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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Dietrich
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Nebenzimmer schlief. Sie fragte den Knaben, ob er nicht ihre Schuhe zu ihr auf's Bette gelegt habe. Der Knabe sagte, er habe es nicht gethan, und sie wunderte sich sehr darüber.
    Abends nahm Prinz Malandrach seine Flügel, ging wieder an den steinernen Pallast, band sich die Flügel an, flog wieder durch das Fenster und betrachtete abermals mit Lust die Schönheit der Zarewna Salikalla. Vor Anbruch des Morgens, als er nach Hause gehen mußte, nahm er wieder die Schuhe und legte sie zu ihr auf das Kopfbret des Bettes, küßte die Prinzeß, flog aus dem Fenster, ging nach Hause und legte sich schlafen.
    Als die schöne Salikalla am Morgen erwachte und die Schuhe wieder auf dem Kopfbrete ihres Bettes erblickte, fragte sie abermals den Knaben, ob er sie dorthin gelegt habe. Doch der Knabe antwortete ihr, er habe es nicht gethan. Darüber wunderte sie sich noch mehr, als das erste Mal, gelobte die künftige Nacht nicht zu schlafen und aufzupassen, wer die Schuhe zu ihr auf die Bettstelle legte.
    Der Zarewitsch Malandrach erwartete wieder den Abend, nahm seine Flügel unter die Arme und ging zu dem steinernen Pallast. Als er vermuthete, daß die Zarewna schlafe, band er die Flügel fest und flog durch das Fenster. Kaum war er an das Bette gegangen, und wollte die Zarewna berühren und küssen, da ergriff ihn plözlich die Zarewna, hielt ihn fest mit beiden Händen und fragte ihn: »Wer bist du? und warum bist du hierher gekommen?« Prinz Malandrach wußte vor Bestürzung nicht, was er darauf antworten sollte; doch fing er an, die Zarewna um Verzeihung zu bitten, wegen des Vergehens, das er an ihr begangen; doch sie ließ ihn nicht aus den Händen, und gebot ihm unter Drohungen, ihr zu sagen, wer er sei, und wie er zu ihr in's Zimmer gekommen. Da erzählte er ihr von sich Alles der Wahrheit getreu, von welchem Geschlechte er sei, welches Vaters Sohn, wie er heiße, wie er in dieses Reich gerathen, und wie er zu ihr gekommen. Da küßte ihn die schöne Zarewna Salikalla auf den Zuckermund und sprach: »Mein geliebtester Freund und schöner Ritter Zarewitsch Malandrach, zürne nicht auf mich, daß ich mit dir so unhöflich verfahren bin.« –
    »O meine allergeliebteste und schönste Zarewna Salikalla, ich bitte dich von ganzem Herzen, melde mir die reine Wahrheit: warum bist du in diesen Pallast von deinen Aeltern eingeschlossen, so ganz allein ohne irgend ein anderes Geschöpf?« –
    »Mein geliebtester und theuerster Prinz Malandrach, siehe, warum man mich hier eingesperrt hat: sobald meine Mutter mich geboren hatte, rief mein Vater weise Männer zu sich und fragte sie, wie lange ich leben würde, und als die Weisen ihm darauf sagten, ich würde bis in's funfzehnte Jahr ehrsam und glücklich leben, aber nach meinem funfzehnten Jahre meinem Vater und meiner Mutter Unglück zufügen, nämlich als ob ich dann schwanger würde; so befahlen Vater und Mutter, solche Worte von den Weisen hörend, dieses Haus zu erbauen, und in meinem zehnten Lebensjahre setzten sie mich hierher auf zehn Jahre, und jetzt sitze ich schon im sechsten Jahre hier. Und meine Mutter besucht mich monatlich ein Mal, und mein Vater in drei Monaten ein Mal. Zu meiner Bedienung ist ein Knabe bei mir, welcher im andern Zimmer schläft. Meine Mutter besuchte mich vor drei Tagen, und wird erst in acht und zwanzig Tagen wieder kommen. So könnt Ihr, geliebtester Prinz, diese Zeit über bei mir bleiben gegen die Langeweile, und Ihr erweist mir eine große Gnade, wenn Ihr es nicht verschmähet, bei mir zu verweilen.«
    Prinz Malandrach willigte mit großer Freude in ihre Bitte und blieb bei ihr. Da sprachen sie über verschiedene Gegenstände, und dann fingen sie an, von der Liebe zu sprechen, die sie zu einander hatten, und sie liebkosten sich, und schwuren sich einen Eid, daß der Zarewitsch Malandrach nur die schöne Zarewna Salikalla heirathen, und daß sie ebenso nur ihn zum Manne nehmen wolle. Und als der Morgen gekommen, und der Knabe der Prinzeß schon aufgestanden war, ging die Zarewna Salikalla zu dem Knaben und sagte zu ihm, er solle in den Garten gehen und dort den ganzen Tag spielen. Der Knabe freute sich in seinem kindischen Sinne darüber, und ging in den Garten spielen. Die schöne Zarewna Salikalla that dies, damit der Knabe den Zarewitsch Malandrach nicht sehen und ihrem Vater und ihrer Mutter von ihm sagen möchte. Auf diese Weise lebte der Zarewitsch Malandrach bei der schönen Salikalla acht und zwanzig Tage, und vergnügte sich mit ihr

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