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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Fenster. Ich bin gar nicht müde. Ich bin schon lange auf, aber ich muss wach bleiben, ganz wach. Auf der Hut.
    »Trink das«, sagt er und gibt mir ein halb volles Glas mit Wasser.
    Ich trinke gierig, merke, dass es Wodka ist, verschlucke mich fast, trinke es trotzdem in einem Zug leer. Und wenig später schlafe ich. Lange.
    Manninger weckt mich, als es sechs Uhr am Abend ist. »Willst du etwas essen?«, fragt er besorgt. Karla sei informiert. Er habe meine Tasche und die Reisepapiere. »Ich bringe dich morgen früh zum Flughafen.«
    Ich nicke benommen. Hunger habe ich ausnahmsweise keinen.
    »Du kannst hierbleiben. Oder du kannst in der Küche mithelfen. Gemüse schneiden oder so etwas«, fügt er eilig hinzu. Schon klar, dass ich hier nicht am Herd stehen werde. »Eine perfekte Tarnung«, grinst er.
    Eine halbe Stunde später stehe ich in einer scheußlichen weißen Kleiderschürze mit Zippverschluss an einer Edelstahlwanne und putze Karotten. Ich sehe mich um, ich bin noch immer ein wenig benommen. Ist das der Alkohol? Hier geht es viel leiser zu als damals im »Apfelbaum«, alle arbeiten konzentriert. Selbst die Dunstabzugshaube ist kaum zu hören. Hightech. Manninger ist der Einzige, der laut spricht. Er annonciert die Gerichte. Er redet mit den sieben Köchen Russisch und Englisch und Deutsch, und sie scheinen ihn zu verstehen. Immer öfter drehe ich mich von meinen Karotten weg und sehe, wie sie auf Ceranplatten Fleisch grillen, aus Kühlladen Fisch nehmen, die duftende Lammbrust aus dem Niedertemperatur-Gargerät heben und wieder eine Portion abschneiden. Effiziente Bewegungen, vertrautes Handwerk. Ich bin beinahe beruhigt.
    Ich habe auf der Liege übernachtet. Ein usbekischer Tellerwäscher, der angeblich Nahkampferfahrung hat und Manningers unbedingtes Vertrauen genießt, hat in der Küche Wache gehalten. Am Morgen fährt mich Manninger höchstpersönlich in einem Catering-Lieferwagen des » MO « zum Flughafen. Eine viel bessere Tarnung kann es kaum geben. Mira zwischen Kanapees und Kaviarröllchen.
    »Ich hab noch einmal mit Karla geredet«, sagt er zum Abschied. »Es ist alles in Ordnung, niemand scheint zu wissen, dass du bei ihr warst. Deine Sonja hat sich allerdings auch nicht bei ihr gemeldet. Mach es gut. Gib acht auf dich.« Manninger sieht sich besorgt um. Ich sehe mich auch um. Nichts, was verdächtig zu nennen wäre. Vielleicht habe ich meinen Verfolger wirklich abgehängt. Vielleicht war ich ihm auch nicht so wichtig, und er wollte bloß wissen, wohin ich unterwegs bin. Jetzt jedenfalls gehe ich durch die Passkontrolle. Und auch diesmal machen die russischen Behörden keinerlei Schwierigkeiten.

[  10  ]
    I n Wien steige ich aus dem Flugzeug und sperre mich in der nächsten Toilette ein. Vielleicht ist das übervorsichtig. Aber erstens bin ich nun einmal nicht besonders mutig, die Aktionen in Moskau haben mir gereicht. Und zweitens halte ich es durchaus für möglich, dass jemand herausgefunden hat, mit welcher Maschine ich in Moskau abgeflogen bin. Immerhin stehe ich auf der Passagierliste.
    Ich sitze auf der Klobrille und überlege zum hundertsten Mal: Sonja hat ganz klar gesagt, dass die Investoren viel Geld eingezahlt haben. Schon vor Monaten. Teils auf Konten einer Österreichischen Bank, die offenbar immer wieder mit russischen Kunden zu tun hat, doch das meiste dürfte den Leuten von »Direktinvest« in bar übergeben worden sein. Warum redet Professor Welser dann nicht? Weil man ihn bedroht?
    Jetzt ist die Zeit gekommen, Zuckerbrot anzurufen. Ich wähle seine Mobilnummer, er geht nicht dran. Ihm muss doch klar sein, dass ich mich nur melde, wenn es wichtig ist. Ich probiere es noch einmal. Nichts. Ich rufe in der Polizeidirektion an. Verlange den interimistischen Polizeichef Zuckerbrot. Gegenfrage der Telefonistin: »Wen?«
    »Dr. Zuckerbrot.«
    »Gibt es bei uns nicht mehr.«
    »Was?«
    »Er … Man hat ihn aus dem Verkehr gezogen.«
    »Unsinn«, fauche ich, »richten Sie ihm aus, dass ich auf so etwas nicht hereinfalle. Ich muss mit ihm reden, es ist dringend. Es könnte sein, dass ich in Gefahr bin.«
    Stille am anderen Ende der Leitung. Ich warte darauf, dass sich Zuckerbrot meldet. Doch wieder ist es die Telefonistin: »Man hat ihn suspendiert. Es wird eben bekannt gegeben. Wie war noch einmal Ihr Name?«
    »Valensky, Mira Valensky. Vom ›Magazin‹.«
    »Oh.«
    »Was ›oh‹?« Schön langsam werde ich wütend. Aber die Telefonistin hat schon aufgelegt.
    Droch. Er wird

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