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Russische Orchidee

Russische Orchidee

Titel: Russische Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Ringen in der Nase, roten und blauen Punkten zwischen den Augenbrauen. Aus all dieser internationalen Buntheit hob sich scharf eine Gruppe nordkoreanischer Genossen ab, ein halbes Dutzend kleiner Männer, alle in den gleichen grauen Anzügen. Diszipliniert trippelten sie durch die Wartehalle, wie magere graue Gänseriche durch eine Menge von satten Hähnen und Pfauen.
    Lisa fand ein kleines gemütliches Café, trank eine Tasse Kaffee, aß ein warmes Käsesandwich und schlenderte dann in aller Ruhe durch die Souvenirläden. Für Juri kaufte sie ein Zippo-Feuerzeug, dann suchte sie lange in einem irischen Geschäft nach handgestrickten Pullovern für Mann und Kinder, und als sie endlich welche gefunden hatte, hörte sie neben sich eine einschmeichelnde, bekannte Stimme: »Hier ist aber alles viel teurer.«
    Sie hatte gewußt, Krassawtschenko würde wieder auftauchen, und war sogar fast froh, daß es hier war und nicht in Moskau.
    »Lange nicht gesehen«, sagte sie spöttisch lächelnd und blickte ihm gerade in die kalten Fischaugen.
    »Tatsächlich. Ich hatte schon Sehnsucht nach Ihnen. Aber zum Glück habe ich ja einen Trost. Ich kann Sie mir, wenn ich will, jeden Tag auf Video ansehen.«
    Lisa reagierte nicht auf seine Worte und tat, als sei er Luft. Sie zahlte, nahm ihre Tüte und verließ das Geschäft.
    »Der erotische Film hat viel an Ihnen verloren. Den Busen könnte man noch ein bißchen aufpolstern, aber das sind Nebensächlichkeiten. Das wichtigste sind Temperament und Leidenschaft«, redete Krassawtschenko unbeirrt weiter und versuchte sogar, sie unterzuhaken.
    An der runden Bartheke in der Mitte der Halle bemerkte Lisa zwei deutsche Polizisten. Sie saßen auf den hohen Barhockern und tranken Cola.
    »Lassen Sie uns etwas trinken und dabei reden«, schlug sie plötzlich mit einem liebenswürdigen Lächeln vor. »Kommen Sie, ich lade Sie ein.« Und ohne sich noch einmal umzudrehen, steuerte sie entschlossen die offene runde Bar an.
    Die Polizisten waren inzwischen von ihren Hockern gestiegen, standen noch einen Moment zusammen und gingen dann in verschiedene Richtungen auseinander. Der eine, ein älterer Mann mit Bauch, kam direkt auf Lisa zu. Als er sich ihr bis auf einen Meter genähert hatte, öffnete sie bereits den Mund, um zu sagen: »Entschuldigen Sie, Herr Polizist, dieser Mann verfolgt und belästigt mich«, spürte aber im selben Moment instinktiv, daß Krassawtschenko gar nicht mehr hinter ihr war.
    »Haben Sie eine Frage, gnädige Frau?« erkundigte sich der Polizist freundlich.
    »Nein … Entschuldigen Sie …« Sie begriff, daß sie mit offenem Mund mitten in der Halle stand und dem Polizisten den Weg versperrte. Schnell trat sie beiseite und ging in die Wartehalle, suchte sich einen freien Sessel, setzte sich, streckte die Beine aus und schloß die Augen.
    Bis zum Weiterflug blieben noch zwei Stunden. Lisa merkte nicht, wie sie in dem bequemen Sessel einnickte, und erwachte erst, als jemand sie an der Schulter berührte.
    »Lisa, es ist Zeit. Sie kommen zu spät zum Flugzeug. Der Flug wird schon zum zweiten Mal ausgerufen.«
    Ob ich ihn nicht einfach umbringen soll? dachte sie, ohne die Augen zu öffnen.
    »Dumm war das. Ehrenwort, richtig dumm«, sagte Krassawtschenko und setzte sich neben sie. »Was hätten Sie damit wohl erreicht?«
    Sie öffnete die Augen und sprang auf. Die Tüte mit den Pullovern fiel ihr vom Schoß. Krassawtschenko hob sie auf und reichte sie ihr.
    »Wollten Sie sich etwa beschweren, ich hätte Sie sexuell belästigt? Ich gebe zu, hier wie auch in Amerika nimmt man solche Sachen bedeutend ernster als in unserer barbarischen Heimat. Aber der dicke Deutsche hätte auch nicht mehr getan, als Ihnen ein paar mitfühlende Worte zu sagen. Kommen Sie, wir gehen zusammen zum Flugzeug. Unterwegs können wir uns ein wenig unterhalten.«
    »Verschwinden Sie, Krassawtschenko«, sagte Lisa mit finsterer Miene, »ich kann Sie nicht ertragen.«
    »Es wäre viel unangenehmer, wenn ich Ihnen das Wiedersehen mit Ihrem Mann in Moskau verderben würde. Da werden Sie ja auch ohne mich in einer kitzligen Situation sein.« Er zwinkerte ihr vergnügt zu. »Ich habe immer schon gesagt, treue Frauen gibt es nicht. Eine Frau ist wie eine literarische Übersetzung. Ist sie schön, dann ist sie nicht treu, und ist sie häßlich, interessiert sich niemand für ihre Treue. Was starren Sie mich denn so an? Begreifen Sie immer noch nicht, daß es besser für Sie ist, wenn Sie sich meine Bedingungen

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