhalten!
    Die Wucht dieses Gedankens wirkte wie ein Guss kalten Wassers über ihren Kopf. Entschlossen setzte sie sich erneut in Bewegung, hatte aber das Gefühl, als würde sich die Luft um sie herum zu einer unsichtbaren, breiigen Masse verdichten, die es ihr schwer machte, vorwärts zu kommen. Schwindelgefühl überkam sie und ließ sie straucheln. Es gelang ihr gerade noch, auf ihren Beinen zu bleiben. Schwarze Flecke tanzten vor ihren Augen. Sie rang heftig nach Atem, doch ihre Lungen bekamen einfach nicht genügend Luft. Nur der Eichenknüppel, auf den sie sich geistesgegenwärtig stützte, bewahrte sie davor, umzukippen und ins Gras zu fallen.
    Panische Gedanken rasten durch ihren Verstand.
    Was ist das? Bei allen Geistern, was passiert mit mir?
    In dem Dämmerlicht, das inzwischen die Riesenfelsen in tiefe Schatten kleidete, bemerkte sie am Rande ihres Gesichtsfelds eine nackte, bleiche Gestalt. Reglos stand sie neben dem Felsen am westlichen Ausgang des Steinkreises. Nerias Herz schlug so heftig, dass sie glaubte, es würde jeden Augenblick ihre Brust sprengen. Ihr Geist schrie sie an, in die entgegengesetzte Richtung fortzulaufen, doch sie fühlte sich unfähig, auch nur einen Fuß zu heben. Beim Anblick der Gestalt sickerte alle Kraft aus ihr wie Sand durch ein Sieb.
    Als hätte das nackte Wesen nur darauf gewartet, von Neria wahrgenommen zu werden, begann es, mit unbeholfenen Schritten langsam auf sie zuzugehen. Es besaß das Aussehen eines entsetzlich ausgemergelten Jungen von etwa zwölf Jahren. Jede einzelne seiner Rippen drückte sich durch die dünne, milchig

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