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Runlandsaga - Feuer im Norden

Runlandsaga - Feuer im Norden

Titel: Runlandsaga - Feuer im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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einiger Entfernung im Mittelgang des Grabes, aber er bewegte sich langsam an den einzelnen Steinplattenpaaren vorbei auf sie zu, die Ahnung eines schwach violett schimmernden Umrisses in der Dunkelheit ihres Geistes. In wenigen Augenblicken würde er sich über sie beugen. Sie hatte nicht mehr viel Zeit.
    Sie ballte die Finger ihrer linken Hand zu einer Faust und zwang sich, fest zuzudrücken. Die Nägel schnitten schmerzhaft in das Fleisch ihres Handballens, doch es kümmerte sie nicht. Endlich kehrte allmählich die Kontrolle über ihre Gliedmaßen zurück!
    Langsam und vorsichtig schob sie die Hand an ihren Gürtel und tastete nach der Scheide ihres Dolches. Einen Moment später durchfuhr eine Welle von Enttäuschung und Schrecken ihren Körper. Das Leder der Scheide hing schlaff und leer von ihrem Gürtel herab. Tanatis Geschenk war fort.
    Immer noch den Kopf nach rechts gedreht, ihre Wange auf den kalten Stein gepresst, spannte sie alle Muskeln und hoffte verzweifelt, dass ihr Körper sie nicht im Stich lassen würde.
    Ich darf ihm nicht in die Augen starren! So hat er mich vorher überrumpelt.
    Die Sinne der Wölfin in ihr schrien laut, dass der Gorrandha an dem letzten Steinplattenpaar vorbei und in den Schein der Fackel getreten war. Sie konnte es fühlen. Doch immer noch gab das Wesen keinen Laut von sich, auch war kein Geräusch einer Bewegung durch den Raum zu hören. Bis auf das kaum hörbare Zischen der brennenden Fackel herrschte Totenstille.
    Gleich beugt er sich über mich! Gleich wird er fühlen, dass ich noch am Leben bin und wird mich zwingen, ihn anzusehen ...
    Ihr Herz raste wie wild.
    Noch nicht.
    Noch nicht!
    Jetzt!
    Immer noch mit geschlossenen Augen schwang sie ihre linke Faust über ihren liegenden Körper und schlug mit voller Wucht dorthin, wo ihre Sinne den vor ihr stehenden Gorrandha vermuteten. Dumpfer Schmerz fuhr durch ihre Hand. Das Wesen prallte getroffen zurück und stieß ein hässliches, tiefes Grollen aus. Gleichzeitig ließ sich Neria von dem Steinblock fallen. Hart fiel sie auf den mit Geröll bedeckten Boden. Es gelang ihr, zu vermeiden, dass sie sich ihren Kopf aufschlug, aber ihr Rücken brannte wie Feuer, als sie sich die Haut unter ihrem Kleid an den scharfen Steinen aufriss.
    Sie öffnete ihre Augen und bemerkte eine Bewegung am Rand ihres Gesichtsfeldes. Der Gorrandha kam erneut auf sie zugesprungen, schneller, als sie es vermutete. Noch bevor sie sich aufrichten konnte, packte eine seiner Kinderhände ihr linkes Fußgelenk. Neria schrie auf, als sich die spindeldürren Finger um ihr Bein schlossen und sie mit der unerbittlichen Gewalt einer sich zusammenziehenden Lederschlinge auf den Boden zurückrissen.
    Die Berührung des Wesens war so schmerzhaft, als würde ihr eine mit Eis überzogene Klinge auf die Haut gepresst. Sofort schien ihr die wenige Wärme, die ihr Körper gerade noch besessen hatte, aus allen Poren zu entweichen. Der Gorrandha sprang auf ihren Rücken, sodass sie mit Gesicht und Bauch auf das Geröll gedrückt wurde. Sie bekam kaum noch Luft. Kalte Hände fuhren in ihre Haare und packten so fest zu, dass sie glaubte, das Wesen würde ihr mit einem Ruck die Kopfhaut von ihrem blutigen Schädel reißen. Mit aller Kraft bog es ihren Kopf zurück in den Nacken.
    Sieh ihm auf keinen Fall in die Augen!
    Um Neria wurde es taghell, und gleichzeitig ertönte ein dumpfer Schlag. Der Gorrandha brüllte wild auf und rollte mit einem Fauchen von ihr herunter, seine dünnen Finger fest auf den Hinterkopf gepresst.
    Neria wälzte sich herum, um Sarn zu sehen, die über ihr stand. Die alte Frau hielt die Fackel wie einen Prügel in beiden Händen, bereit, ein weiteres Mal zuzuschlagen, sobald sich das Wesen erneut erheben sollte.
    »Lauf!«, brüllte sie. Ihre Stimme hallte rau und dumpf durch das Grab. »Hol eine der Waffen aus den Seitenkammern!«
    Neria wusste nicht, woher sie die Kraft nehmen sollte, sich aufzurichten, aber der Wille zu überleben trieb sie an. Stöhnend zog sie sich an einer Felsplatte hoch und kam wieder auf die Beine. Der Gorrandha wälzte sich zusammengekrümmt zwischen Sarn und ihr auf dem Boden. Wimmernd hielt er sich noch immer seinen Kopf. Seine strähnigen, langen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, sodass sie es fast gänzlich verdeckten. Die nackte Gestalt des Wesens machte einen geschundenen und ausgemergelten Eindruck, aber trotzdem glaubte Neria nicht einen Augenblick daran, dass der Gorrandha hilflos oder besiegt war. Alles an diesem

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