Russen kommen
Steuern, muss er, in seiner Funktion.«
»Und wenn sie etwas hätten mitgehen lassen? Oder etwas zerstört hätten?«
»Das wäre im Mietpreis drin gewesen, hat mein Kollege gemeint.«
Der Chefredakteur verspricht, mir so schnell wie möglich die Adresse der Putzfrau zu verschaffen. Ich räuspere mich. »Ich habe eine gute Freundin. Sie hat ein Reinigungsunternehmen. Aber so nebenbei nimmt sie auch Nachforschungsaufträge an.«
Feldner sieht mich interessiert an.
Ich versuche ein Lächeln. »Die österreichische Detektivordnung, sie ist ziemlich antiquiert«, sage ich. »Sonst würde meine Freundin es längst legal machen. Ich hätte sie bei den Recherchen gerne dabei. Wir sind quasi ein Team.«
»Wir können sie nicht schwarz zahlen, wir haben kein Geld für so etwas.«
»Sie könnte eine Rechnung über Reinigungsarbeiten ausstellen.«
Der Chefredakteur seufzt. »Kann sein, dass ich doch nicht richtig eingeschätzt habe, was mich hier im ›Magazin‹ alles erwartet.«
»Es ist nicht so, dass wir Vesna dauernd brauchen«, beruhige ich ihn. »Außerdem ist sie um einiges billiger als die üblichen Detektive. Und besser.«
Ich treffe mich mit Vesna in einem Café am Graben und esse um einen horrenden Preis drei winzige Brötchen. Sie wird sich auf die Suche nach Sachow machen. Und sie kann mir jetzt schon sagen, dass Dolochow vermutlich lange auf der Terrasse hätte liegen können, ohne dass es einem seiner Mitbewohner aufgefallen wäre. Erstens wohnen nur zwei der acht Parteien ständig hier, zwei weitere Wohnungen seien, ähnlich wie die des Peking-Korrespondenten, immer wieder kurzfristig vermietet. Eine davon gehöre einer amerikanischen Sängerin, die nur selten hier sei. Eine andere stehe gerade zum Verkauf. »Achtzig Quadratmeter, nur kleiner Balkon, erster Stock und vierhunderttausend Euro«, sagt Vesna und dreht die Augen nach oben. Die große Wohnung neben der des Korrespondenten, die mit der Dachterrasse in die entgegengesetzte Richtung, gehöre einer Pharmafirma, die darin Kunden und hochrangige Mitarbeiter unterbringe. Und die beiden ständigen Wohnparteien seien ein Arzt, der momentan in seiner Villa am Wörthersee sei, und die Tochter eines großen Immobilienmaklers. »Hat mir Haushälterin gesagt, sehr nette Frau, kommt aus Kroatien, aber du weißt, ich bin nicht nationalistisch.« Die Tochter des Maklers studiere und sei daheim gewesen. »War freundlich, aber hat gar nicht gewusst, dass Korrespondent nicht mehr da ist. Ich muss mit Putzfrau reden und mit anderen Putzfrauen im Haus. Die sind da. Die sehen viel. Hoffentlich. Aber nicht so einfach, viel Polizei herum in Zivil, ich habe gesagt, ich sehe mich nach guten Putzjobs um, habe Firma und will Aufträge.«
Ich muss eingenickt sein, schrecke in die Höhe, als mein Telefon klingelt. Vesna lächelt liebevoll, ich schüttle mich, drücke die Empfangstaste.
»Sorger hier.«
»Was für ein …« Es reicht, niemand soll mich heute mehr stören. Ich will heim, nur heim. Sorger. Sorger-Bau, der von: »Wir sorgen uns um Ihren Bau.«
»… Entschuldigung, Herr Sorger?«
»Sie wollten, dass ich Sie zurückrufe.«
Ich kann ihm nicht sagen, dass Dolochow tot ist. Dann weiß es ganz Wien. »Sie waren am Arlberg. Ich habe Sie dort kurz gesehen, ich arbeite an einer Story über die Prominenz am Arlberg.«
»Tut mir leid, dass ich so spät zurückrufe, ich habe eine neue Sekretärin, und die zweite ist auf Urlaub. Sie weiß noch nicht, was wichtig ist.«
»Können wir uns treffen?«, frage ich und hoffe trotz allem, dass er heute keine Zeit mehr hat.
»Natürlich«, sagt er. »Die Baumeisterinnung empfängt heute Abend ihre lettischen Kollegen. Sie könnten hinkommen. Wird übrigens ein sehr netter Event, Sie könnten gleich auch darüber berichten.«
Sonst noch was. »Klingt spannend«, sage ich lahm.
»Hotel ›Intercontinental‹«, fährt der Bauunternehmer fort. »Ich bin schon da, das Abendessen ist vorbei, gleich geht die Party los.«
»Können wir uns an der Bar treffen?«
»Kommen Sie doch einfach in den Saal. Und bringen Sie einen Fotografen mit.«
»Okay. Und ich schaue, ob ich einen Fotografen auftreiben kann.«
Sorger ist begeistert. Ich brauche seine Kooperation. Vesna geht gut als Fotografin durch. »Valentin wollte mit mir auf eine Vernissage«, sagt Vesna.
»Es dauert nicht lange«, bettle ich.
»Okay, es ist wichtiger«, entscheidet Vesna. Im Auto habe ich eine Kamera. Sie ist zwar nicht besonders gut, aber sie sieht
Weitere Kostenlose Bücher