Russen kommen
rennen, ich rutsche aus, rapple mich wieder auf, die Loipe macht eine Biegung, wo ist das Haus? Wer hetzt mich? Geheimdienst? Dolochow?
Der Hubschrauber landet auf einem Hügel neben mir, gerade zehn Meter entfernt. Zwei Männer steigen aus. Einer von ihnen ist Toni Berger. Ich bin schweißüberströmt. Die beiden wirken unbewaffnet. Ich zwinge mich, stehen zu bleiben. Ich keuche. Berger läuft auf mich zu: »Ich hoffe, unser Heli hat Sie nicht erschreckt. Wir können hier nur auf diesem Hügel landen.«
Ich versuche ein Lächeln. »Mir war bloß plötzlich nach Joggen. In dieser einzigartigen Naturkulisse. Haben Sie kurz Zeit?«
Berger nickt. Ich möchte wissen, ob das ein ganz gezielter Versuch war, mir Angst zu machen.
Ich sitze mit Berger in einem überladenen Wohnzimmer, fünfzig Quadratmeter, großer offener Kamin, nicht eingeheizt, viel zu viel dunkles, massives Holz. Im ersten Stock, so hat er mir erzählt, sind einige Gästewohnungen. Aber nun seien die Gäste weg und seine Frau mache eine Woche Urlaub mit einer Freundin, im Warmen.
Dass Dolochow vor ihnen geflohen sein soll, kann er nicht glauben. »Es stimmt, es ist ein großer schwarzer Geländewagen davongefahren, als wir zum Eingang vom ›Zirben‹ gegangen sind. Ich glaube, es war ein Porsche Cayenne. Ich kenne Dolochow nicht. Weder den echten noch den falschen. Ich bin mit ihm nie Ski gefahren.«
»Und die beiden Amerikaner?«
Berger lacht. »Die sind sehr okay, stockschwul, sehr nett. Und hervorragende Skifahrer.«
»Und Sorger?«
»Der ist ein super Kunde, kommt immer wieder mit Geschäftsfreunden. Am Anfang war ich besorgt, Heli-Skifahren ist nicht einfach. Ich kann mir da oben auch harmlosere Pisten suchen, aber es ist nichts präpariert. Doch Sorger ist ein erstaunlich guter Skifahrer. Und eigentlich ein sehr netter Mensch.«
»Haben Sorger und die Amerikaner über irgendwelche Investitionen in Russland gesprochen? Über ein Treffen mit Russen?«
»Sicher nicht, als ich dabei war. Sie haben über das Haus geredet, das Sorger für sie baut. Und ansonsten übers Skifahren. Ich würd Ihnen gern helfen«, sagt Berger und lächelt, »aber leider, den Dolochow und seine Leute habe ich nie gesehen.«
Ich überlege. Wenn Dolochow am Arlberg war, wird er auch Ski gefahren sein. Und wenn nicht, dann vielleicht die junge Russin? Oder Sachow? Oder er hat für potenzielle Kunden Skikurse, Skitouren bestellt. Scheint ja üblich zu sein.
Der ehemalige Skirennläufer wiegt den Kopf. Das sei schon möglich, aber er wisse nichts davon.
»Das muss ja irgendwo vermerkt sein. Auf Rechnungen. Und es wird Pläne geben, wer mit wem fährt.«
»Natürlich. Bei Touren schreiben wir auch dazu, in welchem Hotel die Teilnehmer wohnen, nur für den Fall, dass etwas passiert.«
»Könnte ich diese Listen sehen?«
Berger schüttelt bedauernd den Kopf. »Verschwiegenheit. Das ist wichtig. Unsere Gäste wollen ihre Ruhe.«
»Heilige Berge, das ist ja wie mit dem Beichtgeheimnis!«
Berger nickt. »Wir sind Profis.«
»Und wenn ich eine Skitour bestelle …«, versuche ich es. Schreckliche Vorstellung, in diesem Matsch hinauf auf die Gipfel. Und was das kostet.
»Der Zoglauer ist noch da, ein Kollege von mir, der fährt mit vielen Prominenten. Die Liste kann ich nicht hergeben, aber wenn der etwas weiß über den Dolochow …«
»Der Polizei wird er es ja jedenfalls erzählen müssen.«
»Das ist eine Behörde. Und die Liste … Ich bin mir nicht sicher, ob die nach Saisonschluss noch aufbewahrt werden muss.«
»Ich bin keine besonders gute Skifahrerin«, sage ich langsam. Das sollte Oskar machen, da könnte er einmal etwas für mich tun, mich vor einer realen Gefahr bewahren, denke ich. Oder Vesna, die unerschrockene Vesna. »Aber ich könnte ja einmal reden mit diesem Zoglauer.«
»Ich kann Sie mitnehmen, ich muss eh in die Skischule«, sagt Berger.
»Mit dem Hubschrauber?«, sage ich erschrocken. Nicht auch das noch.
»Der ist längst abgeflogen, mein Spezi hat mich hier nur abgesetzt«, erwidert der ehemalige Skistar.
Habe ich gar nicht mitgekriegt.
Wir nehmen den Geländewagen, der hinter dem Haus steht, einen schon etwas ramponierten Jeep. Ich muss erst einen Anorak, zwei Skibrillen, eine Packung Chips und eine Landkarte vom Beifahrersitz räumen, bevor ich einsteigen kann. Berger scheint sein Durcheinander egal zu sein.
Wenn ich herausfinden könnte, mit wem Dolochow Ski gefahren ist … Oder auch dieser Professor Welser …
Berger fährt wie
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