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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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Arbeitet Ihr Freund für AdFin? Warum ist er nicht selber gekommen?»
    Ich schwieg.
    «Ist er legal an die Daten gekommen?»
    «Das nehme ich an. Aber ich habe nicht mit ihm darüber gesprochen. Er hat mir auch nicht gesagt, um was es geht. Ich wollte nur, dass eine Fachperson sie sich ansieht. Um zu wissen, ob man etwas unternehmen müsste.»
    Sie klickte noch eine weitere Datei an.
    «Und was denken Sie denn, um was es sich handelt?»
    «Ich weiss nicht, ob es ein Auszug aus ihrer Buchhaltung ist, Überweisungen, so etwas, das ist so meine Vermutung.»
    Ich wollte nicht kleinlaut wirken, aber so langsam ging mir meine Naivität selber auf die Nerven. Gut, dass Lisa Bächler nicht wusste, wie unprofessionell und ahnungslos ich Recherchen betrieb, und das im eigens dafür gemieteten Büro, in dem ich heute Vormittag eine Waffe deponiert hatte.
    «Geldüberweisungen sind das jedenfalls keine. Möglicherweise Versicherungspolicen oder Abrechnungen über irgendwelche Einlagen.»
    Sie machte eine Pause, um etwas zu überlegen. Die Pause dauerte ziemlich lang. Ich stand näher bei ihr, als es mir lieb war, und rückte etwas zur Seite. Schliesslich hob sie ihren Kopf und sah mir gerade in die Augen.
    «Ich muss schon wissen, weshalb Sie sich für diese Dokumente interessieren und woher Sie sie haben. Könnte es sein, dass sich Ihr Kollege in das System von AdFin eingehackt hat? Arbeitet er dort, und wenn, in welcher Funktion? Sonst kann ich Ihnen nicht behilflich sein.»
    Sie hatte mir nicht angeboten, mich zu setzen. Nun zog ich unaufgefordert einen Stuhl heran und setzte mich. Sie blickte mir immer noch in die Augen, ohne Vorwurf, aber sehr direkt.
    «Der Freund, von dem ich die Daten habe, ist tot. Ich habe Zweifel daran, dass er auf natürliche Weise gestorben ist. Er hat mir vor seinem Tod diese Daten überlassen. Ich muss wissen, ob sie etwas mit seinem Tod zu tun haben könnten.»
    Lisa Bächler erschrak.
    «Warum gehen Sie nicht zur Polizei?»
    «Ich hatte keinen so guten Eindruck von den Polizisten, die ermitteln, im Wallis. Deshalb wollte ich selber wissen, ob die Daten wichtig sind, bevor ich sie übergebe.»
    Sie schwieg ziemlich lange und musterte mich, dann sagte sie langsam: «Ich wäre Ihnen wirklich gerne behilflich, aber ich denke, Sie müssen sich an die Polizei wenden oder an einen Anwalt.»
    «Ich hätte einfach gerne zuerst verstanden, um was es sich handelt.»
    Sie nickte, ziemlich verständnisvoll, wie mir schien.
    «Meine eigenen Russischkenntnisse reichen nicht aus, um das zu beurteilen. Aber wir haben hier einen russischsprechenden Mitarbeiter, der vielleicht bereit wäre, einmal einen Blick auf die Dateien zu werfen. Das kann ich aber nicht ohne Rücksprache mit meinem Vorgesetzten veranlassen. Und ich müsste wissen, mit wem ich es zu tun habe. Können Sie sich ausweisen?»
    Ich reichte ihr meine Identitätskarte. Ganz Juristin, die sie war, notierte sie sich meinen Namen und Geburtsdatum. Ich war nicht überrascht, dass Lisa Bächler etwas Russisch konnte, ich traute ihr inzwischen sehr viel zu.
    «Falls die Dateien etwas enthalten, was wir verwenden könnten, müssten wir natürlich wissen, woher sie stammen», fuhr sie fort.
    «Selbstverständlich. Ich werde versuchen, das in Erfahrung zu bringen».
    Sie entfernte die CD aus dem Computer, legte sie zurück in die Hülle und verstaute sie in einer Schreibtischschublade. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu.
    «AdFin ist uns nicht unbekannt, ich höre den Namen nicht zum ersten Mal. Sie sind in Genf registriert, mit einer Niederlassung in Bern.»
    Offensichtlich war sie auf einer Webseite mit Informationen zu AdFin, ich stellte mich neben sie, was sie nicht zu stören schien. Vielleicht war es ein Auszug aus dem Handelsregister, den sie vor sich hatte, ich beugte mich etwas nach vorne. Bei meinen Recherchen im Internet hatte ich diese Seite nicht gefunden, aber Lisa Bächler wusste natürlich, wo suchen. Ein Kurzbeschrieb der Unternehmung, mit Porträts der verantwortlichen Personen. Als CEO wurde ein Grigori Gussew genannt. Ich erkannte ihn sofort wieder, den mächtigen Mann mit der Vollglatze, der vor dem Lift gestanden hatte. Grigori Gussew also hiess dieser Mann. Ich las die Namen der Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder durch und versuchte, mir auch diese zu merken. Bis ich auf den Namen Perren stiess. Lothar Perren sass im Verwaltungsrat von AdFin.
    Lisa Bächler hatte schon ein paar Sätze gesagt,

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