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Russische Freunde: Kriminalroman

Russische Freunde: Kriminalroman

Titel: Russische Freunde: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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an der Schulter gepackt und zog ihn mit sich. Der Hosenboden der Jeans hing dem Jungen bis zu den Knien. Er trug eine bunte Rastamütze, hatte ein Piercing im Grübchen unter der Unterlippe und einige sorgsam geflochtene Barthaare an der Kinnspitze.
    »Ich hab den Rowdy hier am Haus gesehen. Er wollte wegrennen. Rufen hat nichts genützt, ich musste ihm meine Waffe zeigen«, schimpfte Korhonen, der immer noch die Pistole in der Hand hielt. Mit der freien Hand holte er unter mühsamen Verrenkungen zwei Spraydosen aus den Taschen seines Blousons. »Und hier sind die Tatwerkzeuge. Die dritte Farbdose hat er da drüben in die Büsche geworfen.«
    »Ich hab nix getan! Bin bloß so rumgelaufen, ist doch nicht verboten, oder? Da prescht auf einmal der Irre hier an und schreit und lärmt. Das ist Freiheitsberaubung und Nötigung«, begann der Junge leicht näselnd.
    »Schnauze! Dass du ’s weißt: Ich bin Dirty Harry Callahan auf Finnisch, nämlich Teppo Korhonen aus Helsinki-Malmi. Und du Weichei hörst mir jetzt zu. Du hattest vor, fremdes Eigentum zu beschädigen, du wolltest irgendeine blöde Sudelei an die Hauswand sprayen. Ich geb zu, sie ist grau und nicht ganz sauber, aber du kleiner Knilch bist keine Fassadenaufsicht von eigenen Gnaden. Du entscheidest nicht über neue Farbtöne oder psychedelische Ornamente«, predigte Korhonen.
    »He, ist der total bescheuert? Bist du überhaupt ein Bulle?« Der Junge wandte sich an uns, um Korhonens Autorität anzuzweifeln.
    »Auf die Knie. Hände in den Nacken. Und mach dir keine Gedanken darüber, ob ich dich über deine Rechte belehrt hab. Das hier ist Law & Order und Der Alte und The Dudesons, alles auf einmal. Also smack down, du Schmutzfink. Du redest nur, wenn du gefragt wirst.«
    Korhonen brüllte und hielt dem Jungen die Pistole an die Schläfe. Ich schluckte so heftig, dass mein Adamsapfel im geschraubten Salto aufstieg und mit einem Auerbach wieder in der Kehle landete.
    »Ich hab’s leider eilig. Hab jetzt keine Zeit, dich einzubuchten. Ich hab nämlich einen russischen Killer bei mir, den Schrank da«, erklärte Korhonen.
    »Aber das ist doch ein Schwarzer, ein Somali oder so, und er ist Busfahrer«, wagte der Junge zu protestieren. Er verzog das Gesicht und verengte die Augen, als ob er glaubte, der Kugel so ausweichen zu können.
    »Intelligenzbestie«, höhnte Korhonen. »Und Vorurteile hast du auch noch. Der Schwarze gehört zur Mordkommission, er arbeitet undercover. Wenn du ihn irgendwo siehst, hältst du den Mund. Der andere hat in einer Kiesgrube ein paar Gauner kaltgemacht. Genickschuss.«
    Ich versuchte, ausdruckslos in die Luft zu starren. Jussuf musste lachen, trotzdem blies er sich auf und steckte die Daumen lässig in den Gürtel.
    »Und weißt du was, diese Gauner waren ganz normale finnische Kleinkriminelle, jedenfalls am Anfang. Zuerst haben sie ab und zu im Laden geklaut und der Oma im Nachbarhaus Geld aus der Zuckerdose stibitzt, dann kamen größere Sachen und Drogen und alle mögliche Scheiße. Und jetzt sind sie tot. Aber weißt du, Junge … wie heißt du?«
    »Niilo«, antwortete der Junge artig.
    »Weißt du, Niilo, was ihr allererstes Verbrechen war? Sie haben fremdes Gut beschmiert und kaputt gemacht und verdorben. Die Geleegläser der Nachbarn im Keller zerschlagen. In die Schlittschuhstiefel ihrer Mitschüler gepinkelt. Obszöne Bilder in die Hobelbank der Schule geritzt. Und obendrein noch gelacht, die Blödmänner. Das ist die Theorie über den Weg zum Bösen by Teppo Korhonen«, redete er sich in Fahrt.
    Niilo hockte auf den Knien. In den zartgrün belaubten Ahornbäumen und Bruchweiden lärmten die Vögel um die Wette. Korhonen klopfte dem Jungen mit dem Pistolenlauf unters Kinn, auffordernd, aber liebevoll, sofern eine Polizeiwaffe liebevoll wirken kann.
    »Steh auf, Niilo. Hier, Onkel Teppo gibt dir seine Karte. Du rufst mich nächste Woche an und erzählst mir, was es Neues gibt. Oder wir verabreden ein Treffen. Und du rupfst dir den Knopf aus dem Kinn. Du bist doch hoffentlich nicht tätowiert, Bürschlein?«
    »Nur ein kleiner Schmetterling auf der Schulter«, stammelte Niilo.
    »Jämmerlich. Der Gorilla da hat einen Adler mit ausgebreiteten Schwingen auf dem Rücken.« Korhonen deutete mit dem Kopf auf mich. Ich betrachtete die Baumwipfel. »Und auf Fingern und Handrücken die Kennzeichen von russischen Gefängnissen. Denk mal drüber nach. Das ist kein schöner Anblick.«
    Ich steckte die Hände in die Taschen.
    »Geh

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