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Russisches Requiem

Russisches Requiem

Titel: Russisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Ryan
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schließen, dass ihm die Zone nicht fremd war.
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung, Genosse Babel, aber ich hatte gehofft, dass Sie mich erwarten. Stabsoberst Gregorin hat mich gebeten vorbeizuschauen.«
    »Gregorin, ach ja«, meinte Babel.
    »Er dachte, dass Sie mir vielleicht bei einem Fall helfen können, an dem ich arbeite. Es geht um Mord.«
    »Mord?« Babels Augenbrauen zuckten. »Hast du das gehört, Schura? Ich weiß genau, dass du zuhörst. Schura liebt Morde - je grausiger, desto besser. Und meine schöne Tonja hat auch nichts gegen einen ordentlichen Totschlag einzuwenden.« Besitzergreifend legte Babel seiner Frau die Hand aufs Knie, und die hübsche Brünette schüttelte mit sanftem Tadel den Kopf.
    »Haben Sie schon gegessen?«, setzte Babel hinzu.
    »Ich bringe ihm doch sowieso schon Käseklöße.« Schura eilte mit einem Teller und einem leeren Glas aus der Küche heran.
    »Ich hab Ihnen ja gesagt, dass sie zuhört«, flüsterte Babel und bekam dafür von Schura einen Klaps auf den Arm. »Sei nicht so, Schura. Setz dich hin, und dann erfahren wir, was für eine Geschichte unser neuer Gast zu erzählen hat.« Babel schenkte Koroljow ein und ließ sich erneut im Schneidersitz nieder.
    »Leider kann ich über diesen Fall nicht offen reden.« Koroljow war verlegen.
    »Keine Sorge, Genosse, das war nur ein Scherz. Trinken und essen Sie, und wenn Sie sich gestärkt fühlen, können wir miteinander reden. Awram hat gerade von Armenien erzählt.«
    Koroljow griff dankbar nach dem Glas Rotwein und genoss den warmen Geschmack. Allmählich entspannte er sich ein wenig, als der zarte Mann zu sprechen begann. Koroljow fiel Walentina Nikolajewnas scharfes Profil auf, aber vor allem, wie sie Medwedjew zuhörte. Ihr Ausdruck war wohlwollend, fast mütterlich, als wollte sie ihn gegen die schweren Zeiten abschirmen, in denen sie lebten. Seine Frau Lena betrachtete ihn mit der gleichen beschützenden Zuneigung, doch als sie Koroljows Blick bemerkte, wurde ihre Miene verschlossen und vorsichtig.
    Nachdem Medwedjew seine Schilderungen über die ausgedörrten Berge Armeniens beendet hatte, wandte sich die Unterhaltung von Paris, wo Babel einen Teil des Sommers verbracht hatte, dem Bau der Metro zu, wo Tonja als Ingenieurin arbeitete. Ohne genau zu wissen, wie es dazu gekommen war, fing Koroljow an, die Geschichte des Vergewaltigers Woroschilow zu erzählen - die Kette von Anhaltspunkten, die Erleichterung im Gesicht des jungen Mannes bei der Verhaftung. Schura, die in der Küchentür lehnte, wahrte zwar eine ausdruckslose Miene, aber ihm entging nicht, dass sie ihn anstarrte. Ihr Blick richtete sich nicht auf seine Augen, sondern auf seinen Mund, als wollte sie kein Wort verpassen. Doch es war Babel, der fragte, welche Kleider der Vergewaltiger getragen hatte, woher er wohl seine vornehmen Stiefel hatte, welche Vorlesungen auf der Liste standen, die ihm zum Verhängnis wurde, und so weiter.
    »Was ist mit dem Schweinehund passiert?«, fragte Schura zuletzt.
    »Ich denke, er bekommt acht oder zehn Jahre, das hängt vom Gericht ab. Aber das spielt sowieso keine Rolle.«
    »Weshalb?«, fragte Medwedjew, obwohl er die Antwort bestimmt kannte. Kein Zweifel, er hatte die Lagerblässe eines Sek.
    Babel hüstelte und griff nach der Weinflasche. »Kommt, Freunde, trinken wir die Flasche leer, dann machen wir noch eine auf.«
    »Wollen Sie uns nicht verraten, warum es keine Rolle spielt, Hauptmann Koroljow?« Ein anklagender Ton lag in der Stimme von Medwedjews Frau. Vielleicht wusste sie es nicht, im Gegensatz zu ihrem Mann.
    Er sah Babel an, der achselzuckend Wein einschenkte und nur Augen für die rote Flüssigkeit zu haben schien. Koroljow seufzte. Nun, wenn sie es unbedingt hören wollten, warum nicht? Schließlich waren keine Kinder anwesend. »Im Gefängnis, ja sogar in einer Polizeizelle gibt es eine Hierarchie. Ganz oben sitzt der ranghöchste Bandit, die >Autorität<, dann folgen seine Stellvertreter und so weiter bis hinunter zum letzten Banditenlehrling. Als Nächstes kommen die anderen Gefangenen, auch die Politischen, und ganz unten sind die Unberührbaren. Kein Bandit oder irgendein anderer Sträfling fasst sie an, außer um ihnen Gewalt anzutun, manchmal auch sexuelle Gewalt. Sie schlafen unter den Pritschen, damit sie kein Bett verunreinigen. Sie haben ihr eigenes Besteck, denn die Gabel eines Unberührbaren würde jeden beflecken, der sie nach ihm benutzt, und auch ihn zu einem Unberührbaren machen. Sie

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