Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
Oskar kennt Bruno nur aus Erzählungen. Bruno ist stark. Er will mich beschützen. Ich springe auf, taumle, fange mich an der Tür, reiße die Eingangstür auf. Bruno starrt mich erstaunt an.
    »Das ist Oskar, mein Mann«, sage ich zu Bruno, und er nimmt langsam, wie bedauernd, die Hand von Oskars Oberarm.
    »Viel Kraft«, sagt Bruno und keucht.
    »Was soll das?«, fragt Oskar. Auch er ist außer Atem.
    Ich lasse ihn in die Wohnung. Misstrauisch beäugt von Bruno, geht er nach drinnen.
    »Danke«, sage ich zu Vesnas Mann fürs Grobe. »Aber das ist wirklich mein Mann. Du passt weiter auf?«
    Bruno nickt. »Bis kommt Chefin.«
    »Was soll das?«, wiederholt Oskar, nachdem ich die Tür zugesperrt habe. »Du gehst nicht ans Telefon. Du bist nicht in der Redaktion, Droch sucht dich auch schon. Du bist daheim, und hinter dem Hauseingang lauert einer von Vesnas Schlägern.«
    »Das sind keine Schläger, sie passen eher auf, dass nicht geschlagen wird.«
    »Das habe ich gemerkt«, sagt Oskar und reibt sich den Unterarm.
    »Du wolltest doch, dass er mich einige Tage beschützt.«
    »Bislang habe ich nichts von ihm gesehen. Und ich wäre davon ausgegangen, dass du ihm vorher sagst, wer ich bin. Was ist los?«
    »Ich will bloß in Ruhe nachdenken, in der Redaktion ist keine Ruhe. Und ich habe mit Vesna vereinbart, dass sie zu mir kommt, und wir gehen den Fall durch. Bei ihr im Büro ist auch zu wenig Ruhe.«
    »Und daheim? Bei mir?«
    Ich brauche eine Ausrede. Rasch. Ich kann mir vorstellen, was passiert, wenn ich ihm von der Stichwunde erzähle. »Ich musste herkommen. Der Gaszähler wurde heute abgelesen.«
    »Das können nicht deine Nachbarinnen für dich erledigen?«
    »Die haben keine Zeit.« Hoffentlich kommt keine von ihnen aus der Wohnung.
    Oskar seufzt. »Das heißt, ich brauche heute Abend nicht mit dir zu rechnen.«
    »Du hast mir doch erzählt, dass du mit diesem Staatsanwalt und seinem Sohn, der eine Stelle in einer Anwaltskanzlei sucht, essen gehen musst.«
    »Ich dachte, du kommst mit. Es gibt Leute, die glauben mir gar nicht, dass wir zusammen sind, so selten, wie man uns gemeinsam sieht. – Vor allem in letzter Zeit.«
    »Das wird wieder anders«, tröste ich Oskar. Sag ihm doch alles, lass dich verwöhnen, geh mit ihm und dem Staatsanwalt und dessen Sohn in ein Gourmetlokal. Lass dich bedauern. Schreibe, was du weißt, lass offen, was du nicht weißt, und überlasse den Rest Zuckerbrot. Der ist Profi. Und der hat einen ganzen Apparat an Profis hinter sich. Du hast doch ohnehin schon gezeigt, was du kannst. Ich hole gerade Luft, als Oskar sagt: »Okay, wenn du es so willst.« Es klingt kalt. Ich nicke.
    Vesna kommt, nur eine Viertelstunde nachdem Oskar gegangen ist. Sie hat mir ein neues Mobiltelefon mitgebracht und Grüße von Droch.
    »Er hat gemeint, ich soll dich mit meinen Geschichten in Ruhe lassen«, lacht Vesna. »Ich habe gesagt, diese Geschichte ist deine Geschichte. Von Raub habe ich ihm erzählt, aber nicht von Stich. Kannst du ihm morgen sagen, er will, dass du morgen früh in Redaktion bist.«
    »Bin ich sowieso«, sage ich und bin genervt, dass die Männer immer über mich bestimmen wollen.
    »Chefredakteur habe ich bei Gelegenheit auch gesehen, kenne ihn ja vom Fernsehen, habe Grüße ausgerichtet und dass du an der Sache dran bist. Ist in Natur noch attraktiver als im Fernsehen. Aber so jung …«
    »So jung auch nicht mehr.«
    »Raub ist bei Polizei gemeldet, aber du musst kommen und selbst Protokoll machen. Brauchst du auch für Versicherung.«
    Ich nicke. Ich hätte Oskar nicht so gehen lassen sollen. Was ist es, das mich hin- und herzieht zwischen ihm, zu dem ich will, und dem Gefühl, frei sein, frei entscheiden und handeln zu müssen? Mache ich das eine, sehne ich mich nach dem anderen. Mache ich das andere, sehne ich mich nach dem einen. Meinem Oskar.
    Vesna hat nicht nur ein Mobiltelefon mitgebracht, sondern auch Brot, Oliven, Ziegenkäse und gefüllte Weinblätter. »Wir brauchen Abendessen. Natürlich lasse ich dich heute Nacht nicht allein.« Und seltsam, wenn Vesna das sagt, macht mir das gar nichts. Ganz im Gegenteil.
    Ich wache gut ausgeschlafen auf, meine Wunde spüre ich kaum noch. Zum Glück heilt bei mir alles sehr rasch. Ich höre Vesna, der ich auf der Couch im Wohnzimmer ein Bett gemacht habe, in der Küche rumoren. Ich stehe auf. Sie wischt die Küchenkästen. »Muss ich reden mit Draga. Sie ist schlampig. Siehst du nicht, dass sie alle Ecken vergessen hat? Man muss ihr

Weitere Kostenlose Bücher