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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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Investitionsberatungsfirma, die an Kunden nicht sonderlich interessiert schien. Juri hatte von dieser Firma Finanzdateien auf seinem Stick. Möglicherweise hatte Juri dank seiner Russischkenntnisse für AdFin gearbeitet und war auf etwas gestossen. Auf Geldwäscherei. AdFin wollte ihn kaufen, Juri nahm das Geld, aber etwas ging schief, und sie brachten ihn um. So ungefähr stellte ich mir das vor.
    Auf der Tankstelle vis-à-vis herrschte Hochbetrieb, vielleicht hatten sie den Benzinpreis gesenkt. Wie immer kam es zu Problemen, wenn Autos sowohl von links wie von rechts zu den Zapfstellen fuhren und sich gegenseitig blockierten. Mittendrin stand ein dunkler Volvo, so ungeschickt parkiert, dass alle anderen ihn umrunden mussten. Seine Schnauze war auf mein Haus gerichtet, hinter dem Steuer sass seelenruhig ein Mann und schien die Manöver der anderen nicht zu bemerken. Er wurde angehupt und streckte schliesslich den Kopf aus dem Fenster, um etwas zu erwidern. Danach fuhr er weg. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, den Mann am Lenkrad zu kennen. Er glich dem Walliser, der in Leukerbad vor der Pension gestanden hatte.
    Ich hoffte, dass es sich um Verfolgungswahn handelte. Ich trat vom Fenster weg und ging in der Wohnung auf und ab, halb mit Aufräumen beschäftigt, halb mit der Frage, wie weiter. Plötzlich war die Antwort da. Ich musste die Dokumente von AdFin auf Juris Stick verstehen, und hierfür brauchte ich Hilfe. Nun gab es in der Schweiz schliesslich offizielle Stellen, die gegen Geldwäsche ermittelten. Nichts sprach dagegen, sie in Anspruch zu nehmen.
    MROS , die Meldestelle gegen Geldwäscherei, befindet sich bei der Bundespolizei an der Nussbaumstrasse. Ich nahm den Bus. An der Rezeption, an der ich mich ausweisen und meinen Besuchsgrund nennen musste, schrieb ich mich unter meinem Namen ein. Als Organisation gab ich BÜRO SALVIS an, ein besserer Name kam mir spontan nicht in den Sinn. Es war offensichtlich nicht vorgesehen, dass eine Privatperson ohne Funktion hier auftauchte. Ich hoffte, dass ich nicht eine wirklich existierende Firma in Verruf brachte. Als Besuchsgrund schrieb ich «Informationen zu Finanztransaktionen», die Dame an der Rezeption warf nicht einmal einen Blick auf meinen Zettel.
    Ich wurde an eine Lisa Bächler verwiesen, die mich an der Rezeption abholte und in ihr Büro führte. Eine sehr junge Frau, und auf den ersten Blick hatte ich das Gefühl, dass sie den Hosenanzug trug, den ich vor wenigen Tagen gekauft hatte. Meiner baumelte noch immer an der Leine im Büro. Jedenfalls fühlte ich mich schon wieder unwohl in meinen ausgebeulten Jeans. Lisa Bächler ging voran, sie war blond und schlank und hatte vermutlich vor noch nicht allzu langer Zeit die Universität abgeschlossen. Sie wirkte trotzdem sehr selbstsicher.
    «Sie suchen Informationen zu Finanztransaktionen?»
    Mein Besuch war wohl ziemlich unüblich, aber sie liess es sich nicht anmerken. Ich zögerte und reichte ihr schliesslich die CD , auf der ich die Dateien von Juris Stick gespeichert hatte.
    «Es ist Folgendes. Ein Freund von mir hat mir diese Dateien übergeben, die er etwas verdächtig fand. Nun ist es so, dass ich das überhaupt nicht beurteilen kann. Es ist möglich, dass wir uns täuschen, aber ich wäre froh, wenn Sie einen Blick darauf werfen könnten».
    Ohne mit der Wimper zu zucken nahm sie die CD entgegen und ging zu ihrem Computer.
    «So einfach ist das aber nicht zu erkennen. Es gibt vielerlei Tricks, um unlautere Geschäfte zu tarnen. Von welcher Datei sprechen Sie?»
    Sie hatte die CD geöffnet und ich trat neben sie.
    «Alles. Alles, was auf dieser CD gespeichert ist.»
    Sie klickte ein paar Dateien an und studierte sie kurz.
    «Und von wo haben Sie die Daten?»
    «Wie gesagt, ein Freund von mir hat sie mir gegeben. Wie er zu ihnen kam, weiss ich nicht.»
    Sie sah mich einen Moment über den Rand ihrer schwarzen Brille an, aufmerksam und etwas überrascht, aber ohne dass ich einen Vorwurf erkennen konnte.
    «Normalerweise erhalten wir die Hinweise auf verdächtige Transaktionen von Banken. Wie Sie sicher wissen, müssen uns die Finanzdienstleister verdächtige Fälle melden. Büro Salvis», sie hatte einen Zettel vor sich und runzelte die Stirn, «Sie arbeiten nicht bei einer Bank?»
    «Nein.»
    «Handelt es sich um Geschäfte, die von AdFin getätigt wurden?»
    Schneller als ich hatte sie die Verbindung zu der Firma entdeckt.
    «Auch dazu weiss ich nichts Genaueres», gab ich zu.
    «Schaut so aus.

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