Russische Freunde: Kriminalroman
der Thermoskanne ist Kaffee, in der Plastikdose Zucker, außerdem eine kleine Flasche Milch …«, pries er seine Mitbringsel an.
»Warum zum Teufel schleppst du das Zeug an? Wir wollen hier doch kein Café eröffnen. Und was ist das für Umzugsgut? Hat es deshalb so lange gedauert?« Ich ahnte Böses.
»Ich musste Birgitta doch erklären, dass ich eine Weile verreise. Und ich hab Klamotten eingepackt. Für dich auch. Deine Garderobe ist doch in Rauch aufgegangen, du Ärmster. Na ja, vielleicht findet sich in den Ruinen ja noch ein rußiges Pikeehemd. Jedenfalls hab ich ein paar Trainingsanzüge, Unterhosen und T-Shirts eingepackt, und eine saubere Zahnbürste, Schuhe und so«, erklärte Korhonen und goss Kaffee ein. »Ich hätte dich gern zum Frühstück reingeholt, aber die Familie schläft noch, und Bibi mag es nicht, wenn ich Arbeit mit nach Hause bringe. Brauchst dich gar nicht zu bedanken, es gibt alle möglichen Sammelaktionen für die Kinder jenseits der Grenze, Babykleidung für Sortavala und so … auch nicht viel anders, als wenn ich dir ein paar von meinen alten Klamotten abtrete.«
Ich sah Korhonen an und versuchte zu erkennen, ob er es ernst meinte oder ob sein Gerede reine Frotzelei war.
»Mein lieber Teppo, bildest du dir etwa ein, ich würde dich mitnehmen?«
»Du nimmst mich mit, weil du musst«, lächelte Korhonen freundlich. »Und du brauchst mich.«
Ich schlürfte meinen Kaffee und aß Butterbrote. Korhonen plauderte weiter und bot mir eine Scheibe Hefezopf an. Ich schüttelte den Kopf. Korhonen aß beide Scheiben.
»Okay. Los geht’s«, kommandierte ich. Ich hatte mir überlegt, dass Korhonen so lange bei mir bleiben konnte, bis ich ein Auto hätte. »Fahr erst mal nach Hyrylä. Da sag ich dir, wie’s weitergeht.«
Korhonen schraubte die Thermosflasche zu und ließ den Motor an, stieß aus der Parklücke und fuhr auf die Straße. Wir waren bis zur ersten Straßenecke gekommen, als ich von rechts den roten Toyota heranbrausen sah. Der Fahrer scherte sich nicht um die Bremsschwellen, prallte beinahe mit der Stoßstange gegen die Betonkissen und versuchte, Korhonens Renault den Weg abzuschneiden. Doch das Tempo war zu hoch, der Toyota glitt auf die Verkehrsinsel zu. In letzter Minute riss der Fahrer das Steuer herum, und der Wagen rauschte auf seiner eigenen Spur an uns vorbei. Der Versuch, mit einem Handbremsenmanöver zu wenden, misslang, der Schwung reichte nicht aus: Der Toyota stand quer auf der Fahrbahn. Der Fahrer setzte hektisch vor und zurück, um auf der schmalen Straße zu wenden.
Korhonen gab Vollgas. Er fuhr über die Kreuzung hinweg auf eine Straße, die sich vor der Kindertagesstätte verengte und zum Fahrradweg wurde. Korhonen wich den rotgelben Stahlpfeilern aus, indem er auf die Böschung und halb in den Straßengraben fuhr. Der Renault schien umkippen zu wollen, aber Korhonen ließ den Motor aufheulen und schaffte es, seinen Wagen wieder auf den Weg zu bringen. Von der offenen Ladefläche des alten Kombis flogen leere Getränkedosen, und die Scheibenwischer schalteten sich von selbst ein, kratzten und knirschten auf der trockenen Scheibe. »Für Mofas zugelassen«, sagte Korhonen und schmatzte jedes Mal nervös, wenn der Wagen seitlich wegrutschte.
Der Fahrradweg stieg leicht an und führte in einer flachen Kurve an den Schulgebäuden vorbei. Bestimmt singen die Vögel, hier war neulich eine Nachtigall, ging mir unvermittelt durch den Kopf, als Korhonen Kurs auf den großen Schulparkplatz nahm. Er fuhr jetzt fast im Schritttempo und prustete ein halbes Lachen heraus.
»Wir fahren zum Polizeirevier Malmi, mal sehen, ob die sich trauen, uns zu folgen. Zumindest haben wir dort Heimvorteil«, knurrte er. Er zwang den Renault auf den Parkplatz, ohne Rücksicht darauf, dass der untere Rand des Chassis über die Bordkante schabte, und fuhr weiter auf die Straße.
Ich blickte über die Schulter. Unsere Verfolger waren nicht zu sehen.
»Gegen einen Fittipaldi wie mich kommen die Iwans nicht an«, prahlte Korhonen.
Im selben Moment krachte, rauschte und schwankte es. Ich bekam gerade noch mit, dass von rechts ein dunkelbrauner BMW heranschoss. Er traf unseren Renault am hinteren Kotflügel, sodass er sich um die eigene Achse drehte und schwankend zum Stehen kam, mit der Schnauze auf dem hohen Rand der Pflasterung. Am Armaturenbrett brannten Signallampen, die Scheibenwischer fuhren hin und her, und der Motor pfiff kläglich. Das Auto glich einem sterbenden Patienten im
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