Rush of Love - Erlöst: Roman (German Edition)
mir da so einiges erzählt. Soweit er darüber Bescheid weiß, zumindest. Aber da wusste ich ja schon, wer du warst. Oder für wen Rush und Nan dich hielten. Ich habe dich gewarnt, dass er sich für sie entscheiden würde. Willst du dir das alles wirklich noch einmal antun? Ist es in Alabama so schlimm?«
Nein. So schlimm war es in Alabama nicht. Aber mit neunzehn schwanger zu sein ohne Partner und Familie, das war schlimm. Das allerdings war nichts, was ich Woods auf die Nase binden würde. »Hierher zurückzukehren ist nicht leicht. Und … ihnen zu begegnen wird auch nicht einfach sein. Aber ich muss mir erst mal darüber klar werden, was ich tun möchte. Wohin ich gehen möchte. In Alabama hält mich nichts mehr. Ich kann nicht dort bleiben und so tun, als wäre es anders. Es wird Zeit, mir ein neues Leben aufzubauen. Und Bethy ist die einzige Freundin, die ich habe. Insofern ist die Auswahl an Orten, an die es mich zieht, ein wenig begrenzt.«
Woods’ Augenbraue schoss hoch. »Autsch! Und ich? Ich dachte, wir wären auch Freunde!«
Lächelnd ging ich zu dem Stuhl ihm gegenüber und stellte mich dahinter. »Sind wir ja auch, aber nun … keine engen.«
»Dabei habe ich nichts unversucht gelassen …«
Ein kleines Lachen entfuhr mir, und Woods grinste. »Hach, wie schön, dein Lachen zu hören. Das habe ich vermisst.«
Vielleicht würde mir eine Rückkehr nach Rosemary ja gar nicht so schwerfallen.
»Du kannst den Job wiederhaben. Er gehört dir. Nach dir gab’s beim Getränkeservice ohnehin nur noch Katastrophen, und Jimmy läuft immer noch mit einem langen Gesicht herum. Er kommt mit dem anderen Servicepersonal nicht so zurecht. Er vermisst dich auch.«
»Danke«, erwiderte ich. »Das ist wirklich sehr nett. Allerdings möchte ich ehrlich zu dir sein. Ich habe vor, mich in vier Monaten wieder davonzumachen. Ich kann hier nicht für immer bleiben. Ich will …«
»Ja, du willst dir ein neues Leben aufbauen. Schon verstanden. Und in Rosemary willst du keine Wurzeln schlagen. Völlig klar. Du hast den Job, für wie lang auch immer.«
I ch klopfte einmal an, bevor ich eintrat. Nans Auto stand vor der Tür, sie musste also da sein. Einmal hatte ich den Fehler begangen, nicht anzuklopfen, und hatte meine Schwester dann dabei überrascht, wie sie gerade rittlings auf dem Schoß irgendeines Kerls saß. Der Anblick verfolgte mich immer noch. So was wollte ich mir auf keinen Fall noch mal geben.
»Nan, ich bin’s. Wir müssen reden«, rief ich und schloss die Tür hinter mir. Ich ging ins Wohnzimmer, hätte aber beinahe kehrtgemacht, als aus dem Schlafzimmer Stimmen und Schritte von mehr als einer Person drangen. Vermutlich kannte ich den Typen. Warum sollte sie ihn sonst da drinnen verstecken?
»Schon mal was davon gehört, dass man anruft, bevor man aufkreuzt?«, schnauzte Nan, als sie schließlich in einem kurzen seidenen Wickeltuch ins Wohnzimmer kam. Je älter sie wurde, umso mehr ähnelte sie unserer Mutter.
»Na, es ist fast Mittagszeit. Du kannst den Mann doch nicht den ganzen Tag im Bett halten«, erwiderte ich und öffnete die Türen, die auf einen Balkon mit Blick auf den Golfstrom führten. »Ich muss mit dir reden, und zwar außer Hörweite deines Bettgenossen.«
Nan verdrehte die Augen, kam aber auf den Balkon. »Schon seltsam, dass ich seit Wochen versuche, dich dazu zu bringen, mit mir zu sprechen, aber wenn du mit mir sprechen willst, kommst du einfach so hereingeplatzt, als hätte ich kein eigenes Leben. Ich rufe dich ja zumindest vorher an!« So allmählich klang sie auch wie unsere Mutter.
»Diese Wohnung gehört mir, Nan. Ich kann hier ein- und ausgehen, wann immer ich Lust dazu habe«, erinnerte ich sie. Mitte August würde sie ihre Siebensachen packen und in ihre Studentenbude zurückziehen, um wieder ziellos vor sich hin zu studieren. Für sie hatte das College eher eine gesellschaftliche Funktion. Sie wusste, ich würde ihre Rechnungen und Studiengebühren bezahlen. Ich hatte mich immer um alles gekümmert, was sie betraf.
»Na, da fühlt sich ja einer ganz klasse … Worum geht’s überhaupt? Ich hatte noch nicht mal meinen Kaffee.« Sie ließ sich nicht von mir einschüchtern. Sollte sie ja auch nicht. Aber dennoch: Es war an der Zeit, dass sie erwachsen wurde. Ich musste unbedingt verhindern, dass sie Blaire vertrieb. In einem Monat wäre Nan verschwunden. Und ich normalerweise auch. In diesem Jahr aber nicht. Ich würde in Rosemary bleiben. Meine Mutter würde sich eine
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