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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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habe schon einen Käufer im Kopf.«
    »Wenn wir Maxim übergehen, wird er uns wie Kakerlaken zerstampfen.« Ich versuche nicht, ihn von irgendetwas zu überzeugen. Ich will nur, dass er weiterredet, damit ich ein wenn auch etwas verspätetes Gefühl dafür bekomme, wie sein Hirn funktioniert. Bisher weiß ich nur, dass er ein anderer Schlag ist, als ich dachte.
    »Du machst das schon«, sagt er, im Irrglauben eines Menschen, der nie mit Maxim zu tun hatte.
    »Das ist ein Fehler.«
    »Wie hast du noch vorhin gesagt? So etwas passiert.«
    Als wir oben angekommen sind, legt Lipman Kamil in das ausgehobene Grab, schleift die Kisten über die frische Erde und klopft sich den feuchten Schmutz von den Händen. »Bereit?« fragt er grinsend.
     
    Wir stapfen durch die Katakomben zurück zu der Stelle, wo die Newa an den alten Anleger plätschert, und sammeln unser Equipment ein. Ein dritter Anzug hängt in der Nische - ein weiteres Zeichen dafür, dass Lipman das alles schon weit im Voraus geplant hat. Während wir uns auf dem Weg hierher im Dunkeln an den Wänden entlang getastet haben, hat er mir bestätigt, dass der Vorfall auf der Newa als Schießerei mit Drogenkurieren eingestuft wurde. Jemand muss der Polizei einen Tipp gegeben haben - die Tatsache, dass zwei Boote dort waren, lässt keine andere Schlussfolgerung zu -, aber ansonsten bin ich kein Stück weiter als zu dem Zeitpunkt, an dem ich Kamil die heiße Mündung seiner Uzi an den Hals gehalten habe.
    Auf perverse Weise ist mir Kamil lieber als Lipman. Kamil war direkt, berechenbar wie ein Skorpion, von dem man weiß, dass er irgendwann zustechen wird. Der Restaurator ist anders, wie Raketenbrennstoff in Menschenhaut, der auf einen Funken wartet. Aber wenn ich ihn jetzt töte, würde man nach ihm suchen und eine Überprüfung der Eremitage in die Wege leiten, was wir uns nicht leisten können. Außerdem sagen mir meine ausgefahrenen Antennen, dass sein Plan noch weitere Überraschungen bereithält, und dass mein Engel diesmal meinen Schutz braucht.
    Wir zwängen uns in die Neoprenanzüge. Lipman schnappt sich Kamils Sauerstoffflasche, wickelt seine Flossen und Brille in den dritten Anzug und taucht unter, um das Paket irgendwo unter Wasser zu verstecken. Kaum ist er aufgetaucht, lasse ich mich rückwärts ins Wasser gleiten, halte das Bild hoch und tauche langsam bis zum Hals und mit erhobenen Armen unter. Lipman sieht mir mit großen Augen zu und stöhnt jedes Mal auf, wenn ich das Bild einen weiteren Zentimeter ins Wasser lasse. Als es komplett untergetaucht ist, ziehe ich die Brille runter und mache einen Nerven zermürbenden Blasencheck. Ich sehe keine.
    Lipman lächelt hinter seinem Mundstück und taucht dann auch unter. Wir arbeiten uns durch die unteren Passagen. Nachdem wir über den Röhrenschacht zu den oberen Tunneln gelangt sind, warte ich, bis er den eisernen Schachtdeckel wieder eingesetzt hat. Dann geht es weiter in Richtung Fallgitter.
    Jetzt vermisse ich Kamil wirklich, er sollte das herausgeschnittene Gitterstück wieder anschweißen, sodass unser Eindringen erst nach einer sorgfältigen Unterwasserinspektion bemerkt worden wäre. Ich weiß, dass Lipman das nicht hinbekommt, also muss ich es selber tun, aber ich will ihm das Gemälde nicht geben. Meine Sorge ist albern - er war mehrere Monate lang Ledas alleiniger Besitzer - trotzdem dreht sich mir bei der Übergabe der Magen um. Er steigt auf und klettert in das Boot, während ich das Teil notdürftig an seinem Platz befestige. Als es einigermaßen sicher sitzt, tauche ich an die Oberfläche und schaue in das wartende Boot.
    Valja lächelt voller Liebe, aber ich weiß, dass irgendetwas nicht stimmt, ich erkenne es an der Traurigkeit in ihren rauchgrauen Augen - ihren Augen. Keine Kontaktlinsen, hinter denen sich die echte Frau verbirgt. Arkadij sitzt hinter ihr mit einem triumphierenden Lächeln und einer Pumpgun, mit der er über die weiche Haut ihres Oberarms streicht. Valjas Wange ist blau, ihre Handgelenke sind unter den zu engen Fesseln geschwollen.
    Insgeheim schwöre ich mir, ihn an seinem Judasbaum aufzuhängen. Verglichen mit Arkadij ist Lipmans Verrat fast noch verzeihlich.
    Die eingepackte Leda liegt im Heck. Eine 9 mm Pistole liegt auf dem Holzsitz neben Lipman, der sich aus seinem Neoprenanzug schält. Weder sie noch die Flinte sind gesichert. Wasser tropft von seinen blasierten Lippen.
    »Wir haben sie am Leben gelassen, damit du mit uns zusammenarbeitest«, beginnt er.
    Meine

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