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Russische Orchidee

Russische Orchidee

Titel: Russische Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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ohne diese Geschäftstüchtigkeit, du hast Bücher gelesen, musiziert, dich mit Ballett und Eiskunstlauf beschäftigt. Und wozu das alles? Um das Studium hinzuwerfen und Hausfrau zu werden, Ehefrau eines ›neuen Russen‹?«
    Natascha fehlte die Kraft, um zu widersprechen, es war immer die gleiche alte, widerliche Leier, kaum kam die Rede darauf, spürte sie einen Geschmack wie von ranzigem Haferbrei im Mund. Kira Georgijewna mochte ihren Schwiegersohn nicht und hatte sich auch nie bemüht, das zu verbergen. Durch die Ereignisse fühlte sie sich in ihrer Meinung bestätigt: Sanja war eine zwielichtige Person, ein Mensch ohne Rückgrat, ohne Prinzipien und Moral.
    Statt in seinem erlernten Beruf als Bauingenieur zu arbeiten, beschäftigte er sich mit irgendwelchen zweifelhaften Geschäften, handelte mit allem möglichen Plunder, mit Schlankheitspillen, Haarwuchsmitteln, Elixieren zur Stärkung der Potenz, Vitaminpräparaten gegen das Altwerden. Kira Georgijewna selber hatte fünfundzwanzig Jahre gewissenhaft als Hygienebeauftragte bei der Sanitär- und Seuchenstation des Stadtbezirks gearbeitet. Als Natascha dreiJahre alt war, hatte sie sich von ihrem Mann scheiden lassen. Seitdem verachtete sie die Männer im allgemeinen und im besonderen.
    Natatscha bemühte sich schon ein paar Minuten lang, Dimytsch das Mützchen abzunehmen. Sie war ohne Handschuhe aus dem Haus gegangen, ihre Hände waren steif vor Kälte und wollten nicht warm werden. Ihre geschwollenen Finger bekamen den Knoten nicht auf. Dimytsch wimmerte leise, er wollte schlafen und mochte es gar nicht, daß man ihn so langsam und ungeschickt auszog und an ihm herumzerrte, außerdem erschreckte ihn die ärgerliche Stimme der Oma.
    »Laß mich das machen, du verhedderst ja alles!« Kira Georgijewna schob Natascha zur Seite und hockte sich vor Dimytsch hin. »Was hast du denn da zusammengedreht? Konntest du das nicht normal zubinden? Hast du heute überhaupt schon gefrühstückt?«
    »Ich will nichts essen.«
    »Du willst wohl vor Hunger in Ohnmacht fallen? Du brauchst mich gar nicht so anzugucken. Geh in die Küche, im Kühlschrank ist Käse, mach dir ein Butterbrot. Immer nur Geld, Geld … Krank seid ihr alle, Ehrenwort. Du solltest an andere Dinge denken. Du mußt schließlich Konsequenzen ziehen, du hast ein Kind, das heranwächst.«
    »Was für Konsequenzen, Mama?« schrie Natascha aus der Küche und schlug laut die Kühlschranktür zu.
    »Sehr ernste und endgültige, Natascha. Mit wem lebst du? Wie lebst du? Schau dir an, in welcher Gesellschaft sich dein Mann bewegt. Allein schon dieser Wowa Muchin! Dem steht doch auf der Stirn geschrieben, daß er ein Gangster ist. Übrigens, vorgestern, als du zum Arzt gegangen bist, war er kurz bei euch.«
    »Wer?« rief Natascha aus der Küche und ließ das Messer fallen.
    »Wowa Muchin.«
    »Mama, wieso sagst du das erst jetzt?«
    »Ich hab’s vergessen, entschuldige. Ist das denn so wichtig?«
    Natascha kam mit einem Butterbrot in der Hand ins Zimmer gestürzt.
    »Warum war er bei uns?«
    »Woher soll ich das wissen? Mir hat er das nicht verraten.«
    »Wart mal, Mama, das mußt du mir der Reihe nach erzählen. Er hat geklingelt, du hast aufgemacht …«
    »Nein, ich habe ihn unten an der Haustür getroffen. Ich kam gerade mit Dimytsch vom Spaziergang zurück, er hätte uns mit der Tür fast umgestoßen. Ich sehe ihn mir an und denke, die Visage kennst du doch. Ich habe gegrüßt, er hat nicht reagiert.«
    »Bist du sicher, daß es Wowa Muchin war? Du hast ihn doch vorher höchstens zweimal gesehen, und das ist auch schon lange her.«
    »Gott sei Dank bin ich noch nicht senil, und mein Gedächtnis funktioniert nach wie vor ausgezeichnet.«
    »Und als du in wieder in der Wohnung warst, war dort irgendwas verändert?«
    »Lieber Himmel«, Kira Georgijewna seufzte, »was sollte sich dort verändert haben? Es war ja niemand zu Hause.«
    »Trotzdem, versuch dich zu erinnern. Es ist sehr wichtig.«
    »Natascha, dir zittern ja die Lippen, schau dich nur mal im Spiegel an, wie du aussiehst. So weit hat dein wunderbarer Sanja dich schon gebracht! Das ist viel wichtiger, und darüber solltest du jetzt nachdenken.«
    »Was nörgelst du dauernd an mir rum? Mir ist auch so schon übel. Begreif doch endlich, Sanja hat niemanden ermordet, jemand will ihm das anhängen, deshalb ist jetzt jede Kleinigkeit wichtig. Statt herumzunörgeln, solltest du lieberversuchen, dich an alles zu erinnern, was mit Muchin zusammenhängt.«
    »Ja,

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