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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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im Zorn nur gegen die Wand werfen. Und dann ist es kaputt. Er muss mir Gismo zurückgeben. Sie ist meine Katze.
    Ich bin den Tränen nahe. Mira, du darfst jetzt nicht umkippen. Duschen. Ich habe seit gestern ganz zeitig in der Früh nicht mehr geduscht. Da war ich noch in Moskau, bei Karla. Ich muss in die Redaktion. Vesna will sich um das Vermögen von Flemming kümmern. Jetzt, wo wir eine Bestätigung haben, dass die Investoren bereits Geld, wahrscheinlich viel Geld, an »Direktinvest« gegeben haben, ist es vielleicht einfacher herauszufinden, auf welche Weise er es aus seiner maroden Firma abgezogen hat und wohin es ging. Oder war er einer von denen, die am Arlberg neu angeworben werden sollten? Ich muss mit Professor Welser reden. Er hat versucht, den Hotelier vom »Sonnenhof« als Investor zu gewinnen. Er dürfte also mit ziemlicher Sicherheit zu denen gehören, die schon gezahlt haben. Kann mir jetzt ja egal sein, was Oskar davon hält. Klar ist, dass uns sein Juristenkollege ganz schön an der Nase herumgeführt hat.
    Aber zuerst in die Redaktion. Und wenn sie hinter mir her sind? Quatsch, du bist hier in Wien. Hier kennst du dich aus, das ist deine Stadt. Hier kannst du sogar die Aufschriften in der U-Bahn lesen. Was soll passieren? Ich muss versuchen, Sonja so schnell wie möglich aus Moskau herauszubekommen.
    Dreierkonferenz. Droch, Klaus Feldner und ich. Ich gebe zu, es gefällt mir, wie der Chefredakteur mit großen Augen zuhört, als ich erzähle, was ich in Moskau erlebt habe. Wir sind uns einig: Wir brauchen Sonja. Aber das geht nur durch Zusammenarbeit mit der Polizei. Und ich werde versuchen, zumindest einen der Investoren zum Reden zu bringen. Damit hätten wir dann auch eine nächste Reportage, bei der das »Blatt« alt aussähe. Der Herausgeber des »Magazins« überlegt, das »Blatt« zu verklagen. Sicher ist es rufschädigend, zu behaupten, wir hätten unsere Storys nur aus undichten Polizeiquellen. Ich kann das Gegenteil beweisen. Aber der Chefredakteur weiß nicht, ob das ein guter Weg ist. Und ich auch nicht.
    »Er soll damit noch ein wenig warten«, sage ich. »Besser ist, wir machen sie lächerlich, indem wir den Dolochow-Fall lösen.«
    Droch sieht mich spöttisch an, der Chefredakteur bewundernd. Mir ist, als stünde ich neben mir. Da die toughe, furchtlose Mira. Und daneben die Mira, die schon in einem harmlosen Birkenwald die Panik packt und die sich im Flughafenklo einsperrt.
    Den Rest des Nachmittags verbringe ich in der Bundespolizeidirektion. Dr. Gehringer von der Internen Revision ist einer jener Polizeibeamten, die tun, als hätten sie nicht nur das Recht, sondern auch die Wahrheit gepachtet. Ich mache ihm klar, dass Klaus Feldner und ich am Tatort waren, bevor Zuckerbrot von dem Mord auch nur etwas geahnt hat. Es gibt Zeugen, zum Beispiel die Putzfrau aus der Wohnung am Graben. Gehringer sieht mich spöttisch an. »Eine Türkin, die kaum Deutsch kann.«
    Ich werde wütend. Ich hab wirklich etwas anderes zu tun, als mich mit diesem aufgeblasenen Paragrafenheini zu unterhalten. »Glauben Sie etwa, Türken lügen grundsätzlich? Und: Gibt es keine Dolmetscher mehr bei der Polizei?«
    Gehringer mustert mich mit Stirnrunzeln. »Unterstellen Sie mir nicht, ein Rassist zu sein. Ich habe schon gehört, dass Sie mit Unterstellungen arbeiten.«
    Als Zeugen nenne ich außerdem den Chefredakteur und seinen Freund, den TV -Korrespondenten in Peking. Der eine sei doch recht weit weg, um zu wissen, was in Wien vorgefallen sei, der andere »in den Fall involviert«, bekomme ich zur Antwort.
    »Wahrscheinlich war Zuckerbrot auch am Arlberg im ›Zirben‹ und hat mich angerufen, damit ich rechtzeitig einen Sprung vorbeischaue und beobachten kann, wie Dolochows Truppe vor Sorger flieht«, spotte ich.
    »Wir ermitteln vorurteilsfrei«, lautet die selbstgerechte Antwort.
    »Ich frage mich nur, was es zu ermitteln gibt. Den Prospekt haben wir von einem der Investoren.«
    »Wie ist sein Name?«
    Ich will ihn nicht nennen, Vesna soll die Chance haben herauszufinden, ob und wie Flemmings Geld zu »Direktinvest« gegangen ist. Ich schüttle den Kopf.
    »Ach, den wissen Sie nicht? Kein Wunder«, spottet Gehringer. »Weil Zuckerbrot einen Prospekt bei seinen Akten hatte. Er hat Ihnen eine Kopie überlassen. Der Abdruck im ›Magazin‹ stammt von einer Kopie, wir haben das geprüft.«
    Das stimmt. In dem ganzen Trubel rund um die Brandbombe bei Vesna bin ich nicht mehr rechtzeitig zum Original gekommen.

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