Runlandsaga - Wolfzeit
schlimme Nachrichten, Urgan«, erklärte Escar. »Menelon steht vielleicht das gleiche Schicksal bevor wie unserer Stadt.«
Enris bemerkte, dass keiner der Ratsherren eine Miene verzog. Niemand tuschelte beunruhigt mit seinem Nachbarn oder beugte sich gespannt vor.
Sie haben bereits über die Möglichkeit nachgedacht, dass die Serephin kommen könnten , schoss es ihm durch den Kopf.
Königin Tarighs nächster Satz bestätigte den Gedanken. »Diese Gefahr ist uns bewusst. Deshalb müssen wir alles wissen, was ihr über diese Angreifer in Erfahrung bringen konntet. Ihr habt Aros gesagt, es seien keine Menschen?«
»Das ist richtig«, bestätigte Enris, der es an der Zeit fand, von seinen Erlebnissen in dem Quelor unterhalb von Carn Taar zu berichten. Er räusperte sich unruhig, als sich ihm alle Blicke zuwandten. »Sie kommen nicht aus dieser Welt. Sie nennen sich Serephin.«
Niemand erwiderte etwas. Königin Tarigh und die restlichen Ratsmitglieder musterten ihn gespannt.
Ihr Götter, mir geht es nicht viel anders als Teras. Was mache ich hier? Vor mir sitzen Menschen, die mehr Lebenserfahrung besitzen als ich. Welchen Rat kann ich ihnen schon geben?
Für einen Moment war Enris versucht, lieber den Mund zu halten und Suvare das Reden zu überlassen. Aber dann dachte er an Margon und Arcad. Sie hatten etwas in ihm gesehen, das er selbst nicht hatte erkennen können, besonders der Elf. Es fiel ihm schwer, den Finger darauf zu legen, doch was immer es sein mochte, er würde die beiden nicht enttäuschen, auch wenn es ihn verunsicherte, die Rolle einzunehmen, die Arcad ihm zugedacht hatte.
Er holte tief Luft, dann begann er zu erzählen.
Anfangs fühlte er sich noch wie auf Glatteis. Doch als er bemerkte, dass man ihn nicht unterbrach, nahm seine Aufregung schnell ab. In immer flüssigeren Worten stellte er sich und die anderen im Raum vor und berichtete davon, wie Ranár sie entführt hatte, und wie sie ihm entkommen waren. Als er schilderte, wie Margon und Thaja gestorben waren, stieß Königin Tarigh ein unterdrücktes Stöhnen aus und presste kurz ihre Hand auf den Mund, bevor sie sich seinen Bericht weiter mit dem reglosen Ausdruck eines in Stein gemeißelten Standbildes anhörte.
Dem jungen Mann war dies nicht entgangen. Doch er ließ sich selbst keine Zeit, über die Frage nachzudenken, woher die Herrin des Regenbogentals den Magier und die Heilerin gekannt haben mochte. Stattdessen richtete er all seine Aufmerksamkeit auf das, was er zu sagen hatte, um nichts Wichtiges auszulassen.
Als er seine Erzählung schließlich mit Arcads Tod beendete, hing ein düsteres Schweigen im Raum. Sofort kehrte Enris’ Aufregung zurück. Hatte er etwas Unpassendes oder Falsches gesagt? Er atmete erleichtert auf, als Königin Tarigh endlich als Erste wieder das Wort erhob.
»Ich danke dir für deinen Bericht. Bestimmt ist es dir nicht leicht gefallen, all die schrecklichen Bilder noch einmal vor Augen zu haben. Du bringst uns schlimme Nachrichten.«
Sie hielt kurz inne. Ein schmerzvoller Ausdruck trat in ihre Augen. »Runland hat in der Tat einen großen Verlust erlitten. Eine Stadt wurde dem Erdboden gleichgemacht, und es sind Leute umgekommen, deren Namen in mir gute, alte Erinnerungen wecken. Diese Welt wird ohne sie ärmer sein.«
Ein Mitglied des Rates, die abgesehen von der Herrin des Regenbogentals die einzige Frau in der Runde war, erhob ihre Stimme. »Was sollen wir nun tun? Wir haben gerade gehört, dass sich die Angreifer nur wenige Tagesmärsche von hier entfernt aufhalten.«
Sie sah angespannt um sich, eine ältere Frau in einem hochgeschlossenen, grauen Kleid, deren faltige Hände die Armlehnen ihres Stuhls so fest gepackt hatten, dass ihr die Knöchel unter der Haut hervortraten. Die anderen Ratsmitglieder wechselten ebenfalls betroffene Blicke.
Enris und Suvare hatten sich bei den ersten Worten der Frau zu ihr umgedreht, da sie hinter ihnen saß. Der Mann zu ihrer Rechten fuhr sich nachdenklich durch seinen dunklen Bart. »Machen wir uns nichts vor«, sagte er leise. »In unserer unmittelbaren Nähe befindet sich die größte Bedrohung, der unsere Stadt jemals ins Auge gesehen hat. Wir haben diesen Wesen nichts entgegenzusetzen.«
»Was ist mit unseren – ich meine, mit Königin Tarighs Kriegern?«, fragte ein anderer aus dem Kreis der Ratsleute. Als er sich mitten im Satz verbessert hatte, war sein Blick zu der Herrin des Regenbogentals geschnellt, und auch jetzt betrachtete er sie, als forderte
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