Rush of Love - Erlöst: Roman (German Edition)
es nicht täte, würde zwischen uns immer diese peinliche Stille herrschen. Selbst wenn ich in vier Monaten weiterzog und ihn nie wiedersah … Nein, ich würde ihn wiedersehen. Das musste ja so sein, oder? Oder würde ich ihm vielleicht nie etwas von diesem Kind sagen? Den Gedanken schob ich beiseite. Ich war ja noch nicht einmal beim Arzt gewesen. Darüber würde ich mir den Kopf zerbrechen, wenn es so weit war. Auch wenn ich mich am Morgen wieder hatte übergeben müssen, als ich den Abfalleimer geöffnet hatte und mir der Geruch von gebratenen Fischresten in die Nase gestiegen war, die Jace dort gestern Abend hineingeschmissen hatte. So empfindlich war ich normalerweise nicht. Nach dem heißen Ingwertee, den ich getrunken hatte, als Rush mich abgeholt hatte, hatte sich mein Magen wieder einigermaßen beruhigt. Ich konnte mir vorgaukeln, dieser Schwangerschaftstest hätte das falsche Ergebnis angezeigt, oder aber der Wahrheit ins Gesicht sehen.
»Was du da vorhin gesagt hast, äh, also, ich weiß nicht so recht, was ich darauf antworten soll. Ich meine, ich weiß, was ich fühle und dass ich mir wünschte, die Dinge stünden anders, aber so ist es nun mal nicht. Ich möchte, dass wir … ich möchte, dass wir eine Möglichkeit finden, Freunde zu werden … also vielleicht. Keine Ahnung. Das klingt so lahm. Nach allem, was war.« Ich verstummte, denn mein Versuch, mit ihm darüber zu reden, klang wie sinnloses Geschwafel. Wie könnten wir Freunde sein? So hatte doch alles angefangen. Und jetzt war ich verliebt in Rush und schwanger von ihm und konnte mir keine gemeinsame Zukunft mit ihm aufbauen.
»Ich bin für dich, was immer du mir erlaubst, Blaire. Schließ mich nur nicht wieder aus. Bitte!«
Ich nickte. Okay. Ich würde mir mit dieser Freundschaftsgeschichte Zeit lassen. Und dann … dann würde ich ihm von dem Kind erzählen. Entweder würde er dann vor Schreck das Weite suchen, oder aber er würde am Leben unseres Babys teilhaben wollen. So oder so, ich brauchte Zeit, um es vorzubereiten. Denn ich würde nicht zulassen, dass mein Kind etwas mit dieser Familie zu tun hätte. Das stand völlig außer Frage. Ich hasste Lügen … aber nun würde ich selbst zeitweilig eine Lügnerin sein. Diesmal war ich es, die ein Geheimnis bewahren musste.
»Okay«, erwiderte ich, sagte aber nichts weiter. Mir fielen die Augen zu, denn der Schlafmangel der letzten Nacht und die Tatsache, dass ich kein Koffein zum Muntermachen trinken konnte, machten sich jetzt bemerkbar. Ich schloss die Augen.
»Vorsicht, Blaire, Süße. Dein Kopf fällt immerzu nach vorn, und davon kriegst du höllische Nackenschmerzen. Ich stell deinen Sitz mal nach hinten.« Ein tiefes, warmes Flüstern kitzelte mich am Ohr, und mich überlief ein wohliger Schauer. Ich drehte mich ihm zu, aber ich war immer noch so schläfrig, dass ich gar nicht richtig wach wurde. Etwas Weiches streifte meine Lippen, dann fiel ich in meine Träume zurück.
»Aufwachen, Schlafmütze! Wir sind da, aber ich habe keinen Schimmer, wohin ich jetzt fahren muss.« Rushs Stimme und seine Hand, die mich sanft drückte, weckten mich. Ich rieb mir die Augen und schlug sie auf. Mein Sitz befand sich in Liegeposition. Ich sah zu Rush hinüber, und er lächelte.
»Ich konnte nicht zulassen, dass du dir deinen Nacken ruinierst. Außerdem hast du so tief und fest geschlafen, da wollte ich, dass du’s bequem hast.« Er schnallte sich ab, griff über mich hinweg und machte sich an einem Knopf auf meiner Seite zu schaffen. Langsam bewegte sich der Sitz wieder nach oben, und ich entdeckte vor mir die einzige Ampel, die es in Sumit, Alabama, gab.
»Oh, das tut mir schrecklich leid! Ich habe die ganze Zeit geschlafen. Das muss ja eine langweilige Fahrt für dich gewesen sein!«
»Auf die Art habe ich das Radio unter meine Kontrolle gebracht, ätschbätsch!«, erwiderte Rush grinsend und sah dann wieder auf die Ampel. »Wie fahre ich jetzt am besten?«
»Immer geradeaus, bis du ein großes Holzschild siehst, auf dem in roter Farbe geschrieben steht: »Verkauf von frischen Erzeugnissen und Feuerholz«, da biegst du dann links ab. Das dritte Haus auf der rechten Seite ist es dann, allerdings erst nach anderthalb Meilen. Und nach einer Viertelmeile verwandelt sich der Straßenbelag in Kies.«
Rush hielt sich an meine Anweisungen, und wir redeten nicht viel. Ich war immer noch nicht ganz munter, und mir war flau im Magen. Ich hatte noch nichts gegessen, und genau das war das Problem. In
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