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Russische Orchidee

Russische Orchidee

Titel: Russische Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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1968 hatte er dort gekündigt und sofort darauf im Juweliergeschäft »Bernstein« angefangen, wo er bis 1985 als Meister für künstlerische Gravuren gewesen war. Dann hatte er plötzlich den Beruf gewechselt und sich eine Stelle als Maschinenschlosser in der Schuhfabrik »Sturmvogel« gesucht. Dieser Eintrag war der vorletzte in seinem Arbeitsbuch,danach folgte nur noch der Vermerk über die Pensionierung aus Altersgründen.
    »Hat Ihr Mann sich so für das Juwelierhandwerk interessiert, daß er diese Arbeit im Geschäft ›Bernstein‹ angenommen hat?«
    »Er hat nie etwas mit dem Juwelierhandwerk zu tun gehabt«, gab Jelena Petrowna langsam, fast Silbe für Silbe, zurück.
    »Aber Anissimow war doch bei Ihnen, um Ihrem Mann einen antiken Smaragdring zu zeigen.«
    »Hat Ihnen Anissimow das erzählt? Und Sie wiederholen die Worte des Mörders hier, in diesem Haus? Sie wiederholen sie vor mir, der Mutter des Ermordeten?« Die Butejko sprach plötzlich in theatralisch-tragischem Flüsterton. »Hiermit erkläre ich ganz offiziell, daß das eine Lüge ist. Eine schmutzige, freche Lüge, vom ersten bis zum letzten Wort. Er lügt Ihnen das Blaue vom Himmel herunter, dieser Anissimow. Er ist gekommen, um meinem Sohn zu drohen. Einen Ring habe ich nirgends gesehen, aber seine Drohungen konnte ich ausgezeichnet hören. Wir haben eine kleine Wohnung, die Zimmer liegen hintereinander, und die Wände sind dünn. Schauen Sie sich doch um. Leben so etwa Leute, die mit Gold und Edelsteinen zu tun haben? Sie als Untersuchungsführer müßten das schließlich beurteilen können.«
    »Ja, natürlich«, stimmte ihr Borodin sofort zu, »Juweliere sind in der Regel wohlhabende Leute. Jelena Petrowna, wußten Sie, daß Ihr Sohn sich nicht nur bei Anissimow große Summen Geld geliehen hat?«
    »Ich habe mich nicht in Artjoms Angelegenheiten eingemischt. Er ist ein erwachsener Mensch«, erwiderte sie leise und rasch, offenbar etwas ruhiger geworden.
    »Aber über seine Schulden bei Anissimow haben Sie doch Bescheid gewußt.«
    »Das habe ich zufällig gehört. Das heißt, ich habe gehört, wie Artjom eine heftige Auseinandersetzung mit jemandem am Telefon hatte. Ich habe gemerkt, daß er ganz aufgeregt war, und ihn anschließend gefragt, was los sei. Da hat er es mir erzählt.«
    »Was genau hat er Ihnen erzählt?«
    »Er hat sich beklagt, daß Anissimow ihn bedrohe und erpresse.«
    »Erpresse? Womit denn?«
    »Du lieber Himmel, was spielt das für eine Rolle?«
    »Jelena Petrowna, wissen Sie eigentlich, was Erpressung ist?« erkundigte sich Borodin vorsichtig und versuchte ihren unsteten, erschrockenen Blick zu erhaschen. »Das ist die Drohung, kompromittierende, verunglimpfende Informationen zu enthüllen und publik zu machen mit dem Ziel, dabei Geld herauszuschlagen. Welche Informationen, die Ihren Sohn kompromittiert hätten, konnte Anissimow wohl haben?«
    »Keine!«
    »Womit konnte er Artjom dann erpressen?«
    »Sie sind ein Wortklauber! Und überhaupt, ich bin müde.«
    »Verzeihen Sie, ich werde Sie nicht mehr lange in Anspruch nehmen. Worin bestanden die Drohungen?«
    »Er hat gesagt, er werde Artjom umbringen. Und das hat er ja auch getan!«
    »Einfach so, er werde ihn umbringen?« fragte Borodin.
    »Nein, nicht einfach so. Wegen des Geldes.«
    »Artjom hat Ihnen also von den dreitausend Dollar Schulden erzählt?«
    Ihre Augen irrten unruhig umher, sie wurde erneut puterrot und platzte dann plötzlich heraus, als hätte sie einen unerwarteteten Entschluß gefaßt: »Es gab überhaupt keine Schulden!«
    »Sehr interessant.« Borodin nickte und bemühte sich, die Ruhe zu bewahren. »Ist das eine offizielle Aussage?«
    »Ja, das erkläre ich ganz offiziell. Artjom hatte überhaupt keine Schulden bei Anissimow. Keine Kopeke. Mein Sohn hat sich nicht erpressen lassen, und deshalb hat Anissimow ihn umgebracht. Mehr habe ich nicht zu sagen. Mir ist schlecht. Ich verlange, daß Sie gehen.«
    »Wenn Ihnen schlecht ist, kann ich Ihnen einen Arzt rufen.«
    »Nein. Geben Sie den Wisch her, den ich unterschreiben muß, und dann lassen Sie mich bitte in Ruhe.«
    »Hier, lesen Sie es noch einmal durch und unterschreiben Sie.« Borodin reichte ihr das Protokoll. Sie sah es flüchtig durch, und erst bei der letzten Seite zögerte ihre Hand.
    Tja, Madame, mündlich zu lügen ist leichter, als die Unterschrift unter ein offizielles Dokument mit den eigenen Lügen zu setzen, dachte Borodin spöttisch.
    Jelena Butejko schwankte nur einen Augenblick,

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