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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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zu uns kommen.«
    Dummerweise habe ich keinen Anhaltspunkt, aus welchem Land der Stammgast sein könnte. Ein Russe? Das wäre naheliegend. Aber es waren auch Holländer da. Allerdings keiner allein, soviel ich mitbekommen habe. Amerikaner. Deutsche. »Er war allein da, er kommt immer alleine, seine Frau mag die Berge nicht, hat er mir erzählt. Und an einem Abend hat er mit einem Russen gegessen.«
    Thomas’ Gesicht strahlt auf. »Nicht am Abend, zu Mittag war das Essen. Den kenne ich schon, das muss Professor Welser sein, er ist Professor an der Wiener Universität. Irgendwie nett. So wie man sich einen Professor vorstellt. Zerstreut und so. Aber okay. Auch wenn er keine großen Trinkgelder gibt. Dafür hat mir der Russe gleich einen Fünfziger gegeben. Ich hab mich noch gewundert, was die miteinander zu tun haben. Bei uns hat der Russe nicht gewohnt, vielleicht war er auch allein unterwegs.«
    »Natürlich, Professor Welser«, nicke ich.
    »Soll ich Ihnen die Adresse heraussuchen lassen? Ich könnte die Chefin fragen.«
    »Nein, danke, gar nicht notwendig, kein Problem, ich kann ihn an der Uni anrufen.«
    »Sicher?«
    »Ganz sicher.« Hoffentlich neigt der Junge nicht zur Fleißaufgabe.
    Es ist kurz nach acht, als ich mich auf den Weg mache. Für mich ist das jedenfalls noch immer mehr als früh. Das Haus von Toni Berger liegt außerhalb, der kürzeste Weg führe die Loipe entlang, hat mir Guggenbauer erklärt.
    Nasser Schnee und Matsch. Ich habe meine besten Schuhe an, schwarze Geox-Schuhe mit Klettverschluss, sie sind schon nach einigen hundert Metern klatschnass. Ich hätte die Straße entlanggehen sollen, auch wenn der Weg länger ist. Die Loipe ist nicht mehr in Betrieb, die Spur teilweise nicht mehr sichtbar, dort wo die Morgensonne hinscheint, haben sich Wasserlachen gebildet. Wer weiß, wann Guggenbauer den Weg zum letzten Mal gegangen ist.
    Jetzt bin ich auf der anderen Seite des Bergrückens. Kein Haus mehr zu sehen, nur ganz oben eine Liftstation wie ein Vogelnest, und hörte ich nicht leises Hämmern von Zürs her, ich würde nicht glauben, dass hier in der Nähe irgendjemand ist. Ich blicke auf zu den Bergen. Das ist kein Klischee, hier kommt man sich wirklich winzig klein vor. Majestätisch nennt man sie, die Berge. Natürlich sind sie eindrucksvoll, wunderschön, atemberaubend, aber ich hab es eben nicht so mit den Majestäten. Nicht jammern, Mira, jetzt muss das Berger-Haus gleich kommen. Noch eine Biegung, hinter dem nächsten Hang sollte ich es nach Guggenbauers Beschreibung sehen. Er ist sicher schon wieder auf der Baustelle. Ich rutsche aus, stütze mich mit der rechten Hand ab, sie landet im feuchten Matsch, sie schmerzt, als ich mich aufrichte. Ich wische mir die Hand an den Jeans sauber. Jetzt höre ich gar nichts mehr von Zürs, nur meinen Atem und meine Schritte. Schritt, Schritt, Schritt. Und dann ein neues Geräusch. Ich kann es zuerst nicht identifizieren, es klingt wie ein altes Pistengerät, aber wo sollte da eines sein? Es wird lauter, rasch wird es lauter, ich schaue nach oben, hinter mich: ein Hubschrauber. Ich bin beruhigt. Alles, was irgendwie nach Leben aussieht, hätte mich beruhigt. Ich gehe weiter. Der Hubschrauber fliegt in meine Richtung. Ich bin nicht allein auf der Welt. Gut so. Beschwingt gehe ich weiter durch das nasse Weiß. Jetzt ist der Hubschrauber schon sehr nahe. Er scheint direkt auf mich zuzukommen. Er verliert an Höhe. Das Geräusch fängt sich zwischen den Hängen, es ist längst so laut, dass ich meine Schritte nicht mehr höre. Bedrohliches Rotieren des Propellers, ich bilde mir ein, schon den Wind der Rotorblätter spüren zu können.
    Ich weiß, was jetzt passieren wird, auch wenn ich keine Actionfilme mag. Der Hubschrauber wird mir ganz nahe kommen, es wird ein Mann in der offenen Tür sichtbar werden, er hat eine Maschinenpistole in der Hand und feuert. Ich muss laufen, laufen, und wenn ich keine Chance habe wegzulaufen, dann muss ich mich an die Kufen hängen, ich muss ihn stellen, den Mörder. Dumme Fantasie. Trotzdem drehe ich mich noch einmal um. Gehetzt. Jetzt ist der Hubschrauber fünfzig Meter von mir entfernt, höchstens drei Meter vom Boden. Ich könnte nirgendwohin, keine Bäume, kein Unterstand, überall nur Schnee und Eis und Wasser. Immer die Loipe entlang, hat Guggenbauer gesagt, vielleicht steckt er mit Berger unter einer Decke? Zuerst musste Dolochow daran glauben, jetzt bin ich dran. Der Helikopter ist beinahe über mir, ich beginne zu

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