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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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professionell aus. Und mehr muss sie für diesen Anlass auch nicht tun.
    Hotellobby in Braun und Gold, die Schilder weisen uns den Weg zum österreichisch-lettischen Baumeistertreffen. Zum Glück hat Oskar heute Abend einen Geschäftstermin. Ein Abend allein zu Hause. Wäre das schön gewesen. Gismo auf dem Schoß und vor dem Fernsehen einschlafen. Sei nicht so zimperlich, Mira. Es wird nicht lange dauern.
    Im Saal spielt eine vierköpfige Band »Strangers in the Night«. Einige Paare tanzen, aber der Männerüberschuss ist offensichtlich. Sorger entdeckt mich, bevor ich ihn sehe, er winkt mich mit großer Geste näher. »Darf ich vorstellen?«, sagt er mit etwas gerötetem Gesicht. »Kommerzialrat Hintermeier, quasi Chef der Österreichischen Baumeister.«
    Ein zierlicher älterer Herr, der nicht so aussieht, als hätte er je selbst einen Ziegel in die Hand genommen, verneigt sich vor mir und küsst mir formvollendet die Hand.
    »Fotografieren Sie uns!«, ruft Sorger ohne jede Scheu Vesna zu. Sie lächelt, nickt und fotografiert. Wenn es ihm Freude macht …
    Zehn Minuten später gelingt es mir, ihn aus dem Saal an einen ruhigen Tisch in der Bar zu lotsen. Ich schalte mein Aufnahmegerät ein und frage ihn zuerst so allerlei über seine Arlbergurlaube, das mich gar nicht interessiert. Und als es gerade passt, sage ich: »Ich habe Sie übrigens im ›Zirben‹ gesehen, wir waren gerade beim Gehen, als Sie mit zwei Amerikanern und Toni Berger gekommen sind.«
    »Warum sind Sie nicht zu uns gekommen?«, fragt er und sieht mich schmollend an.
    »Ich wollte nicht stören, außerdem hatte ich noch eine Einladung. Das ›Zirben‹ ist großartig, nicht wahr? Der Hüttenwirt hat gesagt, Sie seien öfter dort.«
    Sorger nickt begeistert und strahlt, als hätte ich ihn an seine Lieblingskekssorte erinnert. Spielt er bloß den Hanswurst, oder ist er wirklich so einfach gewickelt?
    »In letzter Zeit sind auch die beiden Amerikaner immer wieder dort«, ergänze ich.
    »Kein Wunder«, erwidert Sorger. »Ich liebe den Arlberg, und ich bringe ihm Gäste. Ich baue den beiden ein Haus in Oberlech. Tom gehört eine große Schuhhandelskette in den USA , und David, das ist sein Freund. – Mit so etwas habe ich keine Probleme.«
    Schuhhandelskette. Klingt nicht nach einem zwingenden Kontakt zu Dolochow.
    Ich lache kurz. »Da ist etwas Seltsames passiert: Sie sind ja mit dem Hubschrauber gelandet. Es haben natürlich alle im ›Zirben‹ geschaut, wer da aussteigt. Und an einem der Tische ist Dolochow, der Oligarch, gesessen, gemeinsam mit drei Begleitern. Plötzlich ist er aufgesprungen, und die vier sind durch die Küche, durch den Hinterausgang, ins Auto und waren weg.«
    Sorger schaut mich mit offenem Mund an. »Warum?«
    »Ich dachte, vielleicht wissen Sie eine Antwort darauf. Dolochow soll auch in meiner Story über Prominente am Arlberg vorkommen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass er am Arlberg war. Er war letztes Jahr da, hat er mir erzählt.«
    »Sie kennen ihn?«
    »Aber ja. Er macht Geschäfte in Österreich. Also kennt er mich.« Er klopft sich an die Brust. »Und, ganz unter uns: Auch ich mache Geschäfte mit ihm. Geplant ist Größeres. Aber zuerst baue ich eine kleine orthodoxe Kapelle für seinen Großvater, der ist hier gefallen. 1945.«
    Jetzt sehe ich ihn mit offenem Mund an. »Welchen Grund hätte er, vor Ihnen zu fliehen? Warum sollten Sie ihn nicht sehen?«
    Sorger sieht mir freundlich ins Gesicht. »Dafür gibt es keinen Grund. Das muss eine Verwechslung gewesen sein.«
    »Wie sind Sie zu dem Auftrag gekommen?«
    »Na unter Freunden. Weil wir uns kennen.«
    »Ja, klar. Also er hat Sie einfach angerufen und gesagt, er will eine Kapelle?«
    »Was haben Sie die ganze Zeit mit dem Dolochow?«
    Vorsicht, Mira, er darf nicht misstrauisch werden. Ich lächle süß. »Ich frage ja nur, weil Sie einer der wenigen sind, die tatsächlich einen russischen Oligarchen kennen.«
    »Also: Einer seiner Mitarbeiter hat bei mir angerufen, und dann haben wir uns getroffen. Den Rest hat wieder einer seiner Mitarbeiter mit meinem Bauleiter gemacht.« Letzteres passt zu dem, was Urbanek erzählt hat.
    »Hat der Mitarbeiter Sachow geheißen?«
    »Nein, warum? Ich kenne keinen Sachow, ich kann mir russische Namen nicht merken, aber so hat er sicher nicht geheißen.«
    »Am Arlberg ist es wirklich schön«, seufze ich sehnsuchtsvoll. Noch etwas: »Spricht Dolochow wirklich so gut Deutsch, wie alle sagen?«
    Der Bauunternehmer nickt.

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