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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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nassen, würgenden Schrei aus. Während sie ihn runter auf den Bettvorleger neben Peter zwingt, hält sie den Spatengriff fest umklammert wie den Gashebel eines Motorrads und arbeitet sich korkenziehergleich an seinem Adamsapfel vorbei. So zu sterben dauert lange.
    Als Strahow endlich tot ist, wischt sie sich mit seinem Hemdzipfel das Blut von den Händen. »Du bist so ein Trottel, Alexei«, sagt sie ohne aufzublicken. »Ich wusste, dass du meine Hilfe brauchen würdest.«
     
    »Du sahst krank aus, als du aus dem Bahnhof kamst«, sagt Valja später, als ich mich einigermaßen erholt habe.
    Ich sitze auf dem Feldbett und massiere meine Knöchel. Valja hat mich von meinen Fesseln befreit - dieselben Plastikhandschellen wie die in Prag. Die silbernen Füllungen in meinen Backenzähnen strahlen einen bohrenden Schmerz aus und verströmen einen metallischen Geschmack.
    »Ich wollte bei dir sein«, fährt sie fort, »aber ich wusste, dass es nicht der richtige Augenblick war, um zu reden, also bin ich dir gefolgt. Da sah ich auf einmal den Typen mit dem großen Kopf. Du hättest ihn auch gesehen, aber du warst zu sehr mit deinem Selbstmitleid beschäftigt.«
    Ich bin immer noch ganz kribbelig von den Stromstößen.
    »Deine Nase sieht aus wie eine riesige Erdbeere«, sagt sie.
    »Danke, Valja.«
    Sie sieht weg, um ihre feuchten Augen zu verbergen.
    Ich reibe meine wunden Handgelenke. Strahows Bein zuckt. Eine Fliege - die erste von vielen, dessen bin ich sicher - landet auf der Spatenkante und bahnt sich genussvoll ihren Weg in seinen aufgerissenen Mund.
    »Was können wir tun, Alexei? Wegen uns?«
    Sie hat sich neben mir auf die Bettkante gesetzt und gräbt ihren zerkauten Fingernagel in Kuwaldins dünne Matratze. Die durchscheinende Haut an ihrem Nacken zittert.
    Sie hat ein besseres Leben verdient. Sie ist klug und schön und von unermesslicher Charaktertiefe, und deswegen wertvoller als der seltenste Diamant und ein noch so vollendetes Gemälde. Sie ist eine Sinfonie von Granit und Grazie. Ich bin Russe. Fatalistisch. Gebrochen. In meinen Adern fließt eiskalter Wodka. Das Beste, was ich ihr geben kann, ist, sie von Leuten wie mir fernzuhalten. Und dazu werde ich sie mit anderen Mitteln zwingen müssen, als ich es im Nachtzug getan habe.
    »Erinnerst du dich an Leonid? Den HIV-Soldaten?«
    Sie sieht mich an und nickt.
    »Seine Frau, Lilia, sie liebt ihn. Ich glaube, sie würde alles für ihn tun. Unter anderem verkauft sie ihren Körper. Ich glaube nicht, dass sie das gern macht, aber das Geld, das mag sie gern. Ein Teil davon geht für die Medikamente gegen den Virus drauf. Ein anderer für Manolo-Blahnik-Schuhe und Gucci-Handtaschen.«
    Ihre Stirn legt sich in Falten. Ein frischer Schmerzschub zieht über meine Nase hoch in die Augäpfel. Ihre verhärteten Gesichtszüge machen deutlich, dass sie weiß, worauf ich hinaus will.
    »Leonid ist diesen Kompromiss eingegangen, weil er seiner Meinung nach keine Wahl hat. Er hat seine Beziehung zu Lilia aufgegeben, um am Leben zu bleiben. Trotz allem hat sie ihre Beziehung zu ihm gehalten, und es bringt sie genauso um wie ihn der Virus - ihre Seele zumindest, und ihren Selbstrespekt.«
    »Sag es, Alexei.«
    Jeder einzelne Körperteil in mir schmerzt, aber das Schlimmste ist mein Herz. Es fühlt sich an, als würde es in eine Million Teile zerspringen. Ich mache trotzdem weiter, denn wenn ich es nicht tue, kann ich nicht mehr mit mir selbst leben. »Als du mit Posnowa zusammen warst, hast du mich betrogen. Auch wenn du es mir gesagt hast. Auch wenn es mit keinem anderen Mann war. Und dass du sie hast gehen lassen, hat das Ganze noch verschlimmert. Das hat unsere Beziehung auf eine Art zerstört, dass ich nicht darüber hinwegkommen werde. Eifersucht macht einen Mann kaputt, Valja.«
    »Es ist aus mit ihr.«
    Ihre weiten Augen quellen über vor Tränen. Sie brennen wie Säure in meiner Seele, denn ich weiß, dass sie da sind, weil sie glaubt, dass ich ihr die Wahrheit darüber sage, warum es zwischen uns vorbei ist. Ich will sie in meine Arme nehmen und sie festhalten, spüren, wie ihr Herz schlägt, ihre seifigen Lippen schmecken, ihr flachsblondes Haar mein Gesicht kitzeln lassen, während ich ihr sage, dass ich ihr die Affäre mit Posnowa verzeihe. Aber der Preis, der Preis ihrer Zukunft, ist zu hoch.
    »Ich kann es nicht vergessen«, sage ich und wünschte, Strahow hätte mich mit seinem Elektroschocker getötet.
    Ihr Mund arbeitet. Sie schluckt schwer und schüttelt den

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